Gerbergasse 18, 26 (2021), 4

Titel der Ausgabe 
Gerbergasse 18, 26 (2021), 4
Weiterer Titel 
Akten

Erschienen
Erscheint 
vierteljährlich
Anzahl Seiten
80 S.
Preis
Jahresabonnement: € 14,00; Einzelheft: € 3,50

 

Kontakt

Institution
Gerbergasse 18. Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik
Land
Deutschland
c/o
Geschichtswerkstatt Jena e.V. Heinrich-Heine-Straße 1 07749 Jena Telefon: +49 (0) 36 41 - 82 12 35
Von
Daniel Börner

In der neuen Ausgabe wird das Themenfeld AKTEN aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Positionen beleuchtet. Wichtige Bezugspunkte sind dabei die Sicherung und Rettung der Akten vor der begonnenen Vernichtung im Zeitfenster Ende 1989 bis Anfang 1990, die heftige Debatte um deren gesellschaftliche Sprengkraft (Vernichten vs. Bewahren) und die letztendlich beispielgebende Schaffung eines Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG), das eine persönliche Akteneinsicht seit 1992 ermöglichte. Zwei Interviews versuchen die damalige Situation darzustellen: Roland Geipel spricht über die Lage in Gera 1989/90 und seine Beweggründe für das Lesen und Bewahren der Aktenkilometer; Frank Ebert war im September 1990 Teil einer Gruppe, die durch die medienwirksame Besetzung der vormaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg einen geregelten Zugang zu den Akten erstritten hat. Im Sommer 2021 wurden die Stasi-Akten formell in das Bundesarchiv eingegliedert und die Sonderbehörde des Bundesbeauftragten (BStU) nach 30 Jahren aufgelöst. Der bisherige Zugang für Betroffene und Forschende soll weiterhin erhalten bleiben. Was fördert die Akten-Einsicht für individuelle Erkenntnisse zutage, was macht die Lektüre mit dem Einzelnen und welche Fragen bleiben bei den Lesern offen? Darüber ist relativ wenig bekannt nach 30 Jahren Stasi-Forschung zu Wirkung und Wirkungsweisen der DDR-Geheimpolizei. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, was eigentlich aus dem hauptamtlichen Stasi-Peronal, den Akten-Produzenten, nach 1990 wurde?

Aber auch viele weitere Themen und Beiträge bietet das neue Heft 101: etwa zur Geschichte des Roten Kreuzes in der DDR, zu den frühen Hackerkulturen in Ost und West oder zur Traumatierung infolge politischer Haft – und den Nachwirkungen bis heute. Ebenso enthalten ist ein Artikel zur Überwindung der deutsch-deutschen Teilung durch Liebesbeziehungen im Eichsfeld sowie ein Kommentar zum Verbot der Menschenrechtsorganisation MEMORIAL in Russland, das (im Rückblick betrachtet) leider nur den Auftakt für eine neue Verbotswelle gegenüber den wenigen unabhängigen Stimmen der russischen Zivilgesellschaft markierte. In zwei Rezensionen werden Neuerscheinungen vorgestellt: das oft reißerisch und voyeuristisch behandelte Thema Prostitution in der DDR und die Rolle kybernetischer Einflüsse auf die überwachungstechnischen Fähigkeiten des MfS.

Inhaltsverzeichnis

S.03
Gabriele Stötzer – Nachwirkungen der Akten. Der lange Arm der Stasi

S.07
Reinhard Buthmann – Offener Aktenstreit. Das Ende einer Behörde

S.11
Jochen Staadt – Überführt. Die MfS-Unterlagen sind endlich im Bundesarchiv

S.16
Micha Ebeling – Die Große Suchmaschine. Oder: Alles Stasi – außer Mutti

S.19
Christian Booß – Wie eine heilige Kuh geschlachtet wurde. Zum Untergang der Stasi-Unterlagen-Behörde und ihrer teilweisen Wiederauferstehung im Bundesarchiv

S.23
„Ich muss lesen können, schwarz auf weiß“ - Ein Gespräch mit dem Pfarrer und Bürgerrechtler Roland Geipel über Rolle und Bedeutung der Stasi-Akten

S.29
Daniel Börner – „Wie vor den Kopf geschlagen“ - Der Eingriff in Biografien wirkt bis heute nach

S.33
„Dieses ganze Archiv ist ein Gegenentwurf“ - Ein Gespräch mit Frank Ebert von der Robert-Havemann-Gesellschaft über die Besetzung der Stasi-Zentrale 1990 und die Herausforderungen für ein Oppositionsarchiv heute

S.38
Christoph Stamm – Erinnerungen an Mut und Freiheitskampf.
Perspektiven der Sicherung von Selbstzeugnissen des Widerstands im Archiv der DDR-Opposition der Robert-Havemann-Gesellschaft

Zeitgeschichte

S.44
Andrea Brinckmann – Zwischen humanitärem Ehrenamt und staatlicher Lenkung. Das Rote Kreuz in der DDR

S.50 Julia Gül Erdogan – Zwischen Bastlerkultur und subversivem Technikgebrauch. Hackerkulturen der Bundesrepublik und der DDR

Zeitgeschehen / Diskussionen

S.55
Karl-Heinz Bomberg – Seelische Narben. Freiheit und Verantwortung in den Biografien politisch Traumatisierter der DDR

S.60 Claudia Nachtwey/Patrick Hoffmann/Mira Keune – 30 Jahre – 30 Lieben. Eine Sonderausstellung des Grenzlandmuseums Eichsfeld zeigt deutsch-deutsche Geschichte in Liebesgeschichten

S.64 Daniel Börner – Angriffe auf die Erinnerung und die Zivilgesellschaft.
Die Liquidation der Menschenrechtsorganisation Memorial in Russland

Rezensionen

S.66
Bettina Köhler – Die Arbeit der Anderen. Prostitution war kein Geheimnis in der DDR

S.69
Daniel Börner – Überforderte Steuermänner. Kontrollwahn und Überwachungsutopien einer deutschen Geheimpolizei

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