sozialer sinn 10 (2009), 1

Titel der Ausgabe 
sozialer sinn 10 (2009), 1
Weiterer Titel 
Exklusion

Erschienen
Stuttgart 2009: Lucius & Lucius
Erscheint 
erscheint halbjährlich
ISBN
1439-9326
Preis
Jahresabonnement: € 66,– (ermäßigt: € 44,–)

 

Kontakt

Institution
sozialer sinn: Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung
Land
Deutschland
c/o
Redaktion: redaktion@sozialer-sinn.de
Von
Loer, Thomas

Inhaltsverzeichnis

INHALT

EXKLUSION

Wolfgang Ludwig-Mayerhofer: Exklusion als soziologisches Konzept

Chantal Magnin: Von Exklusion bedroht. Varianten der Deutung von prekären Beschäftigungsverhältnissen

Eva Nadai: Das Problem der Bodensatzrosinen. Interinstitutionelle Kooperation und die forcierte Inklusion von Erwerbslosen

Stefan Kutzner: Exklusion als Prozess. Eine exemplarische Rekonstruktion einer Migrationsbiographie

ALLGEMEINER TEIL

Hansjörg Sutter: Pädagogische Interaktion. Eine hermeneutisch-rekonstruktive Fallstudie zur kommunikativen Konstruktion der Verständigungsverhältnisse in institutionellen Kontexten der Erziehung

ZEITZEICHEN

Sascha Liebermann/Thomas Loer: „Überflüssige“, „Überzählige“, „Entbehrliche“. Konstitutionstheoretische Leerstellen, diagnostische Verkürzungen

METHODENWERKSTATT

Till-Sebastian Idel/Fritz-Ulrich Kolbe/Isabel Neto Carvalho: Praktikentheoretische Rekonstruktion videographierter Lernkultur

Stefan Mann/Jennifer Schweiger: Hermeneutisch-Rekonstruktive Praxis in einer systematisierten Politikevaluation

REZENSIONEN

Andrea Hetzel, Jens Kertscher, Marc Rölli: Pragmatismus – Philosophie der Zukunft?, Weilerwist 2008 (rezensiert von Tanja Bogusz)

Cornelia Giebeler, Wolfram Fischer, Martina Goblirsch: Fallverstehen und Fallstudien. Interdisziplinäre Beiträge zur rekonstruktiven Sozialarbeitsforschung. Leverkusen 2008 (rezensiert von Stefan Köngeter)

Ursula Streckeisen, Dennis Hänzi, Andrea Hungerbühler: Fördern und Auslesen. Deutungsmuster von Lehrpersonen zu einem beruflichen Dilemma. Wiesbaden 2007 (rezensiert von Sandra Rademacher)

Michael Hecht: Selbsttätigkeit im Unterricht. Empirische Untersuchung in Deutschland und Kanada zur Paradoxie pädagogischen Handels. Wiesbaden 2009 (rezensiert von Wolfram Meyerhöfer)

ZUSAMMENFASSUNGEN/ABSTRACTS

Wolfgang Ludwig-Mayerhofer: Exklusion als soziologisches Konzept

Seit 20 Jahren werden, jedenfalls in vielen europäischen Ländern, die Änderungen des Arbeitsmarkts und der wohlfahrtsstaatlichen Absicherung unter dem Etikett „Exklusion“ thematisiert, einem Etikett, das gerade aufgrund seiner Verbreitung auch die Kritik herausfordert, zu diffus und daher für die soziologische Analyse nicht geeignet zu sein. Der Beitrag arbeitet zunächst heraus, wie es zum Aufschwung des Exklusions-Begriffs gekommen ist. Anschließend rekonstruiert er drei Sichtweisen auf Exklusion: als rigide Separierung eines nicht mehr zugänglichen Bereichs, als Bruch des sozialen Bandes (lien social) und zuletzt als Kumulation beeinträchtigender Faktoren. Schließlich werden Versuche diskutiert, Exklusion in allgemeinen theoretischen Begriffen zu analysieren. Der Beitrag kommt zu dem Schluss, dass Exklusion auch weiterhin ein wichtiges Konzept für die Forschung darstellt; sein inflationärer und diffuser Gebrauch sollte jedoch vermieden werden.

