Internationale Politik 62 (2007), 3

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Internationale Politik 62 (2007), 3
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Die neue Ostpolitik

Erschienen
Frankfurt am Main 2007: Societäts Verlag
Erscheint 
Erscheinungsweise: deutsch (monatlich), russisch (monatlich), englisch (vierteljährlich)
ISBN
4196721509956
Anzahl Seiten
144 Seiten
Preis
9,95 €

 

Kontakt

Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
INTERNATIONALE POLITIK

Die neue Ostpolitik

Es war wohl Willy Brandts erster sozialdemokratischer Nachfolger im Außenamt, der den Begriff in die Welt gesetzt hat. „Nehmen Sie den Namen nicht so groß, wie er klingt“, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (laut Spiegel) Ende August 2006 auf einem Festakt in der Deutschen Staatsoper in Berlin, „aber wir brauchen so etwas wie eine neue Ostpolitik.“ Und er fügte hinzu: „Wir arbeiten bereits daran.“

In dieser IP nun erläutert Steinmeier, derzeit auch amtierender EU-Ratspräsident, wie seiner Meinung nach die „neue Phase der Ostpolitik der EU“ gestaltet werden sollte. Kernsatz: „Es geht darum, Integration im Rahmen von Verflechtungsprozessen zu unterstützen, die sich auch in der EU bewährt haben.“

Integration, Verflechtung: Das sind mutige politische Worte in einem Moment, da manche Beobachter schon den nächsten „Kalten Krieg“ heraufziehen sehen. In München kritisiert der russische Präsident scharf den Westen (aber über die Morde an russischen Dissidenten will er sich nicht äußern), in alpinen Wintersportorten wird derweil über „Russenquoten“ nachgedacht; russische Gas- und Öllieferungen werden immer mehr zum Instrument sinistrer Großmachtpolitik, und das EU-Mitglied Polen blockiert die jetzt anstehenden Verhandlungen über ein neues EU-Partnerschaftsabkommen mit Russland per Veto. Schon das Wort „Ostpolitik“, berichtet Konrad Schuller, lasse in Warschau alle Alarmglocken schrillen. Umso notwendiger ist es, nüchtern herauszuarbeiten, wie eine zeitgenössische deutsche und europäische Politik gegenüber dem riesigen Ostteil des Kontinents denn beschaffen sein sollte, um europäischen Interessen optimal gerecht zu werden. Der Rückgriff auf die Brandtsche Ostpolitik hilft dabei wenig, denn nahezu alle Koordinaten haben sich seit damals grundlegend verändert.

Es ist in der Tat an der Zeit, über eine „neue“ Ostpolitik zu streiten. Mehrere Autoren tun das in dieser IP, aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Am vehementesten für eine enge Kooperation mit Russland tritt dabei ein Berufsmilitär ein: Vizeadmiral a.d. Ulrich Weisser, von 1992 bis 1998 Chef des Planungsstabs im Bundesverteidigungsministerium.

SABINE ROSENBLADT
CHEFREDAKTEURIN

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Die neue Ostpolitik
6 Frank-Walter Steinmeier
Verflechtung und Integration
Eine neue Phase der Ostpolitik der EU
Der Erfolg der Integration Europas – durch Verflechtung von Interessen deren friedlichen Ausgleich zu erreichen, zudem Wohlstand und soziale Gerechtigkeit – macht die Europäische Union zum weltweit bewunderten politischen Modell. Jetzt gilt es, diesen Erfolg auch auf die europäische Nachbarschaft auszudehnen und ihn global zu verankern.

12 Alexander Rahr
Der „Kalte Krieg“ ist Geschichte
Plädoyer für das neue ostpolitische Konzept der deutschen EU-Ratspräsidentschaft
Unter Putin wird Russland im Westen wieder als Bedrohung empfunden. Antirussische Strömungen nehmen zu. Aber den großen Nachbarn im Osten dauerhaft zu verprellen, nützt der EU weder sicherheitspolitisch noch ökonomisch, und geostrategisch klug wäre es schon gar nicht. Langfristig sollte Russlands Vereinigung mit Europa unser Ziel sein.

20 Gunther Hellmann
Deutschland, Europa und der Osten
Warum eine Re-Europäisierung des deutschen Interessendiskurses nötig ist
Deutschlands Interessendiskurs hat sich just zu einer Zeit renationalisiert, in der die politischen Erfordernisse eigentlich eine EU europäische Verbreiterung erfordern. Nirgends wird dies deutlicher als in der Politik gegenüber Russland. Die Ostpolitik der EU wird daher auch zum Testfall des Führungsgeschicks deutscher Außenpolitik.

30 Konrad Schuller
Alarmsignale in Polen
Neue Ostpolitik, alte Ängste: Der EU-Neuling tut sich schwer mit seinen großen Nachbarn
Gutes Einvernehmen zwischen Deutschland und Russland bedeutete für Polen in der Vergangenheit stets eines: Gefahr. Doch mittlerweile droht die ständige Beschwörung einer Einkesselung des Landes zur „self - fulfilling prophecy“ zu werden – und den Blick auf die Chancen zu verstellen, die gerade Europa Polen bietet.

36 Alexander J. Motyl
Der eingebildete Starke
Schwacher Staat, gefährliches Gebaren: Russland fordert Europa heraus
Die gute Nachricht: Von „Weimarer Verhältnissen“ kann in Russland keine Rede sein. Die schlechte: Das Land ist schon einen Schritt weiter. Europa und insbesondere Deutschland sind nun in der Pflicht, Putins Großmachtambitionen entgegenzuwirken und dessen energiepolitischen Erpressungsversuchen zu widerstehen.

