Internationale Politik 62 (2007), 11

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Internationale Politik 62 (2007), 11
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Asien

Erschienen
Frankfurt am Main 2007: Societäts Verlag
Erscheint 
Erscheinungsweise: deutsch (monatlich), russisch (monatlich), englisch (vierteljährlich)
ISBN
4196721506656
Anzahl Seiten
144 S.
Preis
9,95 €

 

Kontakt

Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
Redaktion INTERNATIONALE POLITIK

Wie Asien zusammen wächst.
Eine ganze Seite widmete die kambodschanische Tageszeitung Cambodge Soir kürzlich einem armen chinesischen Bauern: Xu Pucheng. Jedes Jahr, wenn der Winter kommt und die Feldarbeit auf seinem winzigen Acker getan ist, packt der 59-Jährige aus der Provinz Hubei seinen Rucksack mit 30 000 Luftballons und wandert 1500 Kilometer gen Süden, nach Kambodscha. In Phnom Penh schläft er auf einem gemieteten Feldbett im Park, lebt billig und verkauft seine Ballons. Im letzten Monat hat er so 175 Dollar verdient, wie er dem Reporter stolz erzählte. Wenn sein Rucksack leer ist, läuft Xu Pucheng wieder die ganzen 1500 Kilometer zurück nach Hubei in sein Dorf. Mit seiner Hartnäckigkeit, seiner Bescheidenheit und seinem unternehmerischen Mut gibt Xu Pucheng ein gutes Symbol für die ungeheure Dynamik des asiatischen Aufstiegs ab. Es sind 3,5 Milliarden Menschen – viele davon arm wie er – oder 55 Prozent der Weltbevölkerung, die sich in Asien auf den Weg gemacht haben zu einem besseren Leben. Asien wächst, und es wächst zusammen. Was angesichts der riesigen Distanzen, der enormen Entwicklungsunterschiede, der kulturellen Differenzen und der noch immer belastenden, konfliktreichen Vergangenheit des Kontinents ganz unwahrscheinlich anmutet, hat dennoch begonnen: eine funktionale Integration der langsamen, kleinen Schritte, deren Kristallisationskern die südostasiatische Zehn-Länder-Gemeinschaft ASEAN ist; sie feiert in diesem Monat ihr 40-jähriges Bestehen. Anlässlich des Jubiläumsgipfels in Singapur vom 18. bis 22. November hat die IP prominente Politiker, Publizisten und Wissenschaftler aus Asien gebeten, diesen Integrationsprozess für uns zu beschreiben und zu bewerten. Es ist bemerkenswert, wie sehr sich alle Autoren in ihren Betrachtungen auf das europäische Integrationsmodell beziehen. Sie betonen die Unterschiede, sie beklagen die schädlichen Nachwirkungen des europäischen Kolonialismus auf ihrem Kontinent. Sie schildern auch, wie das gerade entstehende „Konzept Asien“ sich von der traditionellen Abgrenzung gegenüber dem Westen entfernt: Die globalen, universellen Werte sind nicht nur „westlich“, wie Kazuo Ogura schreibt: „Sie gehen auch auf asiatische Traditionen zurück.“
SABINE ROSENBLADT | CHEFREDAKTEURIN

Inhaltsverzeichnis

Wie Asien
zusammen wächst
8 Michèle und Henrik Schmiegelow
Der Weg zur Asiatischen Gemeinschaft
Europa unterschätzt Asiens Fähigkeit zur Gemeinschaftsbildung – ein Fehler
Viele Europäer halten es für undenkbar, dass der riesige Kontinent Asien zusammenwächst: Großmachtrivalitäten, Nationalismen, kulturelle Unterschiede, ideologische Gräben, Konkurrenz und Konflikte machten die Integration unmöglich, heißt es. Doch in Asien selbst wird die Gemeinschaftsbildung als Zukunftsstrategie begriffen.

17 Frank-Walter Steinmeier
Gemeinsam globale
Probleme lösen
Aktive Partnerschaft ist das Gebot der Stunde
Nicht ohne Grund war die diesjährige Botschafterkonferenz
im Auswärtigen Amt dem Thema Asien gewidmet: Die Gestaltung
der Beziehungen zu den Staaten und Ökonomien Asiens ist längst zu
einer Schlüsselfrage deutscher und europäischer Außen- und Außenwirtschaftspolitik
geworden. Notwendig ist eine vorausschauende Politik, die
mit den Chancen wie den Risiken des asiatischen Aufstiegs umgehen kann.

22 Eckart von Klaeden
Fit für Asien
Wie Europa von Asiens Dynamik profitieren kann
Keine Angst vor dem Aufstieg Asiens! Der außenpolitische
Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion plädiert energisch für
eine neue Asien-Strategie, mit der sich Deutschland und Europa den neuen
Herausforderungen stellen und von der asiatischen Dynamik sogar profitieren
können.

