SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 6 (2006), 3

Titel der Ausgabe 
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 6 (2006), 3
Weiterer Titel 
Sport in der Zeit des Nationalsozialismus, Sport und Kalter Krieg, Jüdischer Sport

Erschienen
Göttingen 2006: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
Anzahl Seiten
108 S.
Preis
9,70 €

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Biografische Studien über Politiker, Künstler, Sportler haben in den letzten Jahren wieder Konjunktur, wobei in der modernen biografischen Forschung die behandelte Person zwar weiterhin im Mittelpunkt der historischen Betrachtung und Analyse steht, politische, gesellschaftliche und persönliche Entwicklungsprozesse aber stärker dazu in Beziehung und ins Verhältnis gesetzt werden.
Die handelnden Personen der Gestaltung und Umgestaltung des Sports in Österreich vor und nach dem ‚Anschluss’ an das nationalsozialistische Deutschland sind noch weitgehend unbekannt. Mit „Friedrich Rainer“ stellt Matthias Marschik/Wien den obersten „Sportführer der ‚Ostmark’“ vor. Rainer war einer der politischen Wegbereiter Hitlers für die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich. Er war später NSDAP-Gauleiter und Landeshauptmann von Kärnten, gleichzeitig war er auch oberster Sportführer des Gaues ‚Ostmark’ und nach dem Tode von Tschammers und Ostens als dessen Nachfolger im Gespräch. Die sportliche und sportpolitische Seite von Rainers Tätigkeiten wurde in den bisherigen zeithistorischen Untersuchungen weitgehend ausgeblendet. In seinen „vorläufigen Anmerkungen zur Biografie eines politischen Sportlers“ analysiert Marschik die sportliche und politische Sozialisation und Tätigkeit von Rainer und setzt sie zueinander ins Verhältnis.

Eines der Ziele jüdischer Emigranten aus dem nationalsozialistischen Deutschland waren die USA. Eine Einreisegenehmigung bedeutet die Rettung vor dem nationalsozialistischen Terror und dem Holocaust. Unter den europäischen Emigranten spielte der Fußballsport eine große Rolle. So kam es in New York schnell zur Bildung von eigenen Fußballligen. In seinem Beitrag „Unsere Jungens waren hungrig nach Wettspielen“ zeichnet Jim G. Tobias/Nürnberg die Geschichte des „Fußballklubs der deutsch-jüdischen Emigrantenzeitung Aufbau“ in den 40er Jahren nach.

Die Gesamtdeutschen Olympiamannschaften in den Jahren zwischen 1956 und 1964 sind zweifellos Ausnahmeerscheinungen in den vom Kalten Krieg geprägten deutsch-deutschen Beziehungen. Wie auf kaum einem anderen Feld führte der olympische Sport Vertreter aus Ost und West sehr früh wieder an einen Tisch. Jan C. Rode/Hannover untersucht die besondere „Beziehungsgeschichte im Kalten Krieg: Das gesamtdeutsche Olympiateam“. Eine besondere Rolle spielte in dieser Beziehungsgeschichte der westdeutsche Sportfunktionär Willi Daume als Mittler zwischen staatlichen Interessen und sportlicher Autonomie und Selbstverwaltung.
Josef Ulfkotte/Dorsten stellt ein Ergebnis gemeinsamer Recherchen und Arbeit mit dem verstorbenen Kollegen Eberhard Kunze/Bielefeld vor, die uns in das beginnende 19. Jahrhundert führt: Einen bislang unbekannten Brief des Glashüttenmeisters J.M. Strecker an Fr. L. Jahn aus dem Jahre 1806 „...Sie kennen meine, und ich Ihre Denkungsahrt...“. Jahn hatte im Herbst 1804 eine Stelle als Hauslehrer in der Familie Strecker übernommen. In der Zeit bis zu seinem Abschied im Oktober 1805 hatten sich freundschaftliche Beziehungen zwischen Jahn und Strecker entwickelt, die auch in den nächsten Jahren weiterhin Bestand hatten, wie der bislang unbekannte Brief zeigt. Ulfkotte und Kunze legen diesen Brief in transkribierter und kommentierter Form vor.

