SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 11 (2011), 1

Titel der Ausgabe 
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 11 (2011), 1
Weiterer Titel 
DDR-Sport; Geschichte des Fußballspiels; Turngeschichte

Erschienen
Göttingen 2011: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
1617-7606
Anzahl Seiten
96 S.
Preis
9,70 €

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Das erste Heft des 11. Jahrganges von ‚SportZeiten‘ weist mit jeweils zwei Beiträgen zur Geschichte des Sports in der DDR sowie zur Geschichte des Fußballsports zwei kleine Schwerpunkte aus, die ergänzt werden durch einen Beitrag zur Geschichte der deutschen Turnbewegung zur Zeit des Kaiserreiches.

Andreas Müller/Werdau untersucht in seinem Beitrag „Von der ‚Körperkulturistik‘ zum Fitnesstraining“ die „Geschichte eines Transformationsprozesses im DDR-Volkssport“. In der DDR bezeichnete man als „Kulturistik“, „Körperkulturistik“ bzw. auch „Kraftsport“ in den Jahren zwischen 1960 und 1990 eine Sportart, die entsprechend dem heutigen Verständnis Bodybuilding, Powerlifting und Fitnesstraining mit einschloss. Unter besonderer Berücksichtigung der sportpolitischen und ökonomischen Rahmenbedingungen sowie der aus dem Ausland wirkenden Einflüsse zeigt Müller die Entwicklung der Körperkulturistik in der DDR seit den 1960er Jahren bis zur ‚Friedlichen Revolution‘ des Jahres 1990 auf.

Vor dem Hintergrund des ‚Kalten Krieges‘ und der zunehmenden Westorientierung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland unter der Kanzlerschaft von Konrad Adenauer initiierte die politische Führung der Deutschen Demokratischen Republik die Kampagne ‚Deutsche an einen Tisch‘, um ihre eigene Deutschlandpolitik argumentativ und öffentlichkeitswirksam zu propagieren. In diesem Zusammenhang spielte auch der Sport eine nicht zu unterschätzende Rolle. In seinem Beitrag „Die deutsche Sportwissenschaft im Spannungsfeld der Deutschlandpolitik Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts“ untersucht Wolfgang Buss/Göttingen die Geschichte des ersten und gleichzeitig letzten Treffens der Direktoren der Institute für Leibesübungen aus Ost- und Westdeutschland. Wurde vordergründig als Ziel des Treffens der gegenseitige Informationsaustausch formuliert, so war jedoch das Thema der deutschen Teilung und die allgemeine politische Entwicklung in Ost und West stets virulent.

Am 26. Juni beginnt in Deutschland die FIFA-Frauen-Weltmeisterschaft. Auf dieses fußballerische Großereignis, das nach den Vorstellungen des Deutschen Fußball-Bundes als Gastgeber im Anschluss an die erfolgreiche Fußball-Weltmeisterschaft der Herren im Jahre 2006 zu einem zweiten ‚Sommermärchen‘ werden soll, möchten wir unsere Leserinnen und Leser mit zwei Beiträgen, die die globale Welt des Fußballs in den Blick nehmen, einstimmen.

Diethelm Blecking verortet in seinem Essay „Fußball in Deutschland als ethno-heterogene Geschichte“ die deutsche Fußballgeschichte unter einem migrationsgeschichtlichen Blickwinkel. So weist er nach, welch ethnische Vielfalt den deutschen Fußball in seinen Anfängen prägte, bis nationalistisch-völkische Kräfte in der Weimarer Zeit und schließlich endgültig im Nationalsozialismus die Oberhand gewannen und diverse Minderheiten aus dem deutschen Fußball verdrängten. Eine Wiederbelebung der multiethnischen Vielfalt im deutschen Fußball konstatiert Blecking erst seit der Jahrtausendwende, als ein ’Modernisierungsschub’ innerhalb des DFB eingesetzt habe.

Trotz seiner Eigenweltlichkeit und Eigengesetzlichkeit war und ist auch die Welt des Fußballs in ihrer geschichtlichen Entwicklung permanent gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Einflüssen ausgesetzt. Werner Hägele/München geht in seinem Beitrag „Die national-globale Welt des Fußballs“ der Frage nach, „inwieweit sich im historischen Vergleich von nationaler Moderne (20. Jahrhundert) und globaler Postmoderne (seit den 1970er Jahren) das Verhältnis von Nationalität und Internationalität im Fußball gewandelt hat“.

