Internationale Politik 59 (2004), 8

Titel der Ausgabe 
Internationale Politik 59 (2004), 8
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Energie und Klima

Erschienen
Bielefeld 2004: W. Bertelsmann Verlag
Erscheint 
erscheint monatlich, Einzelhefte sind beim Verlag erhältlich
ISBN
3-7639-3218-6
Anzahl Seiten
144 S.
Preis
EUR 10.-

 

Kontakt

Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
Chladek, Tilmann

Zwei Tagesmeldungen: Am 3. August stieg der Rohölpreis an der New Yorker Terminbörse Nymex auf mehr als 44 Dollar je Barrel – den höchsten Preis, seit Rohöl dort notiert wird. Terrorangst in den USA, die russische Yukos-Krise und die instabilen Verhältnisse auf der Arabischen Halbinsel treiben den Ölpreis in Höhen, die das zaghafte Wirtschaftswachstum in Europa stark gefährden.

Zur gleichen Zeit überschwemmte die zweite "Jahrhundertflut" innerhalb von sechs Jahren Bangladesch. Zwei Drittel des Landes standen unter Wasser, 30 Millionen Bangladeschis mussten flüchten, über 1000 Menschen starben. Solche Katastrophen könnten erste Anzeichen des globalen Klimawandels sein: Je mehr durch fossile Brennstoffe produziertes CO2 die Atmosphäre erwärmt, desto stärker werden die Anomalien – massivere Monsunregen, heftigere Stürme, immer extremere Wetterlagen.

Energiesicherheit und Klimaschutz: Das sind die Pole, zwischen denen sich eine verantwortungsvolle, "nachhaltige" Energiepolitik heute bewegen muss. Wie sie aussehen sollte, ist unter den Fachleuten allerdings umstritten. In dieser Ausgabe plädiert Hermann Scheer nachdrücklich für den Umstieg von fossilen zu erneuerbaren Energien, weil "das Klima ohne diesen Wechsel ... nicht zu retten ist." Carl Christian von Weizsäcker sieht in der Förderung erneuerbarer Energien dagegen ein westliches "Wohlstandshobby", da diese den rapide wachsenden weltweiten Energiebedarf keineswegs decken könnten. Frank Umbach mahnt eine europäische Strategie an, um auf dem in hohem Maße importabhängigen Energiesektor Versorgungssicherheit herzustellen. Ottmar Edenhofer, Nico Bauer und Hans Joachim Schellnhuber verweisen auf die – bisher wenig erkannten – Gestaltungsspielräume für eine internationale Klima- und Energiepolitik: Ein "tragischer Zielkonflikt" zwischen Wirtschaftswachstum und Klimaschutz, so die Autoren, bestehe keineswegs.

Ein weiteres Thema dieser Ausgabe ist der von der Bundesregierung seit geraumer Zeit energisch eingeforderte deutsche Sitz im UN-Sicherheitsrat. Karl Kaiser sieht durch die internationale Entwicklung "die Gründe, die für einen ständigen deutschen Sitz sprechen, nachhaltig gestärkt." Gunther Hellmann und Reinhard Wolf widersprechen: Deutschland, unter inneren Reformen ächzend, übernehme sich mit solchen Forderungen.
Und was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser? Schreiben Sie uns!

Sabine Rosenbladt

Inhaltsverzeichnis

Internationale Politik
August 2004 -- Nr. 8 -- 59. Jahr E 10,00 -- 2728

ENERGIE UND KLIMA

Hermann Scheer
Klimawandel und erneuerbare Energien

Eberhard Jochem
Energieeffizienz - eine unbeachtete Chance

Carl Christian von Weizsäcker
Europa muss handeln

Karl Kaiser
Ein deutscher Sitz im UN-Sicherheitsrat

ANALYSEN / ESSAYS / STANDPUNKTE / DEBATTEN

Klimawandel und erneuerbare Energien 1
von Hermann Scheer

Mit großem Engagement plädiert der Träger des Alternativen Nobelpreises für die erneuerbaren Energien; ein wichtiger Grund hierfür ist der Klimawandel. Das Kyoto-Protokoll und auch die jüngste Konferenz "Renewables" in Bonn haben sich seiner Ansicht nach als ungeeignet erwiesen, die globale Klimakrise zu überwinden. Deshalb seien jetzt unilaterale Schritte erforderlich.