In den letzten Monaten hat es eine Reihe sporthistorisch interessanter Tagungen und Ausstellungen gegeben, über die wir in diesem Heft berichten und die nicht alle dem Thema Fußball gewidmet sind.

Im diesmal wieder sehr umfangreich ausgefallenen Besprechungsteil wird ebenso ein breites Spektrum an sportarthistorischer und autobiografischer Literatur vorgestellt, wobei das Fußballspiel wieder einen kleinen Schwerpunkt aufweist – allerdings aus sehr ungewöhnlichen Perspektive. Im Mittelpunkt steht jedoch die Sammelbesprechung der Schriftenreihe „Sport. Leistung. Persönlichkeit“, die sich in zahlreichen Schriften aus der Feder ehemaliger Trainer, Funktionäre und Wissenschaftler aus der DDR der Geschichte des Sports in der DDR widmet.

Unter „Für Sie gelesen“ können wir unseren Leserinnen und Lesern in diesem Heft etwas umfänglicher Einblick geben in sporthistorische Beiträge, die in anderen Zeitschriften und Sammelbänden erschienen sind „Mitteilungen“ und „Neuerscheinungen“ beschließen – wie gewohnt – auch diese Ausgabe von ‚SportZeiten’.

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Marschik, M.: Friedrich Rainer – Sportführer der 'Ostmark'. Vorläufige Anmerkungen zur Biografie eines politischen Sportlers

Tobias, J. G.: „Unsere Jungens waren hungrig nach Wett-spielen“. Der Fußballklub der deutsch-jüdischen Emigrantenzeitung Aufbau

Rode, J. C.: Eine Beziehungsgeschichte im Kalten Krieg: Das gesamtdeutsche Olympiateam

Eberhard Kunze /Josef Ulfkotte: „...Sie kennen meine, und ich Ihre Denkungsahrt…“ - Ein unbekannter Brief des Glashüt-tenmeisters J.M. Strecker an F.L. Jahn aus dem Jahre 1806

Berichte:

Fleischle-Braun, C.: Auf den Spuren der Dresdner Tanzavantgarde, ein Bericht über die Tagung „Mary Wigman und die Folgen“

Bruns, A.: Bericht über den XI. Kongress der europäischen Sporthistoriker (CESH) vom 16.-20.9.06 in Wien

Peiffer, L.:„Hosted by the Krauts“. Symposium vom 06.-07.07.06 im Haus der Wannsee-Konferenz Berlin

Kuhlmann, D.: Ständige Ausstellung zur Deutschen Geschichte in Berlin. Über 8.000 Bilder und Zeugnisse aus zwei Jahrtausenden

Peiffer, L.: „Kicker, Kämpfer, Legenden. Juden im deutschen Fußball“. Ausstellung in der Neuen Synagoge Berlin – Centrum Judaicum vom 13.09.-15.12.06

Besprechungen:

Spitaler, G.: MARSCHIK, M.: Massen, Mentalitäten, Männlich-keit. Fußballkulturen in Wien. Enzyklopädie des Wiener Wissens Band I. Weitra: Verlag Bibliothek der Provinz 2006, 160 S., 18,00 €.

Herzog, M.: CARDORFF, P. / BÖTTGER, C.: Der letzte Pass. Fußballzauber in Friedhofswelten – Zuschauer erwünscht. Verlag Die Werkstatt: Göttingen 2005, 207 S., 19,80 €.

Krüger, A.: Sammelbesprechung der Schriftenreihe „Sport. Leistung. Persönlichkeit“. Karsten SCHUMANN & Ronny GARCIA (Hrsg.)(Redaktion Ulrich Pfeiffer): Sport, Leistung. Persönlichkeit. Herausgege-ben von Elite. Gesellschaft für leistungsorientierte Führung. Schkeuditz: GNN Verlag. Seit 2002 jährlich 2 Bände.

Scharenberg, S.: Sport in Karlsruhe. Von den Anfängen bis heute. Hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunche und Volker Steck; Karlsruhe 2006.

Peiffer, L.: Stiller, E. (Hrsg.): Literatur zur Geschichte des Arbeitersports in Deutschland von 1892 bis 2005. Eine Bibliographie. Trafo Verlag: Berlin 2006, 333 S., 39,90 €.

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