Im Gegensatz zur Internationalität der Welt des Fußballs war die Deutsche Turnbewegung nationalen Symbolen, Werten und Klischees verpflichtet. Selbst liberale Tendenzen werden ihr für die Zeit des deutschen Kaiserreiches von Historikern wie Dieter Düding abgesprochen. In seiner regional-spezifischen Studie „National oder liberal? Politische Tendenzen der Turnvereinsbewegung im Fürstentum Lippe 1860-1914“ untersucht Florian Lueke/Detmold politische Orientierungen und Strömungen in der Turnbewegung am Beispiel der Turnvereine im Fürstentum Lippe. Auf der Grundlage umfangreicher zeitgenössischer Quellen weist Lueke nach, dass insbesondere die sozialen Unterschiede in den Vereinen zu zahlreichen Verwerfungen innerhalb der Vereinsmitgliedschaften geführt haben, die durch ‚nationale‘, ‚vaterländische‘ und ‚patriotische Rhetorik‘ nicht überdeckt wer-den konnten. Abspaltungen und anschließende Neugründungen von Vereinen wurden zu einem Charakteristikum der Turnbewegung in Lippe in den 1890er Jahren.

Der Besprechungsteil fällt dieses Mal vom Umfang etwas schmaler aus. Gleichwohl werden mit dem ‚Buch‘ über den FC St. Pauli und seine Einbindung in das Hamburger Hafenviertel, über die Sportikonen der 1930er Jahre Elly Beinhorn und Bernd Rosemeyer sowie über die Geschichte des jüdischen Sports in Deutschland drei überaus interessante Bücher vorgestellt.

‚Mitteilungen‘, ‚Für Sie gelesen‘, die Zusammenstellung von ‚Neuerscheinungen’ sowie die Übersicht über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Heftes beschließen diese Ausgabe von ‚SportZeiten’.

Im Anhang veröffentlichen wir unsere Hinweise für Autorinnen und Autoren, die auch bei dem geschäftsführenden Herausgeber angefordert werden können.

Last but not least können wir mit Dr. Arne Göring vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Göttingen einen neuen, jungen Kollegen im Kreis der Herausgeber begrüßen. Wir freuen uns auf eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit. Gleichzeitig möchten wir uns bei Prof. Dr. Hans Joachim Teichler bedanken, der auf eigenen Wunsch als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats ausscheidet.

Lorenz Peiffer

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Müller, A.
Von der „Körperkulturistik“ zum Fitnesstraining. Zur Geschichte eines Transformationsprozesses im DDR-Volkssport
7

Buss, W.
Die deutsche Sportwissenschaft im Spannungsfeld der Deutschlandpolitik Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Das Treffen der Institutsdirektoren aus Ost- und Westdeutschland
25

Blecking, D.
Fußball in Deutschland als ethno-heterogene Geschichte - Ein Essay
39

Hägele, W.
Die national-globale Welt des Fußballs
51

Lueke, F.
National oder liberal? Politische Tendenzen in der Turnvereinsbewegung im Fürstentum Lippe 1860-1914
61

Besprechungen

Zimmermann, M.
WILDMANN, D.: Der veränderbare Körper. Jüdische Turner, Männlichkeit und das Wiedergewinnen von Geschichte in Deutschland um 1900. Tübingen 2009.
81

Brändle, F.
NAGEL, C./PAHL, M. unter Mitarbeit von J. KREUZER UND J. SCHEMMER: FC St. Pauli. Das Buch. Der Verein und sein Viertel. Hamburg 2009.
82

Schilde, K.
FRILLING, CHR.: Elly Beinhorn und Bernd Rosemeyer - Kleiner Grenzverkehr zwischen Resistenz und Kumpanei im Nationalsozialismus. Studien zu Habitus und Sprache prominenter Mitläufer. Frankfurt a.M.: Peter Lang Verlag 2009
84

Für Sie gelesen
86

Mitteilungen
91

Neuerscheinungen
94

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
96

Hinweise an Autorinnen und Autoren
97

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