Im Gegensatz zur Tradition der Sozialanthropologie in Großbritannien, die seine Bedeutung schon in den 1920er Jahren erkannt hatte, stand Marcel Mauss (1872–1950) in Frankreich und in Deutschland lange im Schatten Émile Durkheims oder wurde als Vorläufer der strukturalistischen Anthropologie betrachtet. Seit einigen Jahren wird er jedoch in der deutschen wie französischen Sozialwissenschaft zunehmend als zentraler Ideengeber der Durkheim-Schule angesehen und auf vielfältige Weise neu entdeckt.
Das vorliegende Themenheft versammelt französisch- und deutschsprachige Texte, die diese Entwicklung widerspiegeln. Die Rezeption von Mauss’ Werk wird in ihnen ebenso behandelt wie systematische Anschlüsse an ihn. Letztere betonen vor allem die grundlegende Relevanz von Mauss für eine umfassende Ritual- und Symboltheorie, für ein Verständnis des Verhältnisses von sozialen, psychischen und physischen Prozessen, sowie für eine kritische Analyse der Marktwirtschaft.
Introduction
Éric Brian et Florence Weber Die Stellung von Marcel Mauss in der internationalen Anthropologie und im Gedächtnis der französischen Soziologie
Stephan Moebius et Frithjof Nungesser Die deutschsprachige Mauss-Rezeption
Französische Übersetzung
René König Marcel Mauss (1872–1950)
Erhard Schüttpelz « Gift, gift » – La terminologie du don chez Marcel Mauss
Stephan Moebius et Frithjof Nungesser « La filiation est directe » – L’influence de Marcel Mauss sur l’œuvre de Claude Lévi-Strauss
Deutsche Übersetzung
Henri Hubert et Marcel Mauss Der Ursprung der magischen Kräfte in den australischen Gesellschaften. Analytisch-kritische Studie ethnographischer Dokumente
Jean Bazin Die Gabe der Sache
Bruno Karsenti Der Symbolismus bei Durkheim und Mauss
Camille Tarot Marcel Mauss und die Erfindung des Symbolischen
Florence Weber Markttransaktionen, ritueller Austausch und persönliche Beziehungen. Eine ökonomische Ethnographie nach der Great Divide