26 Ong Keng Yong
Der Langsamste bestimmt
das Tempo
Bauanleitung für eine Asiatische Union
In diesem Jahr feiert die ASEAN ihren 40. Geburtstag. Dennoch
ist die Idee der Gemeinschaftsbildung für Ostasien noch neu, wie
ASEAN-Generalsekretär Ong Keng Yong in diesem Beitrag schildert. Aber
ihre Bedeutung nimmt zu. In kleinen Schritten bewegen sich die Staaten der
Region aufeinander zu. Die ASEAN sieht sich in der Rolle des Mittlers.
30 Barry Desker
Myanmar raus aus der ASEAN!
Die Mitgliedschaft des Landes schadet der Glaubwürdigkeit des Bündnisses
36 Haruhiko Kuroda
Neue Muster der Integration
Asien hat für eine Einigung ganz andere Voraussetzungen als Europa
Weniger Handelsbarrieren, weniger politischer Wille, größere
Entfernung zwischen den Staaten: Asien hat für eine Einigung ganz
andere Voraussetzungen als Europa. Es braucht einen Integrationsprozess,
der sich am Markt orientiert, der mehrspurig abläuft und der die verschiedenen
Entwicklungsstufen der Staaten berücksichtigt.

42 Qian Qichen
»Viele kleine Bächlein werden zu einem großen Fluss«
Warum China die regionale Kooperation in Ostasien weiter vertiefen will
Die Integration der ostasiatischen Staaten ist ein historischer
Prozess, der seit zehn Jahren in kleinen Schritten voranschreitet. Große
Hürden sind noch zu überwinden; aber wenn die Partner einander auf gleicher
Augenhöhe begegnen und auch Systemunterschiede tolerieren, dann
werden alle beteiligten Länder von dieser Entwicklung enorm profitieren.

46 Yoshibumi Wakamiya
Vom Novizen zum Veteranen
Wie Japans neuer Premier die asiatischen Beziehungen wieder ins Gleis setzen will
Einen großen Erfolg hatte Premier Shinzo Abe in seiner
kurzen Amtszeit: Er beendete die Eiszeit zwischen China und Japan.
Sein Nachfolger Fukuda wird diesen Weg mit Sicherheit weitergehen – und
so die Grundlage für die weitere Verbesserung der südostasiatischen Beziehungen
legen. Dort spielte Japan lange Zeit die Rolle des Buhmanns.

50 Kuldeep Mathur
Aufschwung vor Religion
Was hemmt Indiens Integration
in Ostasien?
Indien ist Chinas stärkster Konkurrent als aufstrebende
Wirtschaftsmacht in Asien. Der wesentliche Unterschied: Es ist eine Demokratie.
Das heißt, dass ökonomische Reformen sozial abgefedert sein
müssen. Gelingt das, steht der erfolgreichen Kooperation mit anderen ostasiatischen
Staaten nichts mehr im Weg. Auch nicht die Hindu-Ideologie.

54 Jusuf Wanandi
Vernetzung verpflichtet
Ostasien muss seine Chance nutzen, die internationale Ordnung mitzugestalten
Handel, Institutionen, Sicherheit: In dem Maße, in dem die
ostasiatischen Staaten regional zusammenarbeiten, müssen sie sich auch
weltweit engagieren. Dafür sollten sich die Newcomer ans westliche Wertesystem
anpassen und die etablierten Mächte Verantwortung abgeben. Acht
Punkte, die auf die Agenda der asiatischen Integration gehören.

58 Katja Freistein
Gemeinsam gegen die Piraten
Wege zur sicherheitspolitischen Zusammenarbeit in der ASEAN
Den neuen Gefahren und Herausforderungen in Südostasien
will die ASEAN-Sicherheitsgemeinschaft mit mehr Kooperation begegnen.
Dabei soll dem Thema der menschlichen Sicherheit hohe Priorität zukommen.
Doch noch sind die Länder nicht bereit, regional beschlossene Maßnahmen
konsequent in nationale Politik umzusetzen.

64 Kazuo Ogura
Gemeinschaft braucht Visionen
Das Konzept „Asien“ sollte für mehr stehen als Wirtschaftsboom

Güter, Touristen, Filme und Musik lassen Ostasien wirtschaftlich
und kulturell zusammenwachsen. Doch Misstrauen zwischen den Staaten
schwächt die Verbindungen – schließlich hatten die Nachbarn jahrhundertelang
kaum Kontakt miteinander. Im 21. Jahrhundert muss Asien sich
versöhnen und sich als Verfechter universeller Rechte neu definieren.
68 Hans Küng
Goldene Regel
der Gegenseitigkeit
Was Asien zum weltweiten interkulturellen System beitragen kann
Wird Asien Europa auch in Bezug auf die kulturelle Integration
einholen können? Viele Europäer bezweifeln das. Doch Asien verfügt nicht
nur über ein stabiles gemeinsames ethisches Fundament. Es hat auch, zum
Teil lange vor Europa, eine Reihe von moralischen Prinzipien entwickelt,
die heute als Elemente eines gemeinsamen Weltethos dienen können.
Internationale Politik
74 Nordkorea | Thomas Gutschker
Sozialismus, tiefgefroren
Warum Kim Jong Il weniger mächtig ist, als der Westen glaubt
Diszipliniert und durchorganisiert wirkt die Volksrepublik Korea auf den flüchtigen Betrachter, stromlinienförmiger, als die DDR je gewesen ist. Doch der zweite Blick offenbart Risse in der Fassade: Inseln der Marktwirtschaft, interne Konkurrenzkämpfe, und selbst der „Geliebte Führer“ schwächelt. Kim Jong II hat seine Nachfolge noch immer nicht geklärt. Denn jeder Kandidat dürfte Widerstand provozieren. Ansichten aus einem verschlossenen Land.
82 Pakistan | Heinrich Kreft
Zwischen Talibanisierung
und Demokratie
Präsident Musharraf soll Stabilität garantieren und Terror bekämpfen
Die Geister, die er rief, wird er nun nicht mehr los … frei
nach Goethes Zauberlehrling könnte man das Problem der Taliban beschreiben,
die nicht nur von Pakistan aus in Afghanistan operieren, sondern
auch die Entwicklung im Land beeinflussen. Die Erwartungen an
Präsident Musharraf sind groß, aber kann er sie auch erfüllen?

