Internationale Politik 61 (2006) 2

Titel der Ausgabe 
Internationale Politik 61 (2006) 2
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Energie für das 21. Jahrhundert

Erschienen
Frankfurt am Main 2006: Societäts Verlag
Erscheint 
Erscheinungsweise: deutsch (monatlich), russisch (monatlich), englisch (vierteljährlich)
ISBN
1430-175X
Anzahl Seiten
144
Preis
9,95

 

Kontakt

Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
Patrick Wagner

Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine sowie die bedrohliche Atompolitik des Irans beweisen es: Energie ist ein geostrategisches und damit ein wichtiges außenpolitisches Thema. Deshalb erscheint die Februar-Ausgabe der Zeitschrift INTERNATIONALE POLITIK mit dem Schwerpunkt „Energie für das 21. Jahrhundert“.
Frank Umbach und Alexander Rahr vom Forschungsinstitut der DGAP analysieren zwei zentrale Aspekte des Themas: die Energiesicherheit Deutschlands und Europas sowie die Rolle Russlands. Präsident Putin, dessen Land inzwischen der größte Gas- und der zweitgrößte Rohölexporteur der Welt ist, macht kein Geheimnis daraus, dass er diesen Reichtum als geopolitische Trumpfkarte nutzen will; er will, so Rahr, Russland zur „Energie-Supermacht“ des 21. Jahrhunderts machen. Damit kehrt die „Ölwaffe“ der OPEC der siebziger Jahre wieder: diesmal als Gashahn, den der Kreml aus politischen Motiven beliebig zu- oder aufdrehen kann.
Europa und Deutschland dürfen sich heute nicht mehr darauf verlassen, dass „der Markt“ die sichere Energieversorgung garantiert, so Umbach. Diversifizierung, der richtig Energiemix, Energiesparen und Energieeffizienz, Förderung moderner erneuerbarer Technologien – das braucht man, um Europas Energieversorgung zu sichern. Aber vor allem muss Europa die wahre Dimension des Problems erst einmal erkennen.
Gasprom, der größte Energiekonzerns der Welt, ist das neue Herzstück des russischen Staatspatriotismus. Der Journalist Stefan Scholl beschreibt in einer spannenden Reportage, wie der Monopolist neben Wirtschafts- auch russische Staatsinteressen durchsetzt. Nicht nur im Westen wirkt dies manchmal bedrohlich; auch in Russland selbst wächst die Kritik an den bisweilen mafiösen Praktiken des Gasriesen.

Inhaltsverzeichnis

Energie für das 21. Jahrhundert
Frank Umbach
Europas nächster Kalter Krieg
Die EU braucht endlich die GEEP: eine gemeinsame Politik zur Energiesicherheit
Deutschlands, aber auch Europas sichere Energieversorgung wird noch immer primär als wirtschaftliche, nicht als außen- und sicherheitspolitische Frage betrachtet. Angesichts des russisch-ukrainischen Gaskonflikts wird vor einer zu großen Abhängigkeit von Russland gewarnt. Welche Folgen ergeben sich daraus für die deutsche Energiesicherheit?

Alexander Rahr
Die neue OPEC
Wladimir Putin hat ein großes Ziel: Russland soll zur globalen Energie-Supermacht werden
Enttäuscht vom Westen, wendet sich Moskau dem asiatischen Raum zu und schmiedet neue geostrategische Allianzen. Dabei setzt der Kreml Russlands riesige Energieressourcen gezielt als Instrument ein, um die verlorene Weltmachtstellung wieder zu erobern. Europa und der Westen müssen diese geopolitische Herausforderung sehr ernst nehmen.

Stefan Scholl
Die Gasölmedienbankkolchose
Gasprom: Innen- und Außenansichten des größten Energiekonzerns der Welt
Gasprom ist das neue Herzstück des russischen Staatspatriotismus. Faktisch im Besitz des Kremls, setzt der Konzern nicht nur Wirtschafts-, sondern auch russische Staatsinteressen durch. Das wirkt nicht nur im Westen manchmal bedrohlich. Auch in Russland selbst wächst die Kritik an den bisweilen mafiösen Praktiken des Gasriesen.

Michael T. Klare
Öl-Junkie Amerika
Um ihre Energieversorgung zu sichern, verstricken sich die USA in regionale Konflikte
Schon zu Beginn seiner Amtszeit war es George W. Bush bewusst, dass die USA sich in einer Energiekrise befinden. Folgerichtig setzte er die Politik seines Vorgängers Clinton fort, den amerikanischen Zugriff auf ausländische Energiequellen zu sichern, vor allem im Nahen Osten, am Kaspischen Meer, in Westafrika und Südamerika. Zunehmend vermischen sich dabei amerikanische Außen-, Wirtschafts- und Sicherheitspolitik.

