Internationale Politik 62 (2007), 5

Titel der Ausgabe 
Internationale Politik 62 (2007), 5
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Themenheft Auslandseinsätze

Erschienen
Frankfurt am Main 2007: Societäts Verlag
Erscheint 
Erscheinungsweise: deutsch (monatlich), russisch (monatlich), englisch (vierteljährlich)
ISBN
4196721509956
Anzahl Seiten
144 Seiten
Preis
€ 9,95

 

Kontakt

Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
INTERNATIONALE POLITIK

Auslandseinsätze

Christoph Bertram, der ehemalige Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, erzählte kürzlich: „Vor einiger Zeit rief mich ein deutscher Major aus Afghanistan an. ‚Wir sitzen hier mit tausend Mann in Mazar-e-Sharif‘, sagte er, ‚und wir wissen eigentlich nicht, warum wir hier sind. Können Sie nicht mal kommen und uns das erklären?‘“
Eine niederschmetternde Anekdote. Was tut die deutsche Bundeswehr am Hindukusch? Nach fünf Jahren ISAF-Einsatz scheint das den Soldaten vor Ort noch immer nicht klar zu sein – ebensowenig wie offenbar großen Teilen der deutschen Bevölkerung. Auf die IP-Umfrage, ob Auslandseinsätze dazu beitragen könnten, die Bundesrepublik sicherer vor Terroranschlägen zu machen, antworteten 84 Prozent der Befragten mit Nein.
Zugegeben: Die neue Lage ist schwer zu verstehen. Mit dem Ende des Kalten Krieges ist die alte bipolare Weltordnung untergegangen, in der Kategorien wie Freund und Feind, innere und äußere Sicherheit, Ziviles und Militärisches, Krieg und Frieden noch scharf voneinander zu trennen waren. Die neuen „asymmetrischen“ Gefahren erfordern gänzlich andere, flexiblere, auch viel komplexere Sicherheitsstrukturen. „Im Prinzip hat die Debatte über eine neue sicherheitspolitische Architektur in Deutschland noch nicht wirklich begonnen“, urteilt der Politologe Herfried Münkler in dieser IP, „weil die meisten von denen, die diese Debatte führen müssen, Art und Ausmaß der neuen Herausforderungen und Bedrohungen noch nicht realisiert haben.“
Warum also schicken wir fast 8000 Soldaten in Auslandseinsätze weit weg von Deutschland? Steht eine erkennbare Gesamtstrategie dahinter? Und wenn das nicht der Fall ist, wie müsste eine solche aussehen? Nach welchen Kriterien entscheidet der Bundestag über den Einsatz unserer „Parlamentsarmee“? Ist die Bundeswehr für die neuen Aufgaben mental wie materiell gut gerüstet? Gilt die Unterscheidung zwischen „stabilitätssichernden“ und „Kampf“-Einsätzen noch? Welche Rolle spielen die Nachrichtendienste? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Autoren dieser Ausgabe: Wissenschaftler, Politiker, Praktiker.

SABINE ROSENBLADT | CHEFREDAKTEURIN

Inhaltsverzeichnis

Auslandseinsätze
6 Herfried Münkler
Elemente einer neuen Sicherheitsarchitektur
Deutschland hat noch keine durchdachte Antwort auf die neuen asymmetrischen Bedrohungen
Deutschlands sicherheitspolitische Debatte hinkt hinter
den Realitäten her. Mit dem bloßen Nachjustieren von Stellschrauben wird
den neuen Gefahren nicht begegnet werden können: Die heutigen asymmetrischen
Bedrohungen erfordern mehr als nur den Umbau der Systeme –
was sich am unsicheren Umgang mit den Auslandseinsätzen ablesen lässt.