Schlagworte: Exklusion, sozialer Ausschluss, Gesellschaftstheorie, Theorien der Exklusion, Prekarität

Exclusion – a sociological concept

For 20 years the concept of exclusion has been used, particularly in Europe, to describe the changes in labour markets and social welfare the Western world has experienced during the past decades. At the same time, the concept has been under attack for being too vague and therefore unapt to guide sociological analysis. This article traces, first, the rise of the notion of exclusion in sociological and public discourse. Next, three views of exclusion prevailing in the social sciences are delineated: as a rigid separation of a certain segment of the population from the rest of society; as rupture of the social bond; and as cumulative disadvantage. Finally, attempts at understanding exclusion in terms of general sociological theories are discussed. The article concludes that the concept of exclusion continues to be useful for analysis; however, social scientists should counteract tendencies to use it as a “one size fits all” catchword through clarifying the way the concept is employed in their research.

Keywords: Social exclusion, theory of society, theories of exclusion, precariousness

Chantal Magnin: Von Exklusion bedroht. Varianten der Deutung von prekären Beschäftigungsverhältnissen

Beruhend auf den Ergebnissen einer Studie wird im Beitrag die Frage behandelt, wie prekäre Beschäftigte ihre Arbeitssituation deuten, welche kulturellen Bewertungsmaßstäbe von Lohnarbeit sich darin ausdrücken, und in welche normativen Ordnungsvorstellungen diese eingebettet sind. Diese Frage wird im Beitrag bezogen auf zwei Fallrekonstruktionen diskutiert. Doch zunächst setzt sich die Autorin mit der aktuellen Debatte über den Exklusions-Begriff und dem Phänomen einer Prekarisierung von Lohnarbeit auseinander. Beim Vergleich der beiden Fälle zeigt sich, dass die viel diskutierte Leitfigur des unternehmerischen Selbst für prekär Beschäftigte keine geeignete Anschlussoption zur Deutung der eigenen Situation bietet. In den Deutungen manifestieren sich vielmehr verletzte Gerechtigkeitsvorstellungen und zwar unabhängig von der individuell unterschiedlichen Ausprägung einer kulturellen Bewertung von Lohnarbeit, erfolge diese nun stärker entlang des Loyalitäts- oder des Leistungsprinzips.

Schlagworte: Arbeitsmarkt, Beschäftigung, Exklusion, Gerechtigkeit, Integration

Threatened with exclusion. Variations of cultural orientations towards precarious jobs

Based on the results of a finished research project on the topic of precarious jobs the paper discusses the questions how atypically employed persons regard their working conditions, which cultural orientations towards work can be found and how they are embedded in more general normative ideas of a good life. The paper presents two cases. Before this empirical analysis, the author discusses the concepts of exclusion and precariousness of work. Then, the comparison of the two cases shows that the often discussed role model of the enterprising self cannot be connected with the everyday interpretations of atypically employed persons. Instead, the empirical results obtained from hermeneutic reconstructions demonstrate that the atypically employed person’s principles of justice are violated, and that no matter if work is interpreted in terms of the idea of loyalty or performance.

Keywords: labour market, occupation, exclusion, integration, justice

Eva Nadai: Das Problem der Bodensatzrosinen. Interinstitutionelle Kooperation und die forcierte Inklusion von Erwerbslosen

