Religion und Gesellschaft in Ost und West 50 (2022), 2

Titel der Ausgabe 
Religion und Gesellschaft in Ost und West 50 (2022), 2
Weiterer Titel 
Neuaufstellung. Zentralasien nach dem Machtwechsel in Afghanistan

Erschienen
Zürich 2022: Selbstverlag
Preis
Jahresabonnement CHF 95,00 / € 81,00; Abo für Studierende CHF 50,00 / € 42,00; Einzelheft CHF 15,00 / € 13,00

 

Kontakt

Institution
Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW)
Land
Switzerland
c/o
Institut G2W Bederstr. 76 CH-8002 Zürich
Von
Regula Zwahlen, RGOW, Religion & Gesellschaft in Ost und West (RGOW)

In Zentralasien werden die Karten neu gemischt. Die Machtübernahme der Taliban und der Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan, die Unruhen in Kasachstan sowie der Regimewechsel in Kirgistan – in Zentralasien kündigen sich innen- wie außenpolitisch Neuaufstellungen an. Die Anfang des Jahres ausgebrochenen Massenproteste im größten zentralasiatischen Land Kasachstan haben eine Region wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt, die zumeist im Windschatten internationaler Aufmerksamkeit liegt. Die Hintergründe sind zwar noch nicht geklärt, doch zeigen die Proteste, dass die Frustration der Bevölkerung über die autoritären Regime in der Region und die grassierende Korruption wächst.

Mit dem Rückzug der USA haben sich auch die geopolitischen Gewichte in der Region verschoben: Russland und China versuchen ihren Einfluss zu vergrößern – die offene Frage ist, ob die beiden Großmächte kooperieren oder neue Konfliktlagen entstehen.
Alle Beiträge zeigen: Zentralasien ist in Bewegung – es lohnt sich genauer hinzuschauen.

Inhaltsverzeichnis

Andrej Grischin: Der Alte tritt ab. Offene Fragen nach den Unruhen in Kasachstan
Anfang Januar entzündeten sich in Kasachstan landesweite Proteste an gestiegenen Gaspreisen. Die zunächst friedlichen Kundgebungen schlugen in Gewalt um, die Sicherheitskräfte schossen auf Demonstranten und folterten Verhaftete. Es gibt Hinweise auf eine Verwicklung von Sicherheitskräften und Familienmitgliedern des früheren Präsidenten in die Unruhen. Der aktuelle Präsident Tokajev beschuldigt zwar ausländische Terroristen, begann aber gegen seinen Vorgänger und dessen Umfeld vorzugehen.

Arkady Dubnov: Gestiegener Einfluss. Russland und Zentralasien nach dem Sieg der Taliban
Den Rückzug der USA und der NATO aus Afghanistan versucht Russland in seinem Sinne auszunutzen. Zum einen geht es darum, den Einfluss der USA in der Region zu minimieren, und zum anderen die zentralasiatischen Staaten enger an Moskau zu binden. Usbekistan weigert sich jedoch weiterhin, der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit beizutreten.

Timothy Nunan: Fehlgeschlagenes Experiment. Afghanistan als Bühne sowjetischer Entwicklungskonzepte
In Afghanistan prallten im Kalten Krieg verschiedene Vorstellungen aufeinander, wie das Land zu modernisieren sei. Die Sowjetunion leistete materielle Unterstützung und versuchte eine schlagkräftige kommunistische Partei aufzubauen. Enttäuscht vom sowjetischen Einmarsch in Afghanistan unterstützten westliche Hilfswerke den afghanischen Widerstand medizinisch und mit Informationskampagnen.

Vassily Klimentov: Wachsende Bedrohung? Die Taliban und der Islamismus in Zentralasien
Seit dem Ende der Sowjetunion wird immer wieder eine islamistische Gefahr in Zentralasien beschworen. Die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat dieser Sorge neue Nahrung gegeben. Doch dieses Bedrohungsszenario dient vor allem den autokratischen zentralasiatischen Herrschern zur Machtlegitimation.

Beate Eschment: Taktisches Manöver. Tadschikische Reaktionen auf den Sieg der Taliban
Die tadschikische Regierung hat als einzige der zentralasiatischen Republiken mit deutlichen Worten auf die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan reagiert. Einerseits warnte sie vor einer islamistischen Bedrohung aus dem südlichen Nachbarland, andererseits gerierte sich der tadschikische Präsident als Schutzherr aller Tadschiken. Beide Diskurse gelten jedoch nicht den Problemen Afghanistans, sondern vor allem dem eigenen Machterhalt der politischen Elite in Duschanbe.

Brian G. Carlson: Die Taliban im Fokus Chinas und Russlands
Die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan könnte das Verhältnis zwischen China und Russland ernsthaft auf die Probe stellen. Einerseits besteht die Möglichkeit der Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit, unter anderem in regionalen Sicherheitsangelegenheiten. Andererseits kann sich die Beziehung der beiden Staaten wegen divergierender Interessen aber auch verschlechtern.

Shairbek Dzhuraev: Neuer Wein in alten Schläuchen. Politischer Machtwechsel in Kirgistan
In Kirgistan hat im Herbst 2020 zum dritten Mal seit der Unabhängigkeit des Landes ein Machtwechsel nach Massenprotesten stattgefunden. Die neuen Machthaber sind von einem semipräsidentiellen zu einem präsidentiellen System zurückgekehrt. An der Kombination aus Opportunismus, illiberalen politischen Werten und korruptem Gebaren unter den politischen Eliten hat sich jedoch nichts wesentlich verändert.

Andrej Grischin: Verweigerte Hilfe. Kasachstan und die kasachische Minderheit in China
Von der gewaltsamen Assimilierungspolitik Chinas in Xinjiang sind neben den Uiguren auch andere muslimische Minderheiten wie Kasachen und Kirgisen betroffen. Aufgrund der engen Handelsbeziehungen mit China ignoriert die kasachische Regierung jedoch das Problem. Erst auf gesellschaftlichen Druck hat sie bessere Ausreisebedingungen für die kasachische Minderheit in China erwirkt. Menschenrechtler, die sich für die Kasachen in China einsetzen, werden ins Exil gedrängt.

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