Horch und Guck widmet sich im neuen Heft dem bewaffneten antikommunistischen Widerstand in Osteuropa. Bisher wurde dieses Thema, sowie die Zeit vom Ende des 2. Weltkriegs bis zur Stabilisierung der kommunistischen Regierungen in Deutschland nur wenig erforscht und diskutiert. Gründe sind dafür u. a. die unbefriedigende Quellenlage, mangelnde Sprachkenntnisse und das geringe Interesse für osteuropäische Themen. Zudem ist die Überlieferung oft nicht sonderlich vertrauenswürdig. Die Schauplätze und Merkmale des bewaffneten Nachkriegswiderstands in Osteuropa können aber auch hier allenfalls beispielhaft dargestellt werden. Bernhard Chiari konzentriert sich in seinem Beitrag über die Heimatarmee in Polen auf die Zeit der deutschen Okkupation, Ruth Leiserowitz zeichnet ein differenziertes Bild von den Waldbrüdern in Litauen, Petr Blažek schildert zusammenfassend den in der Tschechoslowakei überwiegend friedlich agierenden »3. Widerstand«. Roland Hofwiler beleuchtet Hintergründe bewaffneter Widerstandsformen in Jugoslawien und deren Auswirkungen bis in die Gegenwart hinein. Schließlich erinnert Anita Treguboff an das Leben ihres Mannes, Jurij Andrejewitsch Treguboff, der sich seit den 30er Jahren für ein diktaturfreies Rußland eingesetzt hat. Dabei werden länderübergreifende Gemeinsamkeiten deutlich: in den – oft unterschiedlichen, mitunter sogar gegensätzlichen – Motiven der Widerständigen, in der verzweifelten und schließlich enttäuschten Hoffnung vieler, dass ihnen der Westen zu Hilfe komme, in der unglaublich brutalen Kriegsführung oder in der Verschleierung der Ereignisse nach den Siegen der Regierungstruppen bzw. mitunter auch Verklärung durch ehemalige Widerständler. Das Geschehen wird selbst von jenen, die den antikommunistischen Widerstand bejahen, differenziert gesehen und bewertet. Neben Hans Bergels Sicht als Zeitzeuge haben wir die Erkenntnisse William Totoks gestellt, der einer anderen Generation angehört und die Ereignisse sehr viel kritischer betrachtet – ein exemplarischer Fall, der zweifellos auch auf andere Länder zutrifft. Es werden noch erhebliche Anstrengungen nötig sein, um ein angemessenes Bild dieses Widerstandes zu erhalten. Wir möchten auch auf den Beitrag über die »Charta 77« von Tomáš Vilímek hinweisen, der eine sehr gute Übersicht über die verschiedenen Strömungen dieser Gruppierung bietet. Aus aktuellem Anlass hat Martin Jander den gegenwärtigen Streit zwischen Opferverbänden und politischen Parteien um das Gesetz zur Errichtung der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten zusammengefasst.
Bewaffneter antikommunistischer Widerstand in Osteuropa Das unbekannte Aufbegehren (Hans Bergel) 1 Vergangenheitsbewältigung zwischen Mythos und Verharmlosung (William Totok) 6 Sieg in der Niederlage? (Bernhard Chiari) 11 Waldbrüder – der bewaffnete Widerstand im Nachkriegslitauen (Ruth Leiserowitz) 14 Fotos von Waldbrüdern aus Litauen 20 Acht Jahre in der Gewalt der Lubjanka (Anita Treguboff) 28 Dritter Widerstand (Petr Blazek) 31 Jugoslawien: Einige Aspekte des bewaffneten Widerstands gegen den Titoismus (Roland Hofwiler) 36
Feuilleton Zwei Mann am Tisch (Teet Kallas) 22
Themen Charta 77: Zielstellung und Probleme (Tomás Vilímek) 39 Anmerkungen zu Manfred »Kiste« Rinke, dem IM »Raffelt« (Christian Halbrock) 46 Rote Nelken für Havemann (Carl Wilhelm Macke) 52 Die evangel. Kirchen in der DDR und die Bausoldatenverordnung von 1964 (Thomas Widera) 55
Schauplätze Christfried Berger (Wolfgang Stadthaus) 61 Waagschalen-Mentalität (Martin Jander) 66 Innenstadtverbot für Punks (Karoline Horn / Christina Poneleit) 72 Kurz notiert 73 Erlebnisse aus der Zeit danach (Nicole Glocke) 79
Erratum 73
Rezensionen Georg Herbstritt zu M. Oprea / St. Olaru »The Day We Won´t Forget« 74 Johannes Beleites zu Frank Joestel (Hg.) »Strafrechtliche Verfolgung politischer Gegner...« 77 Georg Herbstritt zu N. Glocke / E. Stiller »Verratene Kinder« und P. Boom / G. Haase-Hindenberg »Der fremde Vater« 78 Stephan Konopatzky zu Werner Stiller »Im Zentrum der Spionage« 81 Christoph Kuhn zu den Tagebüchern von Brigitte Reimann 82
Cartoon / Fundstück »Wie bekommt man alle Querulanten unter einen Hut?« (Dirk Moldt) 65 »DIE FREIDENKER« III.US
Impressum 84