Im aktivierenden Staat sind Menschen, die öffentliche Unterstützung beziehen, nicht mehr wie Simmel für die Armen postulierte, diejenigen, von denen man keinen Beitrag an die Gesellschaft erwartet. Sozialleistungsbezug muss vielmehr mit permanentem Aktivismus im Rahmen von Beschäftigungs- und Bildungsmaßnahmen erkauft werden. In der Schweiz wurde das Aktivierungsprinzip sukzessive in den zentralen Institutionen der sozialen Sicherung – Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe, Invalidenversicherung – durchgesetzt. Es wird noch verschärft durch die neue Strategie der "Interinstitutionellen Zusammenarbeit" (IIZ) zwischen den Agenturen der sozialen Sicherung. IIZ zielt auf Fälle "mit komplexer Mehrfachproblematik", d. h. Personen mit sehr geringen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Mit empirischem Material aus einer Ethnographie zweier IIZProjekte wird der sozialstaatliche Versuch der forcierten Inklusion dieser "Bodensatzrosinen" analysiert.

Schlagworte: Aktivierung, Inklusion, Arbeitsmarktintegration, Interinstitutionelle Zusammenarbeit, Ethnographie

Integrating "complex cases with multiple problems". Interinstitutional cooperation and the forced inclusion of welfare recipients

In the context of the policy of activation welfare benefits are conditioned on permanent activism: recipients are required to participate in work programmes, training courses and the like. In Switzerland, the doctrine of activation has been successively enforced in the main institutions of social security: unemployment insurance, social welfare, and invalidity pension. Integration into the labour market has become the prime goal of these institutions. With the implementation of "Interinstitutional Cooperation" between agencies of the different branches of social security the imperative of labour market integration has been extended to so called "complex cases with multiple problems", i.e. people with very limited prospects of finding a job. With empirical data of a multi-sited ethnography of two IIZ-projects this paper analyzes the (often futile) efforts to integrate "difficult" clients into the labour market by means of systematic cooperation between welfare agencies.

Keywords: activation, inclusion, labour market integration, interinstitutional cooperation, ethnography

Stefan Kutzner: Exklusion als Prozess. Eine exemplarische Rekonstruktion am Beispiel einer Migrationsbiographie

Im Zentrum dieses Beitrages steht die Biographie einer Türkin, die in die Schweiz einwanderte und von ihrer Herkunftsfamilie verstoßen wurde, weil sie gegen den Willen ihrer Eltern heiratete. Auch mit ihrer Schwiegerfamilie in der Schweiz geriet sie anschließend in einen schweren Konflikt, so dass es auch hier zum Bruch kam. Es gelang dieser Türkin nicht, sich anschließend eine eigenständige, wirtschaftlich gesicherte und sozial anerkannte Existenz in der Schweiz aufzubauen. Als alleinerziehende Frau ist sie schließlich auf die Sozialhilfe angewiesen. – Auf der Grundlage dieser Fallrekonstruktion (auf der Basis der Daten des Lebenslaufs und ausgewählter Interviewsequenzen) können exemplarisch die Gründe und die innere Logik eines sukzessiven Exklusionsprozesses aufgezeigt werden. In diesem Fall ist es der Konflikt zwischen den traditionellen Normen des familiären Zusammenlebens in einem agrarischen Milieu und den Anforderungen an die persönliche Autonomie in einer modernen Gesellschaft.

Schlagworte: Exklusion, Migration, Traditionalität in der modernen Gesellschaft

Exklusion as process. An exemplary reconstruction of a migrant’s biography

This contribution includes the biography of a Turkish woman, who migrated to Switzerland and was expelled by her family because she married against the will of her parents. Furthermore she was expelled a second time by her family-in-law in Switzerland. At least, separated from her man, she lived as lone mother supported by welfare aid, not able to establish her in an economic und social recognized way. This case reconstruction (on the base of the dates of the life course and selected interview sequences) demonstrates the reasons and the inner logic of an exclusion process. In this case it is the conflict between traditional norms which concern the family and family order in an agraric milieu und the requirements concerning personal autonomy in a modern society which can explain the exclusion career.

Keywords: Exclusion, migration, traditionality in modern society.