44 INTERVIEW mit Ludmilla Alexejewa
»Früher spürte ich Angst. Jetzt Ekel«
Die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe im Gespräch
Ludmilla Alexejewa, Veteranin und Vorsitzende der Moskauer Menschenrechtsorganisation Helsinki-Gruppe, verfügt über ein halbes Jahrhundert Erfahrung als Opponentin des russischen Regimes – des sowjetischen wie des heutigen. Vom Westen erwartet sie nur noch wenig.

48 Ulrich Weisser
Wir brauchen Russland!
Für die weltweite Sicherheit ist die enge Kooperation der EU mit dem Kreml unverzichtbar
Deutschland hat seit langem stabile freundschaftliche Beziehungen zu Russland – ein Kapital, das in seiner weltpolitischen Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Denn die bedrohlichsten sicherheitspolitischen Probleme – vor allem im Nahen Osten – können heute nur gemeinsam gelöst werden: von Europa, Russland und den USA.

56 Jörg Himmelreich
Herrscher der Pipeline
Die EU braucht dringend eine Energieaußenpolitik, um sich von Gazprom zu befreien

65 Burckhard Bergmann
Verlässlicher Versorger
Energiepartnerschaft: Die EU ist nicht einseitig von Russland abhängig
Seit 30 Jahren arbeitet die deutsche Gaswirtschaft mit Russland zusammen und konnte sich stets auf dessen Lieferungen verlassen. Die jüngsten Energiekonflikte des Kremls mit den Transitländern zwingen uns nicht, diese Kooperation zu ändern – doch sie ermahnen Europa, im Rahmen einer strategischen Energieaußenpolitik mit einer Stimme zu sprechen.

70 Klaus Mangold
Unser Markt in Moskau
Handel durch Annäherung: Deutsch-russische Wirtschaftskooperation
Russlands Anteil am Weltbruttosozialprodukt wächst rasant. Nicht nur als Absatzmarkt mit 143 Millionen Verbrauchern, auch als einer der attraktivsten Investitionsstandorte Europas steht das Land im Fokus deutscher Unternehmen. Die deutsch-russische wirtschaftliche Zusammenarbeit ist ein Kernstück des Prozesses der gegenseitigen Öffnung.

75 Birgit Brauer
Fünf Staaten, eine Strategie
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft sucht einen neuen Zugang nach Zentralasien

Internationale Politik
84 RÖMISCHE VERTRÄGE
Sechs Lehren aus der Zeit zu sechst von Kiran Klaus Patel
Ein Rückblick auf die Kinderjahre der EU
War früher alles einfacher, übersichtlicher, besser? Ein Blick in die Geschichte der Europäischen Union lehrt, dass auch die glorreiche Frühzeit des großen Einigungswerks von recht profanen Mühen geplagt wurde. In mundgerechten historischen Häppchen aufbereitet, mag der Erfahrungsschatz der Anfänge uns Nachgeborenen die Gegenwart erleichtern.

92 PORTRAIT
Der Wiedervereiniger von Christian Hacke
Er stellte die Weichen: Hans-Dietrich Genscher zum 80. Geburtstag
Hans-Dietrich Genscher hat in 16 Jahren Amtszeit die Bonner Republik entscheidend geprägt. Und er hat früher und treffsicherer als andere Politiker die wegweisenden Signale gesetzt, die ihn dann zum Architekten der deutschen Wiedervereinigung machten. Am 21. März wird er 80 Jahre alt. Eine Würdigung seines politischen Wirkens.

100 TRANSATLANTISCHE WIRTSCHAFTSINTEGRATION
Barrieren im Wirtschaftsraum von Claudia Schmucker & Josef Braml
Von der TAFTA zum freien Markt: Neue Handelsinitiativen zwischen EU und USA
Deutschland versucht, während seiner EU-Ratspräsidentschaft die transatlantische Wirtschaftsintegration voranzutreiben. Doch Washington – und einige EU-Länder – reagieren zögerlich. Im Vordergrund steht für sie als Ziel der Abschluss der Doha-Runde. Eine transatlantische Freihandelszone bleibt ein langfristiges Projekt.

106 BUNDESWEHR
Nicht die Heilsarmee von Lothar Rühl
Angemessene Krisenreaktion verlangt größere militärische Autonomie
Deutschland muss sich auch im militärischen Bereich den Konsequenzen seiner europäischen, euro-atlantischen sowie der notwendig gewordenen Nahost-Politik stellen. Die Bundeswehr braucht eine eindeutige Auftragslage, angemessene Mittel und eine Einsatzautonomie, die ihr ein operatives Handeln nach militärischen Erfordernissen gestattet.

116 IP-BÜCHERSCHAU
Die wichtigsten außenpolitischen Neuerscheinungen rezensiert von Jan Techau, Jörg Baberowski, Joseph Croitoru, Andreas Eckert,
Hanns W. Maull, Erich Weede und Stephan Bierling

Kolumnen
82 WERKSTATT DEUTSCHLAND von Manfred Güllner
16 Jahre Kanzlerin Merkel?
Wie lange sie im Amt bleibt, entscheidet allein die Union, nicht mehr die SPD

98 ÖKONOMIE von Norbert Walter
Welche Löhne braucht das Land?
Mehr Beschäftigung und steigender Verdienst dürfen einander nicht ausschließen

104 KULTUR von Mathias Greffrath
Credo quia absurdum
Eine Theorie der destruktiven Dynamik des Projekts Moderne

112 TECHNOLOGIE von Tom Schimmeck
Limit im Kopf
Wo bleiben die versprochenen umweltfreundlichen Autos?

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