sozialer sinn (2003), 1

Titel der Ausgabe 
sozialer sinn (2003), 1
Weiterer Titel 
Freundschaft und Verwandtschaft

Erschienen
Leverkusen 2003: Leske + Budrich Verlag
Erscheint 
3 Hefte jährlich
ISBN
1439-9326
Anzahl Seiten
S. 1-202
Preis
Einzelheft: 26,– €; Jahresabonnement: 66,– €; Studentenabonnement: 49,50 €

 

Kontakt

Institution
sozialer sinn: Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung
Land
Deutschland
c/o
Redaktion: redaktion@sozialer-sinn.de
Von
Thomas Loer

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

mit Verspätung möchte ich Ihrer Aufmerksamkeit das erste Heft des Jahrgangs 2003 der Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung 'sozialer sinn' anempfehlen. Auch das zweite Heft des Jahrgangs liegt vor. Das dritte mit den Themen "Aufstiege und Abstiege" und "Ehre" steht vor der Auslieferung.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Loer
_______________________________________

PD Dr. Thomas Loer
sozialer sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung
Herausgeber und Redaktion
Wacholderweg 27
D-59192 Overberge
Tel.: +49 (0) 23 07 / 98 45 64
Fax.: +49 (0) 23 07 / 98 45 65
mailto:thomas.loer@udo.edu
http://www.vs-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

sozialersinn 1/2003
Inhalt und Abstracts

Thema: Freundschaft und Verwandtschaft
Peter Schuster, Rudolf Stichweh, Johannes Schmidt, Fritz Trillmich, Martine Guichard, Günther Schlee
Freundschaft und Verwandtschaft als Gegenstand interdisziplinärer Forschung. Einleitung zum Themenschwerpunkt

Gerhard Lubich
Das Wortfeld ‚Verwandtschaft‘ im Mittelalter. Kontextuell-semantisches Arbeiten im historischen Feld

Peter M. Kappeler
Verwandtschaftsmuster und die Soziobiologie nichtmenschlicher Primaten

John Ziker
On Family, Friendship and the need for ‘Cultural Fuss’. Changing trajectories of family and friendship in the Netherlands

Carla Risseeuw
On Family, Friendship and the need for ‘Cultural Fuss’. Changing trajectories of family and friendship in the Netherlands

Monika Keller und Michaela Gummerum
Freundschaft und Verwandtschaft – Beziehungsvorstellungen im Entwicklungsverlauf in kulturvergleichender Perspektive

Allan Silver
Friendship and Sincerity

Allgemeiner Teil
Kerstin Rathgeb
Swing-Jugend. Konstruktionen eines Phänomens

Methodenwerkstatt
Kai-Olaf Maiwald
Stellen Interviews eine geeignete Datenbasis für die Analyse beruflicher Praxis dar? Methodologische Überlegungen und eine exemplarische Analyse aus dem Bereich der Familienmediation

Rezensionen
- Kornelia Hahn/Günter Burkart (Hrsg): Studien zur Soziologie intimer Beziehungen. Bd. 1: Liebe am Ende des 20. Jahrhunderts; Bd. 2: Grenzen und Grenzüberschreitungen der Liebe (Rezensiert von Meike Sophia Baader).
- Jo Reichertz: Die Abduktion in der qualitativen Sozialforschung (Reihe ‚Qualitative Sozialforschung‘, Bd. 13) (Rezensiert von Thomas Loer)
- Jörn Lamla: Grüne Politik zwischen Macht und Moral (Rezensiert von Thomas Krumm)

Abstracts

Peter Schuster, Rudolf Stichweh, Johannes Schmidt, Fritz Trillmich, Martine Guichard, Günther Schlee
• Freundschaft und Verwandtschaft als Gegenstand interdisziplinärer Forschung. Einleitung zum Themenschwerpunkt
> Der Beitrag gibt einen Überblick über den Forschungsstand zu den Themen Verwandtschaft und Freundschaft in den Disziplinen Soziologie, Mediävistik, Ethnologie, Anthropologie, Ethologie und Biologie und entfaltet Gemeinsamkeiten in den Forschungsfragestellungen, weshalb für eine interdisziplinäre Bearbeitung des Forschungsfeldes plädiert wird.