Hansjörg Sutter: Pädagogische Interaktion. Eine hermeneutisch rekonstruktive Fallstudie zur kommunikativen Konstruktion der Verständigungsverhältnisse in institutionellen Kontexten der Erziehung

Ausgehend von allgemeinen Grundannahmen zu Entwicklung und Sozialisation im Lebenslauf wird material veranschaulicht, wie die sozialisatorische Schnittstelle der Subjekt-Umwelt-Interaktion einer empirischen Rekonstruktion zugeführt werden kann. Die einzelfallrekonstruktive Analyse der sozialen Strukturierung und Konstituierung des Erfahrungsangebots in einem pädagogischen Setting illustriert das diagnostische Potenzial einer kompetenztheoretisch fundierten, sequenzanalytischen Rekonstruktion pädagogischer Interaktion unter dem Gesichtspunkt der methodischen Vorgehensweise wie auch der theoretischen Abstrahierung der sozialisatorischen Relevanz des pädagogischen Settings. Mit Bezugnahme auf fallkontrastierende Analysen zu dem pädagogischen Setting nach Einführung eines Modellversuchs zur Förderung demokratischer Partizipation in institutionellen Kontexten der Erziehung lassen sich Entwicklungs- und Lernprozesse verhindernde wie auch konstituierende Faktoren rekonstruktiv erschließen und auf Reproduktionsmechanismen und Transformationsspielräume der analysierten pädagogischen Praxis rückführen. Allgemeine Schlussfolgerungen zu Grundannahmen und -prinzipien eines entwicklungsorientierten Fallverstehens sozialer und pädagogischer Praxen weisen die interaktive Emergenz pädagogischer Interaktion und deren kommunikative Vermittlung als primären Gegenstand und die soziale Situation als zentrale Analyseeinheit eines pädagogischen Fallverstehens aus. Objektiv-hermeneutische Verfahrensprinzipien erweisen sich dabei als methodische Grundoperationen einer anwendungsorientierten, sozialisationstheoretischen Grundlagenforschung wie auch eines methodisch kontrollierten, sozial- und verhaltenswissenschaftlich fundierten Fallverstehens in der klinischen und pädagogischen Praxis.
Schlagworte: Sozialisation, Entwicklung und Lernen, pädagogische Interaktion, soziale Kontrolle, Demokratie und Erziehung, Fallverstehen, hermeneutische Rekonstruktion.

Pedagogical Interaction. A hermeneutical-reconstructive case study on the communicative construction of communication ratios in institutional contexts of education

Assuming the basic principles of development and socialization in the course of life it is materially illustrated how the socializing interface of the subject environmentinteraction can be applied to an empirical reconstruction. The reconstructive analysis of single cases of a social structuring and constitution of an offer of experience in a pedagogical setting illustrates the diagnostic potential of a theoretically competent founded sequence-analytical reconstruction of pedagogical interaction considering the methodical approach as well as the theoretical abstraction of socializing relevance of the pedagogical setting. With reference to case contrasting analyses of the pedagogical setting upon introduction of a model experiment in the development of democratic participation in the institutional contexts of education it is possible to reconstructively develop developing and learning processes as well as constituting factors and to ascribe them to reproduction mechanisms and transformation scopes of the analyzed pedagogical practice. General conclusions on the basic assumptions and principles of a development-oriented case understanding of social and pedagogical practices show the interactive emergence of pedagogical interaction and its communicative conveyance as a primary object and the social situation as a central analysis unit of a pedagogical case understanding. Objective hermeneutical procedural principles prove to be methodically fundamental operations of an application-oriented, socialization-theoretical basic research as well as of a methodically controlled, socially and behaviorial-scientically founded case understanding in the clinical and pedagogical practice.

Keywords: Socialization, development and learning, pedagogical interaction, social control, democracy and education, case understanding, hermeneutical reconstruction.

