Nordost-Archiv I (1992), 1

Titel der Ausgabe 
Nordost-Archiv I (1992), 1
Weiterer Titel 
Die Deutschen in der Geschichte des nördlichen Ostmitteleuropa. Bestandsaufnahmen

Erschienen
Lüneburg 1992: Nordost-Institut
Erscheint 
halbjährlich
ISBN
0029-1595
Anzahl Seiten
272
Preis
17,50€

 

Kontakt

Institution
Nordost-Archiv. Zeitschrift für Regionalgeschichte (NOA)
Land
Deutschland
c/o
Kontaktadresse der Redaktion: Frau Dr. Anja Wilhelmi, <a.wilhelmi@ikgn.de>
Von
Wilhelmi, Anja

Die vorliegende Ausgabe des ersten Heftes und die damit beginnende Neue Folge der Zeitschrift Nordost-Archiv sind angeregt und in ihrer Entstehung gefördert worden durch die aktuellen Ereignisse, welche Deutschland und den europäischen Osten während der letzten Jahre in eine neue politische Wirklichkeit hineingeführt haben. Kein Lebensbereich blieb unberührt von diesem Umbruch. Überall steht Gegenwart im Spannungsverhältnis zwischen vorgefundener Vergangenheit und bewußt gesuchter Zukunft. Das Institut Nordostdeutsches Kulturwerk in Lüneburg wird von dieser Entwicklung in mehrfacher Hinsicht berührt: es ist konfrontiert mit der Tatsache, daß in der Region seines Forschungsinteresses thematische Akzentuierung, methodischer Ansatz und institutioneller Rahmen historischer Wissenschaft grundlegenden Veränderungen unterworfen sind. Es wird durch diese Tatsa-che vor die Notwendigkeit gestellt, die Voraussetzungen, Formen und Ziele der eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit neu zu durchdenken. Hinzu kommt, daß das Institut durch seine institutionelle Erweiterung im Jahr 1991 einen Rahmen erhalten hat, der, im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit, neue Arbeitsformen zuläßt. Mit der Zugänglichkeit der Länder im östlichen Europa und ihrer Archive, mit der uneingeschränkten Möglichkeit, in der wissenschaftlichen Kommunikation die verbindenden oder unterschiedlichen Interessen aufsuchen zu können, schließlich mit der elementaren Gegebenheit, Forschungstätigkeit zu verbinden mit menschlicher Begegnung und daraus erwachsender gemeinsamer internationaler Erfahrung, werden wesentliche Aspekte angesprochen, die eine Neuorientierung wissenschaftlicher Tätigkeit als Antwort auf die Veränderungen im Osten Europas auch in dessen Westen erfordern.
Die Neugestaltung der Zeitschrift Nordost-Archiv, deren allgemeine konzeptionelle Zielsetzung dem Heft vor-angestellt ist, wird aus einer solchen Überzeugung heraus begonnen. Dies findet seinen konkreten Niederschlag auch in der Wahl des thematischen Schwerpunktes. Die Frage nach der Stellung der Deutschen in der Geschichte des nördlichen Ostmitteleuropa als zentrales Thema aller Forschungen, die das Lüneburger Institut beschäftigen, berührt zugleich neue Forschungsbemühungen in den osteuropäischen Ländern, die die augenblickliche Situation des Umbruchs charakterisieren. Dabei wird die Bedeutung der Geschichte als vergangenheitsbezogene Wissenschaft erkennbar in ihrer zukunftsprägenden Wirkung.
Die allen Beiträgen des Heftes gemeinsamen Grundfragen – von den Autoren unterschiedlich akzentuiert – führen auf die tiefgreifenden Einschnitte zurück, die mit den Jahren 1945 und 1990 verbunden sind. Der etwa tausend Jahre währende Weg der Deutschen in den Osten fand mit dem Zweiten Weltkrieg und seinem Ende einen Abschluß, der den deutschen Nachbarn katastrophale Verluste zugefügt und in ihnen existentielle Angst vor den Deutschen hinterlassen hat. Dieses Ergebnis als das Ende einer Jahrhunderte währenden gemeinsamen Geschichte wurde überlagert durch die neuen politischen Realitäten, die nach 1945 das Bild Europas im Osten prägten. Die Geschichtswissenschaft in den Ländern Ostmitteleuropas nahm seither durch ideologische Vorgaben Positionen ein, die auch die Fragen der Beziehungen zu den Deutschen beeinflußten und häufig außerwissenschaftlichen Rücksichten unterordneten.
Mit der politischen Zäsur um das Jahr 1990 eröffnen sich neue Möglichkeiten, ohne solche Restriktionen den langen gemeinsamen Weg zu prüfen, der 1945 sein katastrophales Ende gefunden hat. Wenn sich die Geschichtswissenschaft ihrer Verpflichtung zur selbstkritischen Reflexion bewußt bleibt, werden in diese Betrachtung auch jene Erfahrungen eingehen müssen, die Polen und Esten, Letten und Litauer in der Ferne zu Deutschland seit 1945und die Deutschen in der Ferne zu ihren östlichen Nachbarn gemacht haben.
Herausgeber und Autoren sind sich darüber im klaren, daß die im Heft vereinigten Beiträge unter dem gemeinsamen Titel „Bestandsaufnahmen“ nur den Anfang eines Weges markieren, der zunächst mehr durch Fragen denn durch Antworten charakterisiert ist. Entscheidend für die Zielsetzung des Heftes war die gemeinsame Überzeugung von Autoren und Herausgebern, daß die aufgeworfenen oder noch zu stellenden Fragen nicht nur für die jeweilige eigene Situation, sondern gerade auch als Beitrag für die wissenschaftliche Diskussion aller Partner, der Polen und Letten, der Litauer, Esten und Deutschen von Bedeutung sind.