Der teure Heiligenschein erneuerbarer Energien. Europa muss kostenbewusst und weltorientiert agieren 7
von Carl Christian von Weizsäcker

Der weltweite Verbrauch an Energie wird sich zwischen 2000 und 2050 verdoppeln, wobei der größte Zuwachs aus den sich entwickelnden Ländern kommen wird. Wollen Deutschland und Europa angesichts dieser Tatsache wirklich eine - auch im internationalen Maßstab - sinnvolle Klimapolitik betreiben, dann ist vor allem eines gefragt: nüchterne, weltorientierte und nicht eurozentrische Kostenrechnung. Dabei spielt dann auch die Kernenergie eine wichtige Rolle.

Sichere Energieversorgung auch in Zukunft. Die Notwendigkeit einer europäischen Strategie 17
von Frank Umbach

Die Herausforderungen der globalen Energiesicherheit haben sowohl für die Europäische Union als auch für Deutschland gravierende Folgen; beide sind darauf nur schlecht vorbereitet. Für Frank Umbach vom Forschungsinstitut der DGAP muss die zukünftige Energieversorgungssicherheit als integraler Bestandteil der europäischen Sicherheitspolitik verstanden werden.

Der Lohn des Mutes. Gestaltungsspielräume für eine internationale Klima- und Energiepolitik 29
von Ottmar Edenhofer, Hans Joachim Schellnhuber und Nico Bauer

Zwischen Wachstum und Klimaschutz besteht kein tragischer Zielkonflikt. Die Handlungsspielräume für eine ökologische Strukturpolitik sind größer, als von vielen vermutet wird. Die Diskussion um die Klimapolitik ist bislang durch falsch gestellte Alternativen geprägt - die Vorschläge der Autoren versprechen Abhilfe und plädieren für einen wissenschaftlichen und politischen Lernprozess.

Energieeffizienz. Eine national und international unbeachtete Chance 39
von Eberhard Jochem

Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Energie- und Materialeffizienz werden von fast allen Staaten vernachlässigt, obwohl sie einen Hauptbeitrag zur Lösung des Klimaproblems und zur Ressourcenschonung von fossilen Energieträgern in den Entwicklungsländern erbringen könnten. Mit einer hoch effizienten und mit erneuerbaren Energiequellen betriebenen Kreislaufwirtschaft wäre nach Meinung des Verfassers auch das Problem des Klimawandels langfristig lösbar.

Kohle bleibt unverzichtbar. Der Ausstieg aus der Steinkohlenförderung wäre ein Fehler 49
von Wolfgang Reichel

Der deutsche Steinkohlenbergbau unterliegt seit Jahrzehnten einem tief greifenden Strukturanpassungsprozess. Doch der Zugang zu eigener Steinkohle, so das Geschäftsführende Vorstandsmitglied des Gesamtverbands des deutschen Steinkohlenbergbaus, stellt nach wie vor ein wichtiges Element unserer Versorgungssicherheit dar.

Saudi-Arabiens politische Zukunft 53
von Ali Al-Ahmed und Jamie Shirreff

Das Königreich Saudi-Arabien, immer noch Hauptöllieferant des Westens, steht vor den gravierendsten Problemen seiner Geschichte. Die Regierung des Landes muss sich entweder reformieren oder damit rechnen, von einer wachsenden islamistischen Bewegung gestürzt zu werden. Der Westen, so die beiden Autoren vom Saudi Institute in Washington, sollte die herrschende Familie ermutigen, liberale Reformen zu wagen, um mit den Problemen besser fertig zu werden.

