Sportzeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 13 (2013), 3

Titel der Ausgabe 
Sportzeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 13 (2013), 3
Weiterer Titel 
Revierderby; DDR-Sport und Medien; Sport im Ersten Weltkrieg

Erschienen
Göttingen 2013: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
1617-7606
Preis
Abonnement € 27,60; Studierende € 19,95; Einzelheft € 9,70 jeweils zzgl. Versandkosten

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Derbys sind für Fans und Medien die Höhepunkte einer jeden Sportsaison. Im Fußball ist das derzeit bekannteste und sicherlich medial am aufwendigsten und intensivsten begleitete Derby das ‚Revierderby‘. Im weiteren Sinne bezeichnet das ‚Revierderby‘ das Aufeinandertreffen zweier Vereine aus dem Ruhrgebiet. Nachdem jedoch mit Borussia Dortmund und Schalke 04 nur noch zwei Vereine aus dem unmittelbaren Ruhrgebiet in der Fußball-Bundesliga vertreten sind, werden mit ‚Revierderby‘ aber nur noch die Spiele zwischen diesen beiden Vereinen assoziiert, zumal Borussia Dortmund und Schalke 04 über eine sehr große Fangemeinde verfügen und die erfolgreichsten Vereine dieser Region sind.

Ursprünglich geht der Begriff ‚Derby‘ zurück auf eine Vorform des Fußballspiels aus dem 12. Jahrhundert: ein Duell zwischen den beiden Nachbargemeinden St. Peter’s und All Saints im englischen Derby. Das Spiel, für das es nur sehr wenige Regeln gab, fand traditionell am Fastnachtsdienstag statt. Da beide Tore über drei Meilen auseinanderlagen, kann von einem Fußballspiel im heutigen Sinne keine Rede sein, zumal auch die Zahl der Spieler nicht begrenzt war und zeitweise mehrere hundert Menschen beteiligt waren. Massenschlägereien waren an der Tagesordnung. Es war ein „folk game“ (Dunning), das mit einem ballähnlichen Spielobjekt, etwa her-gestellt aus einer Schweinsblase, mit Händen und Füßen, ja mit ganzem Körpereinsatz gespielt wurde! Der Begriff ‚Derby‘ als Kennzeichnung für ein Spiel zweier Vereine aus einer Stadt oder einer Region ist eine Prägung der Moderne.

In ihrem Beitrag „Schalke 04 gegen Borussia Dortmund: 1947–2007“ gehen Andreas Luh und Paul Nierhaus (Bochum) der Geschichte dieses Revierderbys in fünfzig Jahren Nachkriegsgeschichte des deutschen Fußballs nach und fragen nach „Mythos und/oder Wirklichkeit“. Seit wann werden die Begegnungen zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 überhaupt als ‚Derby‘ wahrgenommen und wie entwickelte sich die besondere Emotionalität? Gibt es Zusammenhänge zwischen der Identitätsbildung im Ruhrgebiet und der Wahrnehmung der sportlichen Begegnungen als Revierderby? Welchen Einfluss haben die modernen Medien auf die öffentliche Wahrnehmung dieser sportlichen Begegnungen? Diese und weitere Fragen stehen im erkenntnisleitenden Interesse der Untersuchung von Luh und Nierhaus. Grundlage ihrer Analyse bilden in erster Linie Berichte in der ‚Westdeutschen Allgemeinen Zeitung‘.

Eine Medienanalyse steht auch im Mittelpunkt des Beitrages von Laurens Form (Mainz): „‘Im Blick des Zweiten‘ – die Berichterstattung über das Leistungssportsystem der DDR im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF)“. Das „Sportwunder DDR“ ist seit der friedlichen Revolution Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, die sich in erster Linie auf die quellenmäßigen Überlieferungen in den verschiedenen nationalen, regionalen und lokalen Archiven stützen. Wie aber wurde das Leistungssportsystem der DDR, insbesondere die Erfolge der Athletinnen und Athleten bei Olympischen Spielen und internationalen Meisterschaften, die Förderung des leistungssportlichen Nachwuchses in den bundesdeutschen Medien dargestellt? Laurens Form beschränkt sich bei seiner Analyse auf die Sendungen des ZDF und kommt bei seiner Erhebung der Sendungen zum Leistungssportsystem und zum Nachwuchsleistungssport in den Jahren 1963 bis 1992 auf insgesamt „14 journalistische Darstellungsformen“ zum genannten Thema. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass zwar in unterschiedlichen Sendeformaten die Themen Leistungssport und Nachwuchsschulung in der DDR dargestellt wurden, eine kritische Auseinandersetzung und Einordnung u.a. von Aussagen von DDR-Sportfunktionären teilweise verpasst wurde. So blieben Informationen über die immensen finanziellen Aufwendungen der DDR für ihr Leistungssportsystem im Dunkeln ebenso wie Informationen und kritische Fragen zum Doping.

