Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW) 51 (2023), 6

Titel der Ausgabe 
Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW) 51 (2023), 6
Weiterer Titel 
Stürmische Zeiten. Ökumene - Baltikum

Erschienen
Zürich 2023: Selbstverlag
Preis
Jahresabonnement CHF 95,00 / EUR 81,00; Abo für Studierende CHF 50,00 / EUR 42,00; Einzelheft CHF 15,00 / EUR 13,00

 

Kontakt

Institution
Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW)
Abteilung
Institut G2W
Land
Switzerland
PLZ
8002
Ort
Zürich
Straße
Bederstr. 76
Von
Regula Zwahlen, RGOW, Religion & Gesellschaft in Ost und West (RGOW)

Estland, Lettland und Litauen zählen zu den engagiertesten Unterstützern der Ukraine innerhalb der EU. Bereits vor dem 24. Februar 2022 haben sie auf das Aggressionspotential des Putin-Regimes hingewiesen. Heute versuchen sie der russischen Bedrohung unter anderem auf außen-, innen- und sicherheitspolitischer Ebene zu begegnen und einen adäquaten Umgang mit dem sowjetischen Erbe zu finden. Insbesondere ist auch die Erwartung an die orthodoxen Kirchen im Baltikum groß, sich deutlich von der Kriegslegitimierung durch das Moskauer Patriarchat distanzieren.

Inhaltsverzeichnis

ÖKUMENE

Cyril Hovorun: Wie man kein „Potemkinsches Dorf“ der Ökumene und der Friedensstiftung bauen sollte
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine hat der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) eine neue Friedensmission gestartet, um die beiden ukrainischen orthodoxen Kirchen und das Moskauer Patriarchat an einen Runden Tisch zu bringen. Der Autor setzt sich kritisch mit der Initiative und dem bisherigen Engagement des ÖRK auseinander. Die Stellungnahmen des ÖRK kranken immer wieder daran, dass sie Opfer und Täter auf eine Stufe stellen. Die Treffen von ÖRK-Delegationen mit Patriarch Kirill bieten diesem zudem die Chance, seine Propaganda weltweit zu verbreiten. Aufgrund des Desinteresses des Moskauer Patriachats an einem echten Dialog wäre ein Runder Tisch nur mit beiden ukrainischen orthodoxen Kirchen sinnvoller.

BALTIKUM

Sebastian Rimestad: Zerreißprobe – die orthodoxen Kirchen im Baltikum und der Ukraine-Krieg
Die Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine durch das Moskauer Patriarchat hat auch in den orthodoxen Kirchen im Baltikum zu Verwerfungen geführt. In Litauen sind einige Geistliche vom Moskauer Patriarchat zum Patriarchat von Konstantinopel übergetreten, so dass sich eine Situation wie in Estland andeutet. In Lettland versucht sich die Kirchenführung apolitisch zu geben. In allen drei Ländern steigt der öffentliche Druck auf die Kirchen, sich eindeutig gegen den Angriffskrieg zu positionieren.

Dovilė Jakniūnaitė: Gemeinsam stark. Baltische Kooperationen und Sicherheitspolitik
Trotz ihrer beschränkten Ressourcen zählen Estland, Lettland und Litauen zu den engagiertesten Unterstützern der Ukraine innerhalb der EU und der NATO. Die Sorge um die eigene Sicherheit hat die regionale Kooperation und diejenige mit den NATO-Partnern vertieft. Die baltischen Staaten versuchen zudem von Russland energieunabhängig zu werden und investieren in die Abwehr von medialer Propaganda aus Russland.

Aleksandra Kuczyńska-Zonik: Auf Abstand. Außen- und innenpolitische Abgrenzung von Russland im Baltikum
Die baltischen Länder unterstützen die Ukraine auf vielfache Weise und haben eine scharfe Abgrenzung von Russland vollzogen. Die diplomatischen Beziehungen wurden herabgestuft und zahlreichen kremlnahen Medien die Sendelizenz entzogen. Die russischsprachigen Minderheiten in den baltischen Ländern reagieren ambivalent auf diesen Kurs: Neben Zustimmung gibt es auch Kritik und Befürchtungen um sozialen Abstieg.

Laura Ingerpuu: Umstrittener Umgang. Sowjetarchitektur in Estland
In den baltischen Staaten hat Russlands Krieg gegen die Ukraine die Debatten um den Umgang mit dem sowjetischen Architekturerbe neu entfacht. In allen drei Ländern wurden 2022 zahlreiche Monumente aus der Sowjetzeit entfernt. In Estland ist sogar von einem „Krieg gegen rote Denkmäler“ die Rede. Insbesondere mit Bezug auf ganze Gebäude und Stadtteile wird diskutiert, ob deren Zerstörung die einzig gültige Form von Vergangenheitsbewältigung ist.

BELARUS

Natalija Zenger: Vereinzelter Protest. Die Belarusische Orthodoxe Kirche und der Krieg
Russlands Krieg gegen die Ukraine, der auch von belarusischem Territorium aus geführt wird, hat Widerspruch unter orthodoxen Gläubigen ausgelöst. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen blieb jedoch die orthodoxe Kirche stumm und kooperiert weiter mit dem Staat. Das gesellschaftliche Ansehen der Kirche leidet darunter, und manche Priester und Gläubige wenden sich von ihr ab.

BUCHANZEIGEN

Aleksandra Konarzewska, Schamma Schahadat, Nina Weller (Hg.): „Alles ist teurer als ukrainisches Leben“ Texte über Westsplaining und den Krieg. Berlin 2023

Vladas Sirutavičius, Darius Staliūnas, Jurgita Šiaučiūnaitė-Verbickienė (eds.): The History of Jews in Lithuania. From the Mitddle Ages to the 1990s. Paderborn 2020

Sarah Riccardi Swartz: Between Heaven and Russia. Religious Conversation and Political Apostasy in Appalachia. New York 2022

Liliya Berezhnaya (Hg.): Die Militarisierung der Heiligen in Vormoderne und Moderne. Berlin 2020

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