Gerbergasse 18, 27 (2022), 3

Titel der Ausgabe 
Gerbergasse 18, 27 (2022), 3
Weiterer Titel 
Frieden

Erschienen
Erscheint 
vierteljährlich
Anzahl Seiten
76 S.
Preis
Jahresabonnement: € 14,00, Einzelheft: € 3,50

 

Kontakt

Institution
Gerbergasse 18. Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik
Land
Deutschland
c/o
Geschichtswerkstatt Jena e.V. Heinrich-Heine-Straße 1 07749 Jena Telefon: +49 (0) 36 41 - 82 12 35
Von
Daniel Börner, Redaktion "Gerbergasse 18", Geschichtswerkstatt Jena

Während vor 40 Jahren die unabhängige Friedensbewegung (in Ost und West) mit der Losung „Frieden schaffen ohne Waffen“ die atomare Abschreckungslogik ablehnte, lässt sich heute fragen: Kann es einen Frieden ohne Waffen geben? Mit dem neuen Heft der „Gerbergasse 18“ wird das Themenfeld Frieden historisch und gegenwartsbezogen betrachtet. Dem Schwerpunkt ist ein Porträt von Wassyl Stus vorangestellt, einem der bedeutendsten ukrainischen Dichter des 20. Jahrhunderts. Er starb 1985 an den Folgen seiner politischen Haft. Der Jenaer Verein „Poesie schmeckt gut“ hat ihm ein Heft der Lyrikreihe „Versensporn“ gewidmet. Die nachfolgenden Themenbeiträge erweitern den Blick auf die Gefahr einseitiger Friedenspropaganda („Friedensstaat DDR“) und den Mut einzelner, die sich unter den Bedingungen der Diktatur für eine friedliche Welt einsetzten, etwa eine Gruppe in Jena, die sich 1982 formierte und 1983 unter dem Namen „Friedensgemeinschaft Jena“ öffentlich in Erscheinung trat. Die Reaktion der Staatssicherheit hieß Aktion „Gegenschlag“, in deren Folge die Mehrzahl der Mitglieder aus dem Land gedrängt wurde. Zu dieser Zeit hatte Lutz Leibner mit seiner Familie bereits die DDR verlassen. Das Umschlagbild „Mensch-Mauer“ der vorherigen „Gerbergasse 18“ (Heft 103) stammt von ihm, Ende August starb der vielseitige Künstler, dem ein Nachruf gewidmet ist.

Die weiteren Heftbeiträge verbindet auf verschiedene Weise der Freiheitsdrang. Geschildert wird der Kampf zweier Frauen um das Werk des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard mit Zensur und Druckgenehmigungsverfahren im „Leseland DDR“, die enge Verbindung aus Jazz und Opposition anhand eines Zeitzeugenberichts, die künstlerische Widerständigkeit einer Freiluftgalerie Ende der 1980er Jahre in Jena, sowie die pure Sehnsucht nach Freiheit, die nach dem Mauerbau auch Fluchtversuche über die Ostsee auslöste. Nach bisherigem Kenntnisstand versuchten rund 5600 Menschen, über die Ostsee in den Westen zu fliehen. Die Mehrzahl von ihnen, etwa 80 Prozent, wurden bereits im Vorfeld festgenommen. Ein Greifswalder Forschungsprojekt „Todesfälle bei Fluchtversuchen über die Ostsee“ führte seit 2019 intensive Recherchen zu allen bekannten Opfern des DDR-Grenzregimes an der Ostsee durch und ermittelte 660 Fälle.

Besprechungen zum Streifzug „Freie Spitzen“ über den politischen Witz im Ostblock von Bernd-Lutz Lange, zum Filmporträt „Bettina“ über die Liedermacherin Bettina Wegner von Lutz Pehnert und zur Debatte über die DDR-Zusatzrenten ergänzen die Ausgabe.

Inhaltsverzeichnis

TITELTHEMA FRIEDEN

S. 03
Tom Riebe – „Meine Kräfte, verlaßt mich nicht …“ Der ukrainische Dichter Wassyl Stus (1938–1985)

S. 04
Christoph Stamm – Jazz-Musiker, jüdischer Emigrant, sozialistischer Friedenskämpfer, Republikflüchtling. Heinz Stern-Astor – eine biografische Skizze

S. 12
Gottfried Meinhold/Frank Rub – Barbara Siebert. Zwei Erinnerungen

S. 22
Kornelia Röder/Lutz Wohlrab – International Contact with Mail Art in the spirit of peaceful coexistence. Das pazifistische Schießscheiben-Projekt von Birger Jesch

S. 24
Martin Böttger – Für die Verwirklichung der Menschenrechte! Friedliche Provokationen in Karl-Marx-Stadt

S. 27
Harro Lucht – Frieden schaffen aus der Kraft der Schwachen. Ein Rückblick auf die Friedensfrage im letzten DDR-Jahrzehnt

S. 31
Dieter Gräf – Rechtsberatung oder „Predigt mit pazifistischen Aussagen“? Die Friedensdekade der Evangelischen Kirchen in der DDR im November 1982

S. 36
Carolina Rehrmann – Der Zypernkonflikt. Weit entfernt und doch so nah

ZEITGESCHICHTE

S. 42
Jörg Bernhard Bilke – Zwei Frauen und ein dänischer Philosoph. Zur Rezeption von Sören Kierkegaard im SED-Staat

S. 48
Gerold Hildebrand – Jazz und Opposition. Ein Zeitzeugenbericht

ZEITGESCHEHEN / DISKUSSION

S. 53
Jenny Linek/Jane Gerhardt/Henning Hochstein/Merete Peetz – „Solltet Ihr gezwungen werden, verurteilt ruhig meine Tat.“ Biografische Einblicke in die Todesfälle bei Fluchten über die Ostsee (1961–1989)

S. 59
Katharina Kempken – „Wie ein Durchgangsbereich mit der Öffnung zu einer anderen Welt“. Die Jenaer Hofvernissagen (1986–1989)

S. 64
Gerold Hildebrand – „Andersartige Meinungen verkraften“. Nachruf auf den Maler, Bildhauer und Grafiker Lutz Leibner (1949–2022)

REZENSIONEN

S. 66
Bettina Köhler – „Aufrecht stehn, wenn andre sitzen“. Zu Lutz Pehnerts Film „Bettina“

S. 68
Baldur Haase – „Jeder Witz ist eine winzige Revolution.“ Ein Streifzug von Bernd-Lutz Lange

S. 70 Daniel Börner – Betrogen durch wen? Der Streit um die DDR-Zusatzrenten

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