Im hiesigen Jammertal der Hartz-IV-Depressionen, Rentenlöcher, Schuldenberge und fünf Millionen Arbeitslosen wirken Nachrichten über Deutschlands ökonomische Potenz wie Botschaften „von einem anderen Planeten“. Das jedenfalls argwöhnte der Economist, als er jetzt befand: „Ein Marsianer, der heute auf der Erde landen würde und wählen müsste, ob er in Amerika oder Deutschland investiert, könnte sich durchaus für letzteres entscheiden.“Warum? Weil, so das britische Wirtschaftsmagazin, die Deutschen weitaus mehr sparen als die Amerikaner, weil die deutschen Exporte in den vergangenen drei Jahren trotz des hohen Euro-Kurses dreimal schneller gewachsen seien als die amerikanischen, und weil die gern als „schwabbelig“ verspotteten deutschen Unternehmen sich energisch reformiert und damit ihre globale Wettbewerbsfähigkeit entscheidend verbessert hätten.Vor diesem Hintergrund mag vielleicht etwas weniger überraschen, dass der amerikanische Ökonom Adam S. Posen in dieser Ausgabe der IP fordert, Deutschland müsse der „wirtschaftliche Hegemon“ der Welt werden. Amerika, so argumentiert Posen, fülle diese Rolle nicht mehr aus; da für das reiche, exportorientierte Deutschland die Globalisierung keine Bedrohung, sondern im Gegenteil eine große Chance sei, müsse es diese nun aktiver als bisher mitgestalten und steuern.
Aber wird der Prozess der Globalisierung hierzulande genügend verstanden? Wird wahrgenommen, wie er die Welt verändert? Martin Wolf, der brillante Chefkommentator der Financial Times, hat für diese IP die wesentlichen Thesen seines kürzlich erschienenen Buches „Why Globalization works“ zusammengefasst. Claudia Decker und Stormy Mildner untersuchen „die neue Macht der Entwicklungsländer“, Russell Berman kritisiert mit Hilfe von Adornos Kritischer Theorie die Globalisierungskritiker. Und schließlich analysiert Jodi Vittori, warum Al-Qaida die erfolgreichste globale Terrororganisation der Geschichte ist: Sie arbeitet wie ein multinationales Unternehmen. Globalisierung gestalten
Martin Wolf Märkte, Demokratie und Frieden Kapitalismus funktioniert nicht ohne Freiheit. Globalisierung fördert Demokratie
Claudia Decker und Stormy Mildner Die neue Macht der Entwicklungsländer China, Indien und Brasilien werden der Globalisierung ein nichtwestliches Gesicht geben
Adam S. Posen Mehr Mut, Deutschland! Deutschland könnte die Führungsrolle in der Weltwirtschaft übernehmen – wenn es nur wollte
Hans Werner Mundt Migration in Zeiten der Globalisierung Wettbewerbsvorteile, Know-how: Herkunftsländer profitieren genauso wie Aufnahmestaaten
Ernst-Ulrich von Weizsäcker Grenzen der Privatisierung Nur ein starker Staat sorgt für Qualität und Gerechtigkeit, sagt ein Bericht des Club of Rome
Russell Berman Adornos ignorante Erben Der Antiglobalismus steht in der Tradition des Kollektivismus: Er fürchtet sich vor der Freiheit
Jodi M. Vittori Geschäftszweck: Terror Al-Qaida agiert wie ein multinationales Unternehmen, Osama Bin Laden ist sein CEO
Volker Rühe Füreinander wichtig sein Zeit für Nüchternheit: Die transatlantische Beziehung braucht ein neues Fundament
Elizabeth Pond Charme und Erblasten Das größte Problem ist der Vertrauensverlust zwischen Europa und den USA
Henning Riecke Transatlantische Trippelschritte Mainz, wie es singt und lacht: Präsident Bushs Versöhnungstour hatte hohen Symbolwert
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