Über die Geschichte des Sports in der Zeit des Ersten Weltkrieges in Deutschland sind in den letzten Jahren zwei zentrale Arbeiten von Peter Tauber und Jürgen Court erschienen. Über die Entwicklung des Sports in Österreich in dieser Zeit liegen dagegen bislang keine Untersuchungen vor. Diese Lücke versucht Matthias Marschik (Wien) mit einem ersten Beitrag „Auf dem Weg zur Massenkultur. Sport in Wien im Ersten Weltkrieg“ zu schließen. Er geht der Frage nach, wie sich der Sport in Wien in den vier Kriegsjahren qualitativ gewandelt hat, und wie es zu dem massiven quantitativen Entwicklungsschub nach 1981 gekommen ist. Matthias Marschik stützt sich bei seiner Analyse auf Berichte in zeitgenössischen Zeitungen, vor allem der ‚Allgemeinen Sport-Zeitung‘ und des ‚Illustrierten Sport-Blattes‘
In dem umfangreichen Besprechungsteil wird eine breite thematische Palette sporthistorischer Veröffentlichungen vorgestellt. Kurt Schilde (Berlin) widmet sich der Überlebensgeschichte des jüdischen Boxers Hertzko Haft sowie der Biografie des jüdischen Fußballnationalspielers Julius Hirsch. Der Beruf des Bergführers ist Gegenstand einer kulturhistorischen Betrachtung, die Martin Krauß (Berlin) in den Blick nimmt. Und auch die Geschichte des Frauenfußball bleibt – trotz 50 Jahre Fußball-Bundesliga der Männer – im Blickpunkt des sporthistorischen Interesse. Carolin Braun (Karlsruhe) stellt die neueste Publikation vor. „You’ll never walk alone“ – diese weitverbreitete Hymne des Fußballs hat eine interessante und nicht nur fußballspezifische Geschichte, wie Swantje Scharenberg (Karlsruhe) aus sporthistorischer und Sointu Scharenberg (Stuttgart) aus musikwissenschaftlicher Sicht aufzeigen. Im Jahre 2013 feierte die Internationale Arbeitersportbewegung ihr 100jähriges Jubiläum, zu dem eine umfangreiche Festschrift herausgegeben wurde, die Arnd Krüger vorstellt.

In diesem Heft beleben wir wieder die Rubrik „Für Sie gelesen“ und stellen für unsere Leserinnen und Leser sporthistorische Beiträge aus verschiedenen Sammelbänden und Zeitschriften vor. Die Übersicht über „Neuerscheinungen“ und die Vorstellung der „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ des Heftes beschließen diese Ausgabe.

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Luh, A./Nierhaus, P.
Schalke 04 gegen Borussia Dortmund: 1947–2007. Mythos und/oder Wirklichkeit des Revierderbys
7

Form, L.
„Im Blick des Zweiten“ – die Berichterstattung über das Leistungssportsystem der DDR im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF)
41

Marschik, M.
Auf dem Weg zur Massenkultur. Sport in Wien im Ersten Weltkrieg
57

Besprechungen

Schilde, K.
HAFT, A.S.: Eines Tages werde ich alles erzählen. Die Überlebensgeschichte des jüdischen Boxers Hertzko Haft. Die Werkstatt: Göttingen 2009.

SKRENTNY, W.: Julius Hirsch. Nationalspieler. Ermordet. Biografie eines jüdischen Fußballers. Die Werkstatt: Göttingen 2012.
83

Krauß, M.
HUNGERBÜHLER, A.: „Könige der Alpen“. Zur Kultur des Bergführerberufs. transcript: Bielefeld 2013.
85

Braun, C.
BAUSENWEIN, C.: Das große Buch vom Frauenfußball. Die Werkstatt: Göttingen 2013.
86

Scharenberg, S./Scharenberg, S.
OBERSCHELP, M.: Die Hymne des Fußballs. „You’ll never walk alone“. Eine Kulturgeschichte. Die Werkstatt: Göttingen 2013.
88

Krüger, A.
OLIN, K. (HRSG.): Sport, Peace and Development. International Worker Sport 1913–2013. A Fest-schrift Book in Honour of International Workers and Amateurs in Sports Confederation. CSIT: Wien 2013.
90

Für Sie gelesen
96

Neuerscheinungen
102

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
105

Nachruf Prof. Dr. Bernard Woltmann
106

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