Inhaltsverzeichnis

Eckhard Matthes/Karl-Heinz Ruffmann: Editorial

Abhandlungen

Hartmut Boockmann (Göttingen): Wo liegt Ostdeutschland? Die Deutschen und ihre Geschichte im östlichen Mitteleuropa
Alfonsas Eidintas (Wilna): Deutschland und die Staatlichkeit Litauens im 20. Jahrhundert
Rein Helme (Reval): Die Deutschen in der Geschichte Estlands
Henryk Olszewski (Posen): Die Deutschen in der Geschichte Ostmitteleuropas als Gegenstand der polnischen Geschichtsforschung
Gert v. Pistohlkors (Göttingen): Die Stellung der Deutschen in der Geschichte der Esten, Letten und Litauer
Janis Stradins (Riga): Die Deutschen in der Kulturgeschichte Lettlands unter besonderer Berücksichtigung der Wissenschaftsgeschichte
Klaus Zernack (Berlin): Der historische Begriff "Ost- deutschland" und die deutsche Landesgeschichte

Mitteilungen

Ostpreußen - Erbe und neue Identität: eine Konferenz in Allenstein, 7. bis 9. November 1991 (Rex Rexheuser)
Zur Errichtung des Forschungszentrums für die Geschichte Westlitauens und Preußens an der Universität Klaipeda/Memel (Eckhard Matthes)
Zweite Deutsch-Litauische Historikerkonferenz in Lübeck- Travemünde, 23. bis 25. März 1992 (Joachim Tauber)
Baltische Bibliotheksgeschichte. Ein internationales Symposium in Riga, 29. April bis 2. Mai 1992 (Ulrich Ribbert)