Gerhard Lubich
• Das Wortfeld ‚Verwandtschaft‘ im Mittelalter. Kontextuell-semantisches Arbeiten im historischen Feld
> Die auf die Verwandtschaftsterminologie fokussierte Analyse des im 10. Jahrhundert durch Widukind von Corvey latinisierten und verschriftlichten Iringliedes, einer Heldensage, ergibt auffällige Unterschiede zu einigen der Attribute, mit denen Verwandtschaft gemeinhin charakterisiert wird, denn sie erscheint dort etwa als vergänglich oder verhandelbar. Unter Rekurs auf einfache sprachwissenschaftliche Überlegungen wird daraufhin diese als semantisch begründet aufgefaßte Differenz thematisiert, generalisiert und ein Vorgehen zur Aufarbeitung der mittellateinischen Verwandtschaftsterminologie vorgeschlagen. Dieser von einer semantisch-kontextuellen Verfahrensweise ausgehende Ansatz wird dann von der bisherigen mediävistischen Verwandtschaftsforschung abgegrenzt, auf seine Praktikabilität aufgrund der neuartigen Editionen (elektronische Volltexte, Datenbanken) eines Großteils der als relevant eingeordneten früh- und hochmittelalterlichen Texte hingewiesen und Horizonte künftiger Fragestellungen aufgezeigt.

Peter M. Kappeler
• Verwandtschaftsmuster und die Soziobiologie nichtmenschlicher Primaten
> Verwandtenselektion liefert eine evolutionsbiologische Theorie zur Analyse der viel-fältigen Einflüsse genetischer Ähnlichkeit auf soziale Beziehungssysteme im gesamten Tierreich. Das Ziel dieser Übersicht besteht darin, kausale Zusammenhänge zwischen Verwandtschaftsstrukturen und Sozialsystemen beispielhaft an nicht-menschlichen Primaten aufzuzeigen; nicht zuletzt deshalb, um zu argumentieren, dass die existierenden Modelle der Verwandtenselektion und der Sozioökologie auch einen deduktiven Rahmen zur Analyse der Soziobiologie des Menschen liefern. Durch eine zusammenfassende Übersicht über die Diversität und Determinanten der Sozialsysteme der Primaten ergeben sich Vorhersagen darüber, wo und warum Verwandte zusammen leben sollten. Die Analyse der publizierten genetischen Untersuchungen von Populationsstrukturen zeigt aber in mehreren Fällen keine Übereinstimmung mit den Erwartungen. Das vorgestellte sozioökologische Modell, das die Beziehungen zwischen ökologischen, sozialen und genetischen Faktoren und unterschiedlichen Sozialstrukturen erklärt, hat daher den Einfluss des Verwandtschaftsgrades möglicherweise überbewertet.

John Ziker
• On Family, Friendship and the need for ‘Cultural Fuss’. Changing trajectories of family and friendship in the Netherlands
> Die bisherige ethnologische Forschung bietet Beschreibungen vielfältiger Strategien, der sich Menschen in postsozialistischen Gesellschaften bedienen um aus der Ungewissheit der Übergangssituation das Beste für sich herauszuholen. In der TaimyrRegion bieten Verwandtschaft und Freundschaft die soziale Sicherheit und die moralische Unterstützung, die so wichtig sind für viele indigene Haushalte in abgelegenen Siedlungen. Die hier vorgelegte Studie über Verwandtschaft und Freundschaft auf Taimyr basiert auf Selbstdeutungen des Teilens, die sowohl mittels Fragebogen als auch durch teilnehmende Beobachtung in Situationen des Teilens erhoben wurden. Diese Formen der Dokumentation zeigen die Lebensfähigkeit der auf das Teilen von Ressourcen angewiesenen Gemeinde. In einigen Fällen verläuft das Teilen mit anderen Haushalten höchst assymetrisch und gründet sich auf Entwicklungszyklen innerhalb der Familie oder – seltener – auf Beziehungen zwischen nicht miteinander verwandten Personen. Es wird beschrieben, wie verschiedene Haushalte sich gegenseitig bewirten und daraus auf die Differenzierung zwischen Verwandtschaft und Freundschaft geschlossen. Die Ergebnisse dieser Studie unter Dolganen und Nganasanen legen nahe, dass eine kooperative Haltung für freundschaftliche Beziehungen bedeutsamer ist als für verwandtschaftliche.

Carla Risseeuw
• On Family, Friendship and the need for ‘Cultural Fuss’. Changing trajectories of family and friendship in the Netherlands
> Dieser Aufsatz basiert auf Interviews, die in vorwiegend städtischen Regionen der Niederlande zum Thema der Veränderungen in den Verlaufskurven von Familien- und Freundschaftsbeziehungen im Leben der Befragten geführt wurden. Die Untersuchung ist Teil einer größeren internationalen Studie von Anthropologen und einem Wirtschaftswissenschaftler die sich mit Veränderungen im öffentlichen und privaten Bereich in den Niederlanden befasst. Das Forscherteam setzte sich aus indischen und niederländischen Mitgliedern zusammen. Es konzentrierte sich auf den Rückzug des Wohlfahrtsstaates und die (möglichen) Folgen sowohl für private wie öffentliche Unterstützungsnetzwerke. Dieser Aufsatz behandelt die Themen Familie und Freundschaft, und wie sie von den Befragten erörtert wurden. Werden angesichts der sinkenden durchschnittlichen Zahl der Familienmitglieder in Zukunft Freunde einen größeren Raum im sozialen Leben der Individuen einnehmen? Obwohl die meisten der Befragten – wie auch R. Paine in seinem bekannten Aufsatz über Freundschaft – dieser Ansicht waren, zeigte sich, dass die Umsetzung solcher Wandlungsprozesse sich zuweilen als größere Herausforderung erweist als ursprünglich angenommen.

