Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 71 (2023), 3

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 71 (2023), 3

Erschienen
München 2023: de Gruyter
Preis
Jahresabo: € 59,80; Stud.abo: € 34,80; Mitgl.abo. hist. u. pol. Fachverbände: € 49,80; Online-Zugang: € 49,00; Print+Online-Abo: € 72,00

 

Kontakt

Institution
Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
Abteilung
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
PLZ
80636
Ort
München
Straße
Leonrodstraße 46 B
Von
Florian Hoppe, Geisteswissenschaften, De Gruyter Oldenbourg

Das neue Heft der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte ist erschienen, wir wünschen anregende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis

Aufsätze

Katharina Stengel, Eine jüdische Stimme vor Gericht. Internationale jüdische Organisationen und die Etablierung der Nebenklage in NS-Prozessen
Die Einflussmöglichkeiten von Opfern der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in den bundesdeutschen Strafverfahren gegen NS-Verbrecher waren sehr begrenzt, denn als Zeuginnen und Zeugen hatten sie den streng formalisierten Anforderungen der Strafjustiz zu entsprechen. Seit den 1950er Jahren versuchten jüdische Organisationen daher, über Nebenklagen in den Prozessen mehr Einfluss zu gewinnen und eigene Forderungen deutlich zu artikulieren. Katharina Stengel zeichnet die teils kontroversen Diskussionen innerhalb der internationalen jüdischen Organisationen nach, untersucht die Bedeutung der Nebenklage im Frankfurter Auschwitz-Prozess und einigen anderen NS-Verfahren und geht auf die wichtige, aber kaum bekannte Mithilfe der jüdischen Organisationen bei der Vorbereitung der Prozesse ein.

Katharina Stengel, A Jewish Voice in Court. International Jewish Organisations and the Establishment of Private Accessory Prosecutions in Trials for Nazi Crimes
The possibilities of victims of the National Socialist reign of terror to influence West German criminal proceedings against Nazi perpetrators were very limited, as they had to comply with the strictly formalised requirements of the criminal justice system in their role as witnesses. Since the 1950s, Jewish organisations thus tried to gain more influence in the trials via private accessory prosecutions and thereby to clearly articulate their demands. Katharina Stengel traces the at times controversial discussions within the international Jewish organisations, investigates the importance of the accessory prosecution in the Frankfurt Auschwitz Trial and a number of other Nazi trials and discusses the important but little known support of Jewish organisations in the preparation of trials.

Conrad Lay, Ein NS-Ideologe als „besonderer Glücksfall“. Die langen Kontinuitäten des Karl Epting
Karl Epting war einer der wichtigsten Köpfe der intellektuellen Kollaboration im besetzten Paris der Jahre 1940 bis 1944. Wie der mit ihm befreundete Botschafter Otto Abetz so verwandelte sich der als graue Eminenz der deutsch-französischen Kulturbeziehungen geltende Epting von einem scheinbar harmlosen Frankreich-Enthusiasten in einen rassistischen NS-Ideologen. Eptings Leben kennzeichnete eine doppelte Kontinuität: zunächst die Integration eines pietistischen Missionarssohns in das NS-Regime und anschließend die mühelose Integration eines überzeugten Nationalsozialisten und aggressiven Antisemiten in die Nachkriegsgesellschaft. In den 1960er Jahren galt der inzwischen zum Direktor eines humanistischen Gymnasiums avancierte Epting sogar als „besonderer Glücksfall“.

Conrad Lay, A Nazi Ideologue as a “Particular Stroke of Luck”. The Long Continuities of Karl Epting
Karl Epting was one of the most important leaders of intellectual collaboration in occupied Paris between 1940 and 1944. Like his friend, ambassador Otto Abetz, Epting, who was seen as the éminence grise of German-French cultural relations, also transformed from a seemingly harmless Francophile to a racist Nazi ideologue. Epting’s life is marked by a double continuity: first the integration of a Pietistic missionary’s son into the Nazi regime and subsequently the effortless integration of a convinced National Socialist and aggressive anti-Semite into post-war society. During the 1960s, Epting’s employment, by then as director of a classical grammar school (humanistisches Gymnasium), was even considered a “particular stroke of luck”.

Robert Wolff, Blinde Flecken, Erzählungen, Mythen. Neue Perspektiven auf die Flugzeugentführung nach Entebbe 1976
Die Flugzeugentführung nach Entebbe im Sommer 1976 wird häufig neben dem versuchten Anschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in West-Berlin am 9. November 1969 als die schlimmste antisemitische Gewalttat des bundesdeutschen Linksterrorismus gewertet. Robert Wolff vertritt die These, dass es einer kritischen Überprüfung des Themenkomplexes Entebbe unter Berücksichtigung von bisher nicht beachteten, jedoch für das Gesamtverständnis der Ereignisse wichtigen Perspektiven und Quellen bedarf. Dazu analysiert er auf der Basis weitgehend unbekannter Dokumente die Vorgeschichte der Flugzeugentführung sowie die Ereignisse in Entebbe zwischen dem 27. Juni und dem 4. Juli 1976.