90 USA I | Robert Gerald Livingston
Auswärts einig
Warum sich die US-Außenpolitik nach Bush nicht grundsätzlich ändern wird
Die gute Nachricht: Der kommende US-Präsident
wird nicht George W. Bush heißen. Die weniger gute Nachricht: Grundlegend
ändern wird sich die Außenpolitik unter Bushs Nachfolger(in)
nicht. Immerhin stehen nun die Chancen für gedeihliche transatlantische
Beziehungen besser als zuvor. Europa muss diese Möglichkeiten nutzen.

96 USA II | Josef Braml
Therapie gegen Amerikas Ölsucht
Die Chancen für eine transatlantische Energiepartnerschaft stehen gut
Die Sicherheits-, Wirtschafts- und Umweltkosten ihrer gegenwärtigen
Energieaußenpolitik werden die USA schon bald zum Kurswechsel
veranlassen – vor allem im Verkehrssektor. Hier sollten deutsche und
europäische Politik ansetzen: Eine transatlantische Energiepartnerschaft
könnte Forschung und Investitionen für neue Technologien und den freien
Handel alternativer Kraftstoffe im multilateralen Rahmen fördern.

103 Weißrussland | Anatolij Lebedko
»Von Feinden umzingelt«
Der Herbst des Oligarchen:
Ein Vertreter der Opposition im Gespräch
Der Herbst des Oligarchen: Von Russland abgestraft, vom Westen verbannt,
von der Demokratiebewegung bekämpft, steht Weißrusslands Präsident
Lukaschenko mit dem Rücken zur Wand. Ein Gespräch mit dem Oppositionellen
Anatolij Lebedko über den Kampf des Regimes ums Überleben, die
Gefahr einer sozialen Explosion und die Hoffnung auf freie Wahlen.

110 Frankreich | Daniela Schwarzer
Kleiner Mann, Grande Nation
Sarkozys Kurs irritiert die EU-Partner
Vertreter einer „neuen“ Politik, Mann des (Auf-)Bruchs,
Lautmaler, nicht Leisetreter: Seit seinem Antritt löst Frankreichs Präsident
Schritt für Schritt ein, was er vor seiner Wahl versprach. Doch sein nassforscher
Kurs, geprägt von außenpolitischen Alleingängen, irritiert die EU – und
lässt erahnen, dass Paris kein einfacherer Partner geworden ist.

116 NATO | Ulrich Weisser
Was auf uns zukommt
Warum die NATO dringend eine neue Strategie braucht
Wenn die Nordatlantische Allianz in den kommenden Jahrzehnten
noch relevant sein will, muss sie jetzt ihre Strukturen, Prämissen
und Prioritäten allesamt auf den Prüfstand stellen: Ohne eine realitätsgerechte
Sicherheitsarchitektur wird das Bündnis in der Ära der globalen
asymmetrischen Bedrohungen und neuen Gefahren nicht überleben.

126 Türkeibilder | Ceyhun Kara
Welchen Weg schlägt
die AKP ein?
Die Türkei zwischen traditionellem Kemalismus und liberalen Reformern
130 Buchkritik | Arnulf Baring, Dirk Nabers, Fredrik Erixon, Hanns W. Maull
Ohnmachtspiele
Diplomaten schauen zurück, Asien nach vorn, und die Staatsräson feiert Urstände

Kolumnen
72 Werkstatt Deutschland | Karl-Rudolf Korte
Sicherheit als linke Sehnsucht
Die Deutschen stehen mehrheitlich „links“, regiert wird das Land aber von „rechts“
88 Ökonomie | Birger P. Priddat
Wenn Vater Staat spart …
Warum Bürokratiereform ohne Politikreform scheitert oder gar zum Gegenteil führt
108 Kultur | Jens Jessen
Neue Heiden statt Nächstenliebe
Deregulierungsjünger vergöttern den Markt – und treffen auf gehemmte Bürger
124 Technologie | Tom Schimmeck
Mensch Maus
Vorhut an der Forschungsfront:
Eine Ode an die Labormaus

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