Rezensionen

Manfred Alexander/Frank Kämpfer/Andreas Kappeler (Hrsg.): Kleine Völker in der Geschichte Osteuropas. Festschrift für Günther Stökl. (Erwin Oberländer)
Mads Ole Balling: Von Reval bis Bukarest. Statistisch- Biographisches Handbuch der Parlamentarier der deutschen Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1919-1945. (Sabine Bamberger)
W&#322;adys&#322;aw Bartoszewski: Tradition und Zukunft im Denken von Polen und Deutschen. Einige Bemerkungen zur Lage. Hrsg. v. Generalsekretariat des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. (Rudolf Jaworski)
Marian Biskup/Gerard Labuda: Dzieje zakonu krzyza-ckiego w Prusach. Gospodarka - spoleczenstwo - panstwo - ideologia (Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen. Wirtschaft - Gesellschaft - Staat - Ideolo-gie). (Udo Arnold)
Lothar Dralle: Die Deutschen in Ostmitteleuropa. Ein Jahrtausend europäischer Geschichte. (Dittmar Dahlmann)
Hans Hecker/Silke Spieler (Hrsg.): Deutsche, Slawen und Balten. Aspekte des Zusammenlebens im Osten des Deutschen Reiches und in Ostmitteleuropa. (Michael Garleff)
Andreas Lawaty: Das Ende Preußens in polnischer Sicht. Zur Kontinuität negativer W irkungen der preußischen Geschichte auf die deutsch-polnischen Beziehungen. (Wolfgang Jacobmeyer)
Peter Nitsche (Hrsg.): Preußen in der Provinz. Beiträge zum 1. deutsch-polnischen Historikerkolloquium im Rahmen des Kooperationsvertrages zwischen der Adam-Mickiewicz- Universität Poznan und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel; unter Mitarbeit von Ekkehard Klug. (Jerzy Topolski)
Gert v. Pistohlkors/Toivo U. Raun/Paul Kaegbein (Hrsg.): Die Universitäten Dorpat/Tartu, Riga und Wilna/Vilnius 1579-1979. Beiträge zu ihrer Geschichte und ihrer Wirkung im Grenzbereich zwischen West und Ost. (Norbert Angermann)
Hans Rothe (Hrsg.): Deutsche im Nordosten Europas. (Hans-W. Rautenberg)
Andrzej Sakson: Mazurzy - spolecznosc pogranica (Die Masuren - Gemeinschaft eines Grenzlandes). (Grzegorz Jasinski)
Karl Schlögel: Die Mitte liegt ostwärts. Die Deutschen, der verlorene Osten und Mitteleuropa. 2. Aufl. (Helmut Altrichter)
Jerzy Krasuski/Gerard Labuda/Antoni Walczak (Hrsg.): Stosunki polsko-niemieckie w historiografii. Studia z dziejów historiografii polskiej i niemieckiej (Die deutsch-polnischen Beziehungen in der Historiographie. Studien zur Geschichte der polnischen und der deutschen Historiographie). (Hans Henning Hahn)
Eckhard Thurich: Schwierige Nachbarschaften. Deutsche und Polen - Deutsche und Tschechen im 20. Jahrhundert. (Hans Lemberg)
Wojciech Wrzesinski: Warmia i Mazury w p o lskiej mysli politycznej 1864-1945 (Ermland und Masuren im polnischen politischen Denken). (Grzegorz Jasinski)
Klaus Zernack: Preußen - Deutschland - Polen. Aufsätze zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen. (Dieter Bingen)
Klaus Zernack: Preußens Ende und die ostdeutsche Ge-schichte. (Gottfried Schramm)
Klaus Zernack (Hrsg.): Zum Verständnis der polnischen Frage in Preußen und Deutschland 1772-1871. Referate einer deutsch-polnischen Historiker-Tagung vom 14. bis 16. Januar 1986 in Berlin-Nikolassee. (Rex Rexheuser)
Ziemie zachodnie i polnocne Polski 992-1945. Katalog wystawy archiwalnej (Die West- und Nordgebiete Polens 992-1945. Katalog einer archivalischen Ausstellung.) (Sven Ekdahl)

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