Sascha Liebermann/Thomas Loer: „Überflüssige“, „Überzählige“, „Entbehrliche“. Konstitutionstheoretische Leerstellen, diagnostische Verkürzungen

Gerhard Lenski sprach von Entbehrlichen, Robert Castel von Überzähligen, Heinz Bude nahm mit der Rede von Überflüssigen eine folgenreiche Bedeutungsverschiebung vor. Seit den neunziger Jahren hat sich das Schlagwort von den Überflüssigen schnell in soziologischen Zeitdiagnosen verbreitet, beinahe ebenso schnell fand es Aufnahme in öffentlichen Debatten u. a. über den Umbau des Sozialstaats, über Exklusion oder den Wandel der ‚Arbeitsgesellschaft‘. Was aber begreift dieses Schlagwort, was taugt es zur Analyse grundlegender Zusammenhänge? Und: Wie ist seine Ausbreitung zu erklären? Eine genauere Betrachtung zeigt, dass es begrifflich nicht trägt, dass es grundlegende Zusammenhänge, die es unter sich zu befassen beansprucht, nicht auf den Begriff bringen kann. In einschlägigen soziologischen Zeitdiagnosen wird die für die Soziologie elementare Frage danach, wie sich Vergemeinschaftung konstituiert, gar nicht mehr gestellt. Mit dem Schlagwort wird empiristisch aus dem Überflüssig-Werden lebendiger Arbeit die Ausgrenzung aus der Gemeinschaft gemacht. Der konstitutive Status des Bürgers für die politische Vergemeinschaftung, der in jeder Lage aber erhalten bleibt, wird nicht gesehen. Dort, wo Bürger sich überflüssig fühlen – hier wird vermeintlich die subjektive Perspektive eingefangen –, und dies in Widerspruch zu ihrem Status als Bürger tritt, bietet das Schlagwort keine Analytik an, die verstehbar machte, weshalb dieser Widerspruch nicht gesehen wird. Deswegen wird die Frage nicht gestellt, geschweige denn beantwortet, weshalb dieser Widerspruch nicht zu Gegenbewegungen gegen die Reduktion von politischer Gemeinschaft auf Erwerbsarbeit führt. Dass der grundlegende Status des Bürgers als Konstituens politischer Vergemeinschaftung in dieser Diagnostik keinen Ort hat, bezeugt so ein Defizit in der Klärung konstitutionstheoretischer Fragen, wie ein Ausblenden naheliegender politischer Antworten.

Schlagworte: Überflüssige, Bürger, soziologische Zeitdiagnose, Sozialstaat, Konstitutionstheorie, Vergemeinschaftung, bedingungsloses Grundeinkommen, Exklusion, Inklusion, Integration

„Superfluous“, „Supernumerous“, „Expendables“. Lacunas in theory of constitution, reductions in diagnosis

Gerhard Lenski called them expendables, Robert Castel called them supernumerous, Heinz Bude turned them into superfluous, modifying the diagnosis significantly. Since the 1990s categorizing people as superfluous has become a widespread phenomenon in sociological and public debate about restructuring the welfare state, inclusion and exclusion or the transformation of the ‘employment society’. But does the catchword serve any sociological purpose? How has its widespread use to be explained? A closer look at it shows how little it helps to thoroughly analyse what it focuses on. In contemporary sociological analyses the important question of how gemeinschaft is constituted is not even asked. By use of the catchword it is inferred from the substitution of human workforce that people are excluded. But, to feel superfluous or excluded does not mean that people are superfluous considering their status as citizens. The catchword, thus, does not allow us to explain why people do not protest against being reduced to merely the workforce while they are basically citizens. That citizenship is of such little or no importance in sociological debate is evidence of a lack of understanding of its meaning, and in this way also explains why obvious political alternatives are missed.