Kasachstans Weg zum Petro-Staat 58
von Birgit Brauer

Ohne die Entdeckung riesiger Ölfelder vor knapp vier Jahren wäre an Kasachstan vermutlich wenig Bemerkenswertes. Doch der Ölboom hat die ehemalige Sowjetrepublik in Zentralasien in den Rang eines weltweit führenden Ölproduzenten katapultiert. Birgit Brauer beschreibt, welche Auswirkungen der plötzliche Reichtum hat.

Der Sitz im Sicherheitsrat. Ein richtiges Ziel deutscher Außenpolitik 61
von Karl Kaiser

Die Reform des Sicherheitsrats der UN kommt, und nie war der Zeitpunkt besser für Deutschland, darin aufgenommen zu werden. Die Bundesrepublik ist einer der größten Beitragszahler und Truppensteller, und sie hat durch ihr Auftreten im Vorfeld des Irak-Krieges viele Sympathien gewonnen, schreibt der Autor. Ein europäischer Sitz liegt in weiter Ferne, also sollte sich Deutschland endlich seiner weltpolitischen Verantwortung stellen und sich dann als "Garantiemacht des Weltfriedens" stärker finanziell und militärisch engagieren. Wer eine "Gartenzwergoption" vorschlage, verkenne die internationale Entwicklung.

Neuer Spielplan auf der Weltbühne. Deutschlands Auftritt muss abgesagt werden 71
von Gunther Hellmann und Reinhard Wolf

Ein ständiger Sicherheitsratssitz für Deutschland? Wie die Autoren erklären, sollte Deutschland besser nicht nach einer internationalen Führungsrolle streben. Angesichts der sozioökonomischen Strukturkrise fehle einfach das Geld für außenpolitische Großprojekte. Die entstandene "Kluft zwischen überspannten Ambitionen und schrumpfenden Ressourcen" steigere die Versuchung, "nationale Interessen" rücksichtsloser durchzusetzen wie beim Stabilitätspakt, oder Prestigepolitik zu betreiben wie beim "Pralinengipfel". Warum besinnt sich Deutschland nicht auf seine erfolgreiche Tradition, hinter den Kulissen zu vermitteln und zu integrieren?

Der isolierte Hegemon. Die USA und die transatlantischen Beziehungen im Weltsystem 79
von David P. Calleo

Ob der "postsowjetische Westen" wieder aneinander gekettet werden kann, ist die Frage von David Calleo. Er beschreibt die unüberbrückbare strategische Dissonanz nach dem Ende des Kalten Krieges. Zwei Visionen prallen aufeinander: Eine unilaterale Pax Americana gegen ein multilateral agierendes, vereintes, weltpolitisch engagiertes Europa. Doch beide Seiten haben einander nötig - was für Amerika noch mehr gilt als für Europa.

Von Kennedy lernen. Demokratische Ideen zur Verbesserung der transatlantischen Beziehungen 89
von Ronald D. Asmus

Während bei den Republikanern die alten Atlantiker aussterben, präsentiert Asmus die Demokratische Partei als Hüterin der transatlantischen Partnerschaft, die nach dem einigenden Band für die Beziehungen im 21. Jahrhundert sucht. Der Autor schlägt vor, dass USA und EU eine gemeinsame Strategie für Europa einschließlich Russlands und der Schwarzmeer-Region sowie für den Nahen und Mittleren Osten formulieren. Und Amerika muss seinen Enthusiasmus für die europäische Integration wieder entdecken.

Zehn Punkte für ein Europa in besserer Verfassung 99
von Ulrike Guérot

Europa macht Weltgeschichte, und keinen interessiert es! Nach der Zangengeburt des Verfassungsvertrags weiß Europa immer noch nicht, was es will und was es sein könnte. Die Autorin macht zehn Vorschläge, um die Europäische Union politisch voranzubringen. Einige davon lauten: Deutschland muss wieder Anwalt der kleineren Staaten werden, die EU muss sich ihren Bürgern und in den USA besser erklären, und Europa sollte Geopolitik statt Agrarsubventionen langfristig als wichtigste Aufgabe ansehen - in Partnerschaft mit den USA.

