Institutionen markieren Wissensspeicher und Garanten gelingender sozialer Beziehungen, ob als individuelle Freiheitsrechte, als Familie oder als Staat. Sie haben ihre gegenwärtige Bedeutung als Reaktion auf ein Grundproblem der Moderne erhalten. Denn für die Moderne ist die Einsicht leitend, dass die Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens das Ergebnis menschlichen Handelns sind und dass diese Bedingungen durch menschliches Handeln verändert werden können. An die Organisationsformen des Zusammenlebens stellt der Institutionenbegriff insofern eine paradoxe Anforderung: Institutionen sollen das private und öffentliche Leben ermöglichen, indem sie in die sozialen Beziehungen das Moment der Stabilität eintragen, ohne das keine Verhaltenserwartung und keine verlässliche Handlungskoordination möglich wäre. Zugleich sind Institutionen aber auch dadurch gekennzeichnet, ein Resultat menschlichen Zusammenlebens zu sein, sodass die von ihnen erzeugte Stabilität mit ihrer eigenen Historizität einhergeht. Institutionen sollen stabil und zugleich ihre eigene Veränderung ermöglichend, mit anderen Worten, Ausdruck von Reflexivität sein. Diese Ausgabe der Zeitschrift Trivium will die skizzierte Paradoxie näher beleuchten und zeigen, wie sie in den gesellschaftstheoretischen und politischen Debatten der Gegenwart zur Geltung kommt.
Einleitung
Jean-François Kervégan, Christian Schmidt und Benno Zabel: Institutionen und die paradoxen Ansprüche der Moderne
Übersetzungen ins Französische
- Rahel Jaeggi: Qu’est-ce qu’une (bonne) institution? - M. Rainer Lepsius: La „morale“ des institutions - Isabell Hensel und Gunther Teubner: Matrix Reloaded. Critique de l’approche stato-centrée de l’effet horizontal des droits fondamentaux à partir de l’exemple du biais de publication - Sabine Hark: Travers.es du droit. Les paradoxes d’une politique des droits
Übersetzungen ins Deutsche
- Paul Fauconnet und Marcel Mauss: Die Soziologie: Gegenstand und Methode (1901) - Olivier Beaud: Hauriou und das Naturrecht - Vincent Descombes: Der Geist der Institutionen - François Dubet: Verfall der Institution und/oder Neoliberalismus? - Yan Thomas: Die rechtliche Institution der Natur. Bemerkungen über die Kasuistik des Naturrechts im antiken Rom