Mai 1945: demokratischer Neuanfang nach zwölf Jahren Diktatur? Bis weit in die 1950er Jahre hatte - wie die vorliegende Untersuchung zeigt - dieser Wunsch nichts mit der Realität zu tun, soweit es den personellen Aufbau im schleswig-holsteinischen Justizministerium und in den Gerichten des Landes nach 1945 betrifft. Der Versuch der Westalliierten, demokratische Strukturen auch in der Sphäre der Justiz durch eine Entnazifizierung zu etablieren, erwies sich als Fehlschlag. Einvernehmlich sorgten Bundeskanzler Konrad Adenauer und Oppositionschef Kurt Schumacher 1950/51 dafür, dass die von breiten Kreisen als Siegerjustiz verhasste Entnazifizierung per Gesetz unverzüglich für beendet erklärt wurde. Wie überall hatte dieses Vorgehen auch für Schleswig-Holstein fatale Folgen: Sogar schwerstbelastete Juristen gelangten wieder in einflussreiche Ämter.

Die Studie von Klaus-Detlev Godau-Schüttke rekonstruiert zahlreiche exemplarische Juristenkarrieren und stützt sich auf bislang noch nicht einsehbare Quellen. So wird ein schonungsloses und desillusionierendes Bild der bundesdeutschen und insbesondere der schleswig-holsteinischen Justiz gezeichnet. Die noch heute vertretene Apologie eines ideologisch unbelasteten Wiederaufbaus auch der schleswig-holsteinischen Justiz erweist sich als Legende.