Den Orient verwestlichen! Plädoyer für eine selbstbewusste Nahost-Politik 105
von Sylke Tempel

Im Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus sind politische, wirtschaftliche und soziale Reformen das wichtigste Mittel; doch muss dieser Dialog ohne die Fundamentalisten stattfinden, mit denen keine Kompromisse möglich sind. Die Autorin plädiert für einen Dialog, der "an den Autokraten vorbei" geführt werden sollte und bei dem letztendlich "mehr Westen" - sprich mehr demokratische Partizipation der Gesellschaften - für den Nahen Osten gefragt sei.

AUS AMERIKANISCHEN ZEITSCHRIFTEN

Völlig losgelöst 111
von Tim B. Müller

Neocons und kein Ende? Hinter vielen Beiträgen darüber in der amerikanischen Diskussion verbirgt sich eine tiefer gehende Frage: Wie soll die Außenpolitik der USA im 21. Jahrhundert aussehen? Anzeichen für ein Umdenken mehren sich.

BUCHKRITIK

Energiepoker. Ökologische Warnzeichen vor Ort und Sorgen um die Versorgungssicherheit 115
von Jürgen Turek
Das globale Klima, soviel scheint festzustehen, wird sich im 21. Jahrhundert ändern, sollte ökologisch oder industriepolitisch nichts Durchgreifendes geschehen. Jürgen Turek stellt zwei Bücher vor, die sich mit den klimatischen Konsequenzen eines zunehmenden Energieverbrauchs und mit den langfristigen Problemen der internationalen Energiesicherheit auseinander setzen.

Neue Bücher zur internationalen Politik 118
Pflüger, Ein neuer Weltkrieg? Die islamistische Herausforderung des Westens; Melvern, Ruanda. Der Völkermord und die Beteiligung der westlichen Welt; Kevenhörster/Pascha/Shire, Japan - Wirtschaft, Gesellschaft, Politik; Burchardt, Zeitenwende. Politik nach dem Neoliberalismus.

DOKUMENTATION

Dokumente zur Energiefrage 123
Anfang Juni 2004 fand in Bonn eine viel beachtete Internationale Konferenz für Erneuerbare Energien statt. Dokumentiert werden Reden und Erklärungen im Zusammenhang mit dieser Konferenz. Nachzulesen sind darüber hinaus energiepolitische Stellungnahmen der Vereinigten Staaten, der Europäischen Union sowie der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC).
Artikel des amerikanischen Energieministers, Spencer Abraham, veröffentlicht in der Mai-Ausgabe 2004 der Onlinezeitschrift "Economic Perspectives" des State Department (gekürzt) 125

Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über den Anteil erneuerbarer Energien in der EU, veröffentlicht am 26. Mai 2004 in Brüssel (Auszüge) <www>*

Rede des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, zur Förderung des Exports erneuerbarer Energietechnologien vor dem Deutschen Bundestag am 28. Mai 2004 in Berlin (gekürzt) 129

Rede des amtierenden Präsidenten, des indonesischen Energieministers Purnomo Yusgiantoro, zur Eröffnung der 131. (außerordentlichen) Tagung der Konferenz der Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) am 3. Juni 2004 in Beirut (gekürzt) 130

Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf der Internationalen Konferenz für Erneuerbare Energien am 3. Juni 2004 in Bonn (gekürzt) 132

Prime Minister Tony Blair’s video address to the International Conference for Renewable Energies, Bonn, 1-4 June 2004 <www>*

Politische Erklärung, verabschiedet auf der Internationalen Konferenz für Erneuerbare Energien am 4. Juni 2004 in Bonn 135

Politikempfehlungen für erneuerbare Energien, verabschiedet von der Internationalen Konferenz für Erneuerbare Energien am 4. Juni 2004 in Bonn (gekürzt) <www>*

Rede der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul, zum Abschluss der Internationalen Konferenz für Erneuerbare Energien am 4. Juni 2004 in Bonn (gekürzt) <www>*

* Text unter <www.internationalepolitik.de>.

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