Keywords: superfluous, citizen, sociological analysis of current developments, welfare state, constitutional theory, vergemeinschaftung (communitisation), unconditional basic income, exclusion, inclusion, integration

Till-Sebastian Idel/Fritz-Ulrich Kolbe/Isabel Neto Carvalho: Praktikentheoretische Rekonstruktion videographierter Lernkultur. Ein Werkstattbericht

Das verstärkte Interesse an der Performativität und Materialität des Sozialen führt zur Arbeit mit videographisch gewonnenen Daten, welche die Komplexität der realzeitlichen Protokollierung sozialer Prozesse zu steigern vermag. Der Beitrag versucht die damit erforderliche methodische Innovation forschungspraktisch zu konzeptualisieren, methodologisch zu reflektieren und theoretisch grundzulegen. Am Beispiel eines rekonstruktionslogisch orientierten und videographisch vorgehenden Projekt zur Entwicklung von Lernkultur und Unterricht werden zuerst praxistheoretische Grundlagen zum Verständnis von Kultur und ihren Praktiken und deren Bezug auf eine Objekttheorie pädagogischer Praktiken skizziert. Weil Praktiken ein serielles Moment sozialer Praxis sind, aber im Prozess des Praktik-Vollzuges ihr Wirkungspotential auch sequentiell entsteht, folgen im zweiten Teil methodologische Überlegungen zur ethnographischen Erfassung der Serialität von Verhaltensweisen und zur strukturtheoretischen Rekonstruktion des Sequenziellen pädagogischer Praktiken. Abschließend wird diese methodologische Strategie einer sequenziellen und seriellen Rekonstruktion szenisch beschriebener pädagogischer Praktiken exemplarisch an einem Fallbeispiel erläutert.

Schlagworte: Videographie, Ethnographie, strukturtheoretische Rekonstruktion, Praxistheorien, Lernkultur, pädagogische Praktiken, Unterricht

Videographical analysis on pedagogical practices and learning culture. A reconstructive approach

This report on methods to analyze complex videotaped social processes in teaching settings focuses on three main elements included: On theoretical fundations regarding the notion of social practices (Schatzki) as core elements of the social, on methodological considerations to grasp in an ethnographical way practices as a serial moment of social processes, and on the process of reconstruction of structures and social order in analyzing pedagogical practices on the basis of textual formed data. We focus on the attempt, to transform interpretative methods of text- and discourse-analysis to analyze videotyped data.

Keywords: Videographical analysis, ethnography, reconstructive analysis, social practices, pedagogical practices, learning culture, teaching and learning practices

Stefan Mann/Jennifer Schweiger: Hermeneutisch-Rekonstruktive Praxis in einer systematisierten Politikevaluation

Während die Wohlfahrtsökonomie einen klaren Rahmen zur Politikbewertung vorgibt, jedoch auf die meisten Politiktypen kaum angewendet wird, bietet die angewandte Politikevaluation eine fast unbegrenzte Vielzahl methodischer Optionen. Für einen wissenschaftlich systematischen Ablauf schlagen wir ein dreistufiges Standardverfahren zur Politikevaluation vor: Zur Logik der Politik wird anhand einer Logical Framework Matrix eine Fallstrukturhypothese gebildet. Die Zielidentifikation sowie die politischen Outcomes, als Schlüsselemente in der Politikevaluation, werden mittels der Methode objektiver Hermeneutik, durch eine Befragung der zuständigen Person(en) und dessen Auswertung vorgenommen, gefolgt von einer Entscheidung über weitere anzuwendende Methoden. Eine Anwendung des methodischen Vorschlags am Beispiel der Umstellungsbeiträge im Schweizer Weinbau wird vorgestellt.

Schlagworte: Logical Framework, objektive Hermeneutik, Politikevaluation, Weinwirtschaft

For a hermeneutical-critical approach towards policy evaluation

While welfare economics provides strict guidelines how to assess policies but is rarely applied to most policy types, applied policy evaluation offers almost unlimited methodological options. We suggest to apply a three-step standard procedure for policy evaluations: starting policy evaluations by interviewing the person(s) in charge and evaluating the transcript by the method of Objective Hermeneutics, following up with the construction of a Logical Framework Matrix and then a decision about other methods to be applied. We apply our suggestion to the example of conversion subsidies for Swiss winegrowers.

Keywords: logical framework, objective hermeneutics, policy evaluation, wine production

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