André Salem
Wundersame Ölvermehrung
Den offiziellen saudischen Angaben über die Ölvorräte des Landes ist nur bedingt zu trauen
Von den Ölreserven des größten Produzenten Saudi-Arabien hängt die globale Wirtschaft ab. Seit Jahren aber verweigert das Land eine Überprüfung. Die Reserven dürften weit geringer sein als offiziell angegeben – was fatale Auswirkungen auf Ölpreis und Weltwirtschaft hätte.

Heinrich Kreft
Neomerkantilistische Energie-Diplomatie
China betreibt eine immer radikalere Politik der Energiesicherung. Einbindung täte Not
China ist inzwischen der zweitgrößte Energiekonsument nach den USA. Zwar verfügt das Land über riesige eigene Kohle-, Öl- und Gasvorkommen, es ist aber zunehmend auf Importe angewiesen. Um sich Energiequellen exklusiv zu sichern, scheut es nicht vor Konflikten mit Nachbarländern oder Abkommen mit Paria-Staaten zurück. Eine stärkere Einbindung Chinas in die internationale Energiekooperation, vor allem in die Strukturen der Internationalen Energieagentur (IEA), ist vordringlich.

Claude Mandil
Atomkraft, ja bitte!
Ein intelligenter und ökologischer Energiemix muss auch auf Kernenergie zurückgreifen

Heinz Scholtholt
Kohle ist unverzichtbar
Muss es Kernenergie sein? Clean Coal-Technologien haben viel Zukunftspotenzial

Andreas Rechkemmer und Falk Schmidt
Nach dem Weltklimagipfel von Montreal
Trotz der üblichen Unkenrufe war die Klimakonferenz vom November 2005 ein Erfolg
Die Weltklimakonferenz in Montreal hat dem Kyoto-Protokoll neues Leben eingehaucht und die Weichen für die Zeit nach 2012 gestellt. Dann nämlich läuft die erste Etappe von Kyoto aus. In den folgenden Jahren geht es darum, sicherzustellen, dass die bisher beschlossenen Maßnahmen auch greifen und darüber hinaus ambitionierte Folgevereinbarungen getroffen werden. Vor allem gilt es, Anreize dafür zu schaffen, dass mehr Staaten als bisher eine aktive Klimapolitik betreiben.

Jürgen Hogrefe
Globales Klima – deutsche Technik
Warum der Einsatz deutscher Energietechnik im Ausland sinnvoller ist als bei uns
Vermeidung von klimaschädlichen CO2-Emissionen ist hierzulande viel teurer als in Entwicklungsländern. Smarte Klimapolitik wäre es also, deutsche Energieeffizienz-Technologie in alle Welt zu exportieren: Davon profitierten nicht nur deutsche Unternehmen, sondern die ganze Umwelt. Es wird Zeit, dass die Politik diese Chance erkennt und fördert.

Internationale Politik
ISRAEL
Kein Retter in der Not von Jakob Hessing
Über allem, was er tat, lag ein Schatten. Doch zuletzt wurde Ariel Scharon
als großer Staatsmann verehrt. Israel verabschiedet sich von seinem Übervater
Der Rückzug aus Gaza offenbarte eine Lüge: Demokratie in Israel und Besatzung für die Palästinenser ließen sich nicht vereinbaren. Dieser Fehler musste korrigiert werden. Hätte Scharon in der Westbank gehandelt wie in Gaza? Das Programm des Mannes, der in vorweggenommener Trauerarbeit als beinahe mythologische Figur verehrt wurde, bleibt im Dunklen. Jetzt muss die israelische Gesellschaft ohne Übervater auskommen.

EU-POLITIK
Ein Tandem für Nahost von Isabell Schäfer und Dorothee Schmid
Deutschland gibt sich proisraelisch, Frankreich propalästinensisch.
Trotzdem gelang es ihnen, gemeinsam eine europäische Nahost-Politik zu formulieren
Frankreich pflegt seit Jahrzehnten ein intensives Verhältnis zu den Palästinensern. Deutschland verbinden „besondere Beziehungen“ mit Israel. Die Betrachtung des Nahost-Konflikts fällt dementsprechend unterschiedlich aus. Vor Ort arbeiten deutsche und französische Diplomaten kaum zusammen. Trotzdem gelang es den Gründungsnationen der EU, eine für alle EULänder akzeptable und zukunftsweisende Nahost-Politik zu formulieren.