18 Volker Perthes
Wie? Wann? Wo? Wie oft?
Strategische Fragen, die vor einem Auslandseinsatz zu klären sind
Jede Entscheidung zur Entsendung deutscher Soldaten muss
auf der Grundlage einer informierten strategischen Debatte gefällt werden.
Erst wenn das Mandat, die Erfolgsaussichten und Risiken, die Dynamiken
einer Krise sowie die deutschen Interessen geklärt sind, sollte entschieden
werden, was sich Deutschland leisten kann und leisten will.
22 Hans-Ulrich Klose
Geteilte Verantwortung
Der Parlamentsvorbehalt ist sinnvoll – doch darf er das Regierungshandeln nicht behindern
Seit dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts
von 1994 entscheidet das Parlament über Einsätze der Bundeswehr im Rahmen
von Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes. Inzwischen hat es mehreren
Out-of-area-Einsätzen zugestimmt – nach kontroverser Debatte. Die Frage ist,
ob dieses Prozedere das Regierungshandeln stützt oder eher hemmt.

28 Hans-Otto Budde
Einsatz verpflichtet
Bewährung auf Leben und Tod: Unsere Soldaten brauchen den Rückhalt in der Bevölkerung
Mit dem Ende des Kalten Krieges hat sich der Auftrag
des Heeres erweitert – aus dem „Heer für den Einsatz“ ist ein „Heer im
Einsatz“ geworden. Ein Wandel, der die Soldaten und ihre Familien vor
größte Herausforderungen stellt. Und vor allem eins verlangt: Vertrauen
in die Richtigkeit des übertragenen Mandats.

36 Marco Seliger
Dixieklo statt Klappspaten
Skurrile Bürokratie und schlechte Ausrüstung erschweren die Bundeswehr-Einsätze
Im 52. Jahr ihres Bestehens, 14 Jahre nach Beginn ihrer ersten
Friedensmission, ist die Bundeswehr noch immer nicht in der Realität des
modernen militärischen Krisenmanagements angekommen. Für Einsätze fern
der Heimat personell wie materiell nur unzureichend gewappnet, wird sie
von ihrem politischen Auftraggeber, dem Bundestag, permanent überfordert.

43 Rudolf Adam
Kenne dich – und kenne den Feind!
Komplexer als im Spionageroman: Die Bedeutung der Nachrichtendienste nimmt zu
Seit dem Ende des Kalten Krieges haben sich Rolle, Funktion
und Aufgaben der Nachrichtendienste fundamental verändert. Aber noch
immer werden sie entweder verteufelt oder verklärt, umgibt sie der schillernde
Nimbus alter Spionageromane. Ein nüchterner Blick tut deshalb not: Was
können, was sollen die deutschen Dienste heute leisten – und was nicht?

52 Ernst Uhrlau
„Terror ohne Ende?“
Internationale Kooperation tut not: Informationsnetzwerke helfen gegen Terrornetzwerke
Der internationale islamistisch motivierte Terrorismus bleibt
auf absehbare Zeit eine der größten Gefahren für unsere Sicherheit. Effektive
Terrorbekämpfung ist möglich, wenn alle Sicherheitsakteure an einem
Strang ziehen. Für einen langfristigen und nachhaltigen Erfolg im Kampf
gegen den islamistischen Terror brauchen wir eine ganzheitliche Strategie.

58 Željko Branovi? & Sven Chojnacki
Söldner mit neuer Mission
Hat der Trend zur Privatisierung von Sicherheit auch Einfluss auf deutsche Einsätze?
Das „Outsourcing“ von Sicherheitsdienstleistungen
an Privatfirmen nimmt weltweit zu. Das gilt inzwischen sogar
schon für die Nachsorge von Konflikten und den staatlichen Wiederaufbau.
Welche Implikationen hat dieser Trend für militärische Auslandseinsätze,
insbesondere für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik?

68 Sven Bernhard Gareis & Johannes Varwick
Frieden erster und zweiter Klasse
UN-geführte Missionen leiden unter Ressourcen- und Spezialistenmangel
UN-Friedensmissionen haben wieder
stark zugenommen. Deutschland und die EU betonen stets, die UN bei
der globalen Friedenssicherung zu unterstützen. Ein genauerer Blick auf
die Realitäten zeigt jedoch, dass sich längst ein Zwei-Klassen-System etabliert
hat: Hier die hochmodernen, teuren Einsätze von NATO und EU, dort
die schlecht ausgestatteten UN-Missionen. Das kann so nicht bleiben.

