In diesem Jahr feiert die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik ihr 50-jähriges Bestehen. Die von ihr herausgegebene Zeitschrift Internationale Politik, als „Europa-Archiv“ 1945 gegründet, wird sogar 60 Jahre alt – Anlass genug für einen Neuanfang in Form und Stil. Denn im vergangenen halben Jahrhundert hat sich nicht nur das politische Terrain, es haben sich auch die Lesegewohnheiten und die Ansprüche an ein wissenschaftliches Periodikum verändert; das Hindurchquälen durch öde „Bleiwüsten“ muss heute nicht mehr zwingend vom intellektuellen Leser verlangt werden. Und dass Texte umständlich formuliert sind, gilt ebenfalls nicht mehr per se als Beleg für ihre wissenschaftliche Seriosität. Amerikanische und britische Forscher machen seit langem vor, dass es möglich ist, zugleich wissenschaftlich präzise und sprachlich elegant zu schreiben. Diesen Anspruch stellen wir an die neue IP. Und wir nehmen uns die Freiheit, mit dem Titelthema unseren künftigen Bezugsrahmen weit zu stecken: In Zeiten der Globalisierung lassen sich „Innen-“ und „Außenpolitik“ kaum noch voneinander trennen. Das „Ausland“ ist nicht mehr „draußen“ – es ist hier, es betrifft täglich deutsche Arbeitsplätze, deutsche Bildung, deutsche Forschung, deutsche Wettbewerbsfähigkeit, deutsche Kultur. Deutsche Außenpolitik wird inzwischen von zahlreichen Akteuren gemacht. Die Strukturen wirken oberflächlich betrachtet zwar noch traditionell, sind es aber schon längst nicht mehr. Höchste Zeit also, die neue Lage zu analysieren – und neues, vernetztes Denken zu lernen. Deshalb werden sich künftig vier Kolumnen, von wechselnden Autoren geschrieben, mit den „tangentialen“ Themen deutsche Innenpolitik, Wirtschaft, Kultur/Medien und Technologie beschäftigen. Auch vor journalistischen Formaten – Interview, Porträt, Reportage – scheuen wir nicht zurück. Das Meinungsforschungsinstitut forsa ermittelt für die IP regelmäßig das Interesse der Deutschen an außenpolitischen Themen; im Serviceteil wird auf wichtige Veranstaltungen, Studiengänge, Stipendien hingewiesen. Wir wünschen Ihnen anregende Lektüre!
Eberhard Sandschneider: Neue Welt, altes Denken Die Grenzen zwischen Außen- und Innenpolitik lösen sich auf. Die Denkmuster sind die gleichen geblieben. Schlichte Dichotomien helfen nicht mehr weiter
Dirk Messner: Wettstreit der Akteure Die internationale Verflechtung revolutioniert das Regieren. Längst bestimmt nicht mehr nur das Auswärtige Amt, wie Deutschland auf europäischer wie globaler Bühne handelt
Thomas Hauschild: Was ging schief? Auslandswissenschaft nach der Postmoderne: Selbst die Forschung weiß nicht genug von den Problemen der Gegenwart. Will der Westen überleben, muss er seine Feinde kennen
INTERVIEW mit Günter Verheugen: „Europa muss Weltmacht werden!" Die Verhandlungen über die EU-Mitgliedschaft der Türkei sind ein großer Sprung nach vorne. In Zukunft wird Europa seine Interessen bei der Lösung globaler Probleme robust vertreten
Hans-Peter Schwarz: Republik ohne Kompass Berlins Außenpolitik ist orientierungslos. Die deutschen Interessen müssen endlich neu bestimmt werden. Allen politischen Lagern fehlen schlüssige Konzepte
Ulrike Guérot: Europa und Amerika: business as usual? Die transatlantischen Beziehungen sollten auf eine neue Grundlage gestellt werden. Die Zeit ist reif für einen Vertrag zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten
Michael Mertes: Enorme Unterschiede Die aktuelle Demoskopie zum EU-Beitritt der Türkei ergibt kein einheitliches Bild. Viel spricht jedoch für die Annahme, dass die Deutschen das Thema ganz nüchtern angehen
Ezra Suleiman: Der irrelevante Kontinent Warum die Amerikaner wenig von den Europäern halten – und was Europa dagegen tun kann. Ein Plädoyer für eine gemeinsame außenpolitische Strategie
Joseph S. Nye, Jr.: Sanfter Machtverlust Die Vereinigten Staaten müssen wieder mehr in Soft Power investieren. Militärische Macht allein reicht langfristig nicht aus, um außenpolitische Ziele zu erreichen
Alan Wolfe: Der Traum von einer freien Welt Haben Europa und Amerika eine gemeinsame Zukunft? Zwischen Europa-Euphorie und neuer atlantischer Nüchternheit. Zwei Denker, zwei Perspektiven
Adam S. Posen: Auf der Kippe Von Deutschlands Entscheidungen hängt ab, wie die EU im Jahr 2015 wirtschaftlich dasteht. Fraglich bleibt, ob die ratlosen Parteien die richtigen Schritte wagen
Sonja Margolina: Das unsichtbare Dritte Auf Kiews Straßen blühen die Orangen. Das Volk, nicht das geopolitische Kalkül der USA, hat in der Ukraine gesiegt. Russland ist unfähig, seine Fehler einzugestehen
Oleksandr Tschaly: Zwischen Bär und Elefant Nach den Präsidentschaftswahlen braucht die Ukraine eine neue Strategie. Die EU muss klären, was für einen Nachbarn sie will. Eine Beitrittsperspektive wäre für alle das beste
Beate Neuss und Alexander Rahr: Das Dilemma deutscher Ostpolitik Zahlt sich die Freundschaft von Bundeskanzler Schröder zu Präsident Putin aus? Oder schadet die enge Anbindung an Russland langfristig den eigenen Interessen?
Christoph von Marschall: Demokratie ist machbar, Herr Nachbar! Der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski hat sich in der Ukraine als Vermittler bewährt. Schon bald könnten neue Herausforderungen auf ihn zukommen
Ramesh Thakur: Wieder vereinte Nationen? Die UN stecken in einer der größten Krisen seit ihrer Gründung. Nun liegt der Bericht der Reformkommission vor. 2005 kann zum Schicksalsjahr der Weltorganisation werden
Constanze Stelzenmüller und Andreas Zumach: Prävention und Präemption Die UN-Experten haben Kriterien dafür vorgelegt, wann kollektive Gewaltanwendung auch präventiv legitim sein soll. Ist das hilfreich? Oder werden Grenzen verwischt?
Daoud Kuttab: Fluch und Segen Jassir Arafats Tod eröffnet neue Chancen für den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern. Jetzt sind substanzielle Angebote von allen Seiten gefragt
Tim B. Müller: Die Revolution frisst ihre Kinder Der Blick in US-Zeitschriften zeigt: Amerikas Strategen stecken in einer Identitätskrise. In der Debatte um die Iran-Politik treten die inneren Widersprüche hervor
Franz Walter: Der Empathieverlust des Konservatismus Kühle Modernisierer gewinnen keine Wahlen
Helmut Reisen: 50 Milliarden Dollar dringend gesucht! Die Millenniumziele müssen verwirklicht werden
Lorenz Jäger: Wo ist Spengler? Die Deutschen haben ihren Denker der internationalen Beziehungen vergessen
Tom Schimmeck: Wissenschaft ist Macht Die Rolle der Forschung bei der Lösung drängender globaler Fragen wächst
Veranstaltungskalender / Nachwuchsforum Dokumentation Rückschau / IP-Index Buchkritik