POLITISCHE PHILOSOPHIE
Vordenker des 21. Jahrhunderts von Christian Hacke
Zum Tode des großen „idealistischen Realisten“ John H. Herz
Am 26. Dezember 2005 verstarb in Scarsdale, New York, im Alter von 97 Jahren einer der berühmtesten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Internationalen Politik, Professor Dr. John H. Herz. Mit seinen Arbeiten nahm Herz maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des „Außenpolitischen Realismus“, der die Wissenschaft von der Internationalen Politik, aber auch führende Politiker in aller Welt nachhaltig beeinflusst hat.

FREIHANDEL
Die wichtigen neun Prozent von Claudia Decker und Stormy Mildner
Von der Liberalisierung des Welthandels profitieren die Entwicklungsländer. Doch gerade
auf dem für sie wichtigen Agrarsektor will es in der Doha-Runde nicht vorangehen
In Hongkong wurde kein Durchbruch in den WTO-Verhandlungen über eine Liberalisierung des Welthandels erwartet – das war schon im Vorfeld klar. Doch Fortschritte, besonders im Agrarbereich, sind erforderlich, wenn das Einkommen der Entwicklungländer steigen soll. Selbst ein Minimalkonsens der Doha-Runde wäre für diese Länder besser als der Schuldenerlass von 2005 oder die Erhöhung der Entwicklungshilfe.

NATION BUILDING
Protektorate erfolgreich managen von Carlo Masala
Westliche Protektorate gehören nach wie vor zu den fragilsten Weltgegenden.
Wie könnte eine erfolgreiche Staatenbildungspolitik aussehen?
Externe Staatenbildungsprozesse sind kompliziert und langwierig – wie derzeit im Irak, in Afghanistan, Bosnien und im Kosovo zu beobachten. Sie scheitern auch oft: Die meisten dieser internationalen Protektorate stehen immer noch weit unten auf der Liste fragiler, vom Kollaps bedrohter Staaten. Not tut also eine genaue Analyse: Was unterscheidet gelungene von erfolglosen Nation-Building-Prozessen?

MITTELEUROPA
Plädoyer für einen verpönten Begriff von Gereon Schuch
Im Westen wird der Begriff Mitteleuropa als politische Mythologie gemieden. Osteuropäische Intellektuelle verbanden damit stets die Hoffnung auf ein demokratisches Europa
In Deutschland wird der Begriff „Mitteleuropa“ noch immer als politisch kontaminiert verstanden. Doch in Warschau, Budapest, Bratislava und Prag gilt das schon lange nicht mehr: Seit dem Fall der Mauer hat sich Mitteleuropa aufs Neue entwickelt – Zeit, dem Rechnung zu tragen.

VERTRIEBENE
Das „Zentrum“ führt auf einen Irrweg von Irena Lipowicz
Das Berliner „Zentrum gegen Vertreibungen“ ist in seiner bisher geplanten Form
für das deutsch-polnische Verhältnis nicht sehr hilfreich
Die Idee eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ wird von den Polen als Bedrohung für die deutsch-polnischen Beziehungen angesehen. Sie missachte, so wird befürchtet, die historischen Zusammenhänge und berge die Gefahr von unkontrollierbaren Emotionen. Es gibt bessere Wege, gemeinsam der Vergangenheit zu gedenken, ohne die deutschen Gefühle bei diesem schwierigen Thema beiseite zu schieben.

AMERIKABILDER von Tim B. Müller
Diplomatie in Zeiten des Friedens
Die USA als Weltregierung ist zwar überall unbeliebt, aber derzeit an vielen Orten der Welt wieder dringend gebraucht – was natürlich niemand gern zugibt

BUCHKRITIK von Tim B. Müller, Undine Ruge und Christoph Grams
Geologie und Geopolitik
Hermann Scheer und Frank Umbach wollen die Energiekrise abwenden; Vanessa Conze denkt über „Das Europa der Deutschen“ nach, Heiko Borchert über die veränderte Welt

Kolumnen
WERKSTATT DEUTSCHLAND von Karl-Rudolf Korte
Neue Berliner Armutsästhetik
Sachlich, zurückhaltend, bescheiden – so präsentiert sich die neue Bundesregierung

KULTUR von Mariam Lau
Kein Thema für die Linke?
Weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Über Gewalt von Migranten wird feige geschwiegen

ÖKONOMIE von Elga Bartsch
Verschoben ist nicht aufgehoben
Eine Nachfrageflaute in den USA könnte auch die asiatischen Märkte ins Schlingern bringen

TECHNOLOGIE von Tom Schimmeck
Pi mal Daumen = passt schon
Klonforscher Hwang wurde beim Fälschen erwischt; unüblich war seine Praxis keineswegs

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