Robert Wolff, Blind Spots, Stories, Myths. New Perspectives on the Entebbe Aircraft Hijacking of 1976
Next to the attempted attack on the Jewish community building in West-Berlin on 9 November 1969, the aircraft hijacking to Entebbe in the summer of 1976 is often considered as the worst act of anti-Semitic violence by West German left-wing terrorists. Robert Wolff argues for a critical re-assessment of the whole Entebbe complex in light of perspectives and sources which have been neglected despite their importance for an overall understanding of the event. On the basis of hitherto mostly unknown documents, he analyses the prehistory of the airplane hijacking as well as the events in Entebbe between 27 June and 4 July 1976.

Craig Griffiths, „Schwul gleich links?“ Konservative Strömungen in der Schwulenbewegung in Westdeutschland und den USA in den 1970er Jahren
Die Geschichte schwuler Befreiung in den 1970er Jahren ist bisher hauptsächlich aus dem Blickwinkel radikaler oder links-alternativer Aktivisten erzählt worden, mit einem Fokus auf Gruppen wie der Gay Liberation Front in New York oder der Homosexuellen Aktion Westberlin. Um dieses Narrativ zu differenzieren, analysiert der Autor Kulturen des Konservativen in der Schwulenbewegung der 1970er Jahre durch einen Vergleich der Bundesrepublik mit den USA. Craig Griffiths beleuchtet Diskurse über Verantwortung und Vorsicht näher und konzentriert sich darauf, dass es schwule Männer gab, die sich als normal und vernünftig charakterisierten. Sie lehnten Konfrontation oder Extravaganz ab, und schon darin zeigt sich, dass Begriffe wie Befreiung, Emanzipation oder sogar gay power keine festen Bedeutungen hatten – schon gar nicht solche, die ausschließlich radikal oder konservativ gewesen wären.

Craig Griffiths, “Gay Equals Left?” Conservatism in Male Homosexual Politics in 1970s West Germany and the United States
The history of gay liberation in the 1970s has primarily been told through the prism of radical or left-alternative activists, focusing on groups like the Gay Liberation Front in New York or the Homosexual Action West Berlin. Complicating this narrative, this article analyses cultures of conservatism in male homosexual politics, comparing the Federal Republic with the United States in the 1970s. Craig Griffiths zooms in on discourses of responsibility and caution while focusing on the identifications of some gay men as ordinary and sensible and their rejection of confrontation and flamboyance. In doing so, he shows that concepts such as liberation, emancipation or even gay power have no fixed meanings, far less meanings that are inherently radical or conservative.

Dokumentation

Maximilian Kutzner, Das Institut für Zeitgeschichte und die Affäre um die gefälschten Hitler-Tagebücher 1982/83
Die Veröffentlichung der gefälschten Hitler-Tagebücher im April 1983 löste unter den bundes¬deutschen Historikern erregte Diskussionen aus. Konnten die Tagebücher überhaupt echt sein? Das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) war bereits vor ihrer Veröffentlichung in Kontakt mit ma߬geblichen Akteuren des späteren Skandals. In der Phase zwischen der Ankündigung des Funds und der Entlarvung als Fälschung spielten sich vielschichtige Prozesse der Selbstverortung in der Institutsleitung ab. Die Dokumente aus dem IfZ-Archiv zeigen, dass die gefälschten Tage¬bücher auch ein Prüfstein für die gesellschaftliche Rolle der Zeitgeschichte und ihrer maßgeb¬lichen Vertreter waren.

Maximilian Kutzner, The Institute for Contemporary History and the Forged Hitler Diaries Affair of 1982/83
The publication of the forged Hitler diaries in April 1983 resulted in intense discussions among West German historians. Could the diaries actually be genuine? Even before publication, the Institut für Zeitgeschichte (IfZ) was in touch with leading protagonists of the subsequent scan¬dal. In the phase between the announcement of the find and the uncovering of the forgery, complex processes of self-localisation occurred within the Instituteʼs leadership. Documents from the IfZ archive reveal that the forged diaries also were a touchstone for the social role of contemporary history and its leading representatives.

Aus der Redaktion

Horst Möller zum 80. Geburtstag
Laudatio auf der VfZ-Festveranstaltung am 12. Januar 2023 in München

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