Monika Keller und Michaela Gummerum
• Freundschaft und Verwandtschaft – Beziehungsvorstellungen im Entwicklungsverlauf in kulturvergleichender Perspektive
> Die Entwicklung sozio-moralischer Kognitionen von Kindern und Jugendlichen wurde in einem entwicklungspsychologischen und kulturvergleichenden Projekt untersucht. 7-, 9-, 12- und 15-Jährige aus Island und China wurden über ihre allgemeinen Vorstellungen zu Freundschaft und Familienbeziehung sowie über zwei moralische Dilemmata in Freundschaft und Familie befragt. Dabei ging es um Handlungs-entscheidungen, Begründung von Handlungsoptionen und moralische Bewertung sowie die Folgen von Handlungen für Andere und Selbst. Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen sowohl übergreifende entwicklungsspezifische Veränderungen in den naiven Handlungstheorien über Personen, Beziehungen und moralischen Regeln, als auch kulturspezifische Unterschiede, die sich im Verlauf der Entwicklung ändern können.

Allan Silver
• Friendship and Sincerity
> Während „Aufrichtigkeit“ in solchen Gesellschaften, in denen soziale Positionen mit hochgradig kodifizierten Verpflichtungen verknüpft sind, eine objektive Bedeutung hat, wird damit in modernen Gesellschaften etwas Subjektives bezeichnet, eine innere Haltung. Die Bedeutung freiwilliger Tätigkeit, die ein unerlässliches Kennzeichen von Freundschaft darstellt, ist mit dem Verschwinden institutionalisierter Freundschaft ebenfalls einem historischen Wandlungsprozess unterworfen. Während eigennützige Motive dem modernen Ideal „reiner“ Freundschaft unverträglich sind, waren Gewinn und Solidarität gänzlich vereinbar mit historisch früheren Formen aufrichtiger Freundschaft. Begriffe, die Aufrichtigkeit und Freundschaft beschreiben, erfordern eine historische Spezifizierung.

Kerstin Rathgeb
• Swing-Jugend. Konstruktionen eines Phänomens
> Während des Nationalsozialismus wurde absolute Unterordnung und Anpassung an die Parteiideologie der Nationalsozialisten gefordert. Nonkonformität, wie sie die Swing-Jugend praktizierte, wurde als staatsfeindliche Handlungsweise eingestuft und entsprechend geahndet. Dies hat bei den damaligen Swing-Jugendlichen jedoch kei-neswegs zwingend zu einer autobiographischen Konstruktion von Verfolgung geführt. Die Irritationen, die aus der Gegenüberstellung von absolutem herrschaftlichem Handeln und einer biographischen Erzählung entstehen, machen deutlich, dass Historie immer wieder konstruiert wird und werden muss. Dieser Prozess ist kein beliebiger, sondern immer interaktiv und situationsabhängig.

Kai-Olaf Maiwald
• Stellen Interviews eine geeignete Datenbasis für die Analyse beruflicher Praxis dar? Methodologische Überlegungen und eine exemplarische Analyse aus dem Bereich der Familienmediation
> Interviews werden üblicherweise als ungeeignet für die Analyse beruflicher Praxis angesehen, da sie vor allem die Perspektive des Handelnden zum Ausdruck bringen. Gleichwohl ist es unter zwei Bedingungen möglich, begründete Aussagen über die Praxis selbst zu treffen. Zum einen kann das berufliche Handeln gehaltvoll als Ge-genstand der Schilderungen des Interviewees untersucht werden, wenn die Interviews offen geführt werden und entsprechend reichhaltige Schilderungen enthalten, die dann sequenzanalytisch interpretiert werden. Zum anderen können diese Schilderungen in professionellen Kontexten darüberhinaus als unmittelbarer Ausdruck professionellen Handelns analysiert werden. In diesen Berufen hat die Selbst-Reflexion auf die eigene Fallbearbeitung nicht den Status einer ephemeren Deutung, sondern ist im Gegenteil integraler Teil des professionelle Handelns. Die methodologischen Zusammenhänge werden anhand einer Sequenzanalyse eines Interviewausschnittes mit einem Familienmediator verdeutlicht.

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