76 Peter Wittig
Deutsche Blauhelme in Nahost
Der Einsatz im Libanon: Guter Start für mehr deutsches Engagement in den UN
Es war eine historische Entscheidung, deutsche Soldaten in den
Libanon zu schicken. Und es ist ein Politikum, dass die Europäer die
UNIFIL-Mission anführen. Damit hat Europa erheblich an Bedeutung gewonnen
– im Nahen Osten und in den Vereinten Nationen. Was bedeutet
dies für künftige Einsatzoptionen Deutschlands bei Friedensmissionen?

Internationale Politik
84 PRO & CONTRA
Raketenabwehr: Schutz oder Gefahr? von Joachim Krause & Harald Müller
Mehr Sicherheit oder neues Wettrüsten? Europa streitet über Amerikas Abwehrschirm
Um sich vor einem Nuklearschlag des Iran zu wappnen, will
Washington in Polen und Tschechien ein Raketenabwehrsystem errichten.
Doch Amerikas Pläne werfen kontroverse sicherheitspolitische Fragen auf:
Wie soll der Westen auf eine mögliche Bedrohung antworten? Wie reagiert
Moskau auf die US-Initiative? Steht die Welt vor einem neuen Wettrüsten?

89 NUKLEARE AUFRÜSTUNG
Pflicht zum Verzicht von Gerhard Mangott & Martin Senn
Zuckerbrot und Peitsche: Wie man mit potenziellen Atommächten umgeht
Was kann die internationale Staatengemeinschaft
tun, um die nukleare Aufrüstung autoritärer oder totalitärer Regime
zu verhindern? Die Beispiele Nordkorea und Iran zeigen deutlich: Sinnvoller
als ein militärisches Eingreifen ist die Förderung eines längerfristigen,
evolutionären Regimewechsels.

100 EU-ERWEITERUNG
Strategischer Partner Türkei von Karl Kaiser
Ankara ist wichtig für die Stabilisierung des Nahen Ostens und die Energiesicherheit
Der gegenwärtig geführten Diskussion über einen EU-Beitritt
der Türkei fehlt die geostrategische Dimension. Die USA und die EU haben
ein gemeinsames Interesse an einer demokratischen Türkei als Partner bei
der Stabilisierung des Nahen Ostens, der Sicherung ihrer Energiezufuhr
sowie dem Dialog mit dem Islam.

110 FORSCHUNG UND BERATUNG
Über die Produktion von Wissen von Gunther Hellmann & Peter Rudolf
Zwölf Thesen zur Rolle der Wissenschaft in den internationalen Beziehungen
Die Wissenschaft hat in der Wissensgesellschaft
zwar ihre Sonderstellung verloren, nicht aber ihre Rolle als Produzent
von Wissen. Was also bedeutet die Einebnung der Differenz zwischen
wissenschaftlichem und nichtwissenschaftlichem Wissen für die Teildisziplin
der Internationalen Beziehungen (IB)? Ein Orientierungsversuch.

124 POLENBILDER
In der Vierten lebt sich’s besser von Basil Kerski
Die polnische Regierung interpretiert die Geschichte – und erntet dafür Kritik
128 BUCHKRITIK
Sicherheit schaffen – aber wie?
von Constanze Stelzenmüller, Gunter Hofmann & Thomas Speckmann
Wie Sicherheitspolitik auf die Globalisierung reagiert, was die Weltrisikogesellschaft ausmacht und warum die Hamas den Palästinensern schadet
Kolumnen
82 WERKSTATT DEUTSCHLAND von Franz Walter
Und was macht die „Generation Golf“?
Das neue Sicherheitsbedürfnis der Yuppies zwingt die FDP zum Umdenken
98 ÖKONOMIE von Helmut Reisen
Wer hat Angst vor China in Afrika?
Die westliche Kritik an chinesischen Investitionen und Infrastrukturplänen ist verlogen
108 KULTUR von Jens Jessen
Dokumenta ohne Dogma
Vom Fortschrittsglauben befreit: In Kassel zeigt sich die Kunst des neuen Jahrtausends
122 TECHNOLOGIE von Tom Schimmeck
Rechner für alle Welt
Ein billiger Laptop für jedes Kind – kann so eine Initiative die Welt retten?

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