Chilufim 16 (2014)

Titel der Ausgabe 
Chilufim 16 (2014)
Weiterer Titel 

Erschienen
Wien 2014: Phoibos-Verlag
Erscheint 
zweimal jährlich
ISBN
978-3-85161-068-0
Anzahl Seiten
197 S.
Preis
Abonnement für 2 Hefte im Jahr € 19,90 (zzgl. Versand); Einzelheft: € 11,00 (zzgl. Versand)

 

Kontakt

Institution
Chilufim. Zeitschrift für Jüdische Kulturgeschichte
Land
Austria
c/o
Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg Residenzplatz 1/ Stiege 3 5010 Salzburg Österreich/Austria
Von
Heinz, Margarete

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

EDITORIAL (S. 1–4)

CARSTEN SCHLIWSKI Die Motivik VON Herrschaft und Gewalt bei David Re’uveni (S. 5–31)

ANNELYSE FORST Die katholische Kirche und die jüdischen „versteckten Kinder“ in Frankreich während und nach der Shoah (S. 33–60)

CARSTEN ROHDE Heimat und Fremdheit. Deutsch-jüdische Existenzproblematik im 19. Jahrhundert am Beispiel von Berthold Auerbach (S. 61–90)

LARA THEOBALT Zwischen Shtetl-Poesie und Revolution. Jiddische Lyrik in Kiew (S. 91–103)

ELIN NESJE VESTLI Im Transit – Doron Rabinovicis Andernorts und¬Vladimir Vertlibs Schimons Schweigen (S. 105–136)

BIRGITTA KOGLER Modernes Hebräisch – eine Sprache wechselt ihren Kontext. Ein Essay über Sprache als Seismograph generativer Schnittstellen (S.137–169)

Rezensionen (S. 171–187)

Boockmann, Margaretha: Schrift als Stigma. Hebräische und hebraisierende Inschriften auf Gemälden der Spätgotik, Heidelberg 2013 (ULRICH U. SCHUTZ) S. 171–174.

Majer, Martina: Stimmen gegen das Vergessen. Interviews mit jüdischen Emigranten, Tübingen 2012 (TANJA KARLSBÖCK) S. 174–176.

Grill, Tobias: Der Westen im Osten. Deutsches Judentum und jüdische Bildungsreform in Osteuropa (1783–1939), Göttingen 2013 (EVELYN ADUNKA) S. 176–178.

Haus der Geschichte Baden Württemberg (Hg.), Pill, Irene (Red.): „Ich glaube an das Alter, lieber Freund“ – Vom Älterwerden und Alter (nicht nur) im Judentum – Laupheimer Gespräche, Heidelberg 2012 (ERIKA BENDER) S. 178–180.

Czwalina, Johannes: Das Schweigen redet. Wann vergeht diese Vergangenheit?, Moers 2013 (DANIEL GERSON) S. 181–183.

Kulka, Otto Dov: Landschaften der Metropole des Todes. Auschwitz und die Grenzen der Erinnerung und der Vorstellungskraft, München 2013 (ALBERT LICHTBLAU) S. 183–186.

Ausgewählte Neuerscheinungen im Bereich der jüdischen Kulturgeschichte (Liste) S. 187.

Abstracts (S. 189–194)
Autorinnen und Autoren / Rezensentinnen und Rezensenten (S. 195–197)

ABSTRACTS

Carsten Schliwski: Die Motivik von Herrschaft und Gewalt bei David Re’uveni

Thema des Artikels ist die Frage, wie sich Herrschaft und Gewalt im Selbstverständnis David Re’uvenis widerspiegeln. David Re’uveni tritt als Kriegsherr und königlicher Gesandter auf, er erweist sich als Diplomat, aber auch als gewalttätiger Mensch, sowohl was seine politische Mission als auch was sein privates Auftreten betrifft. Durch diese Art des Auftre-tens unterstreicht Re’uveni die Wichtigkeit seiner Mission, die auch in seinen Fahnen programmatisch abgebildet wird.

In my article I try to inquire the reflection of power and violence in the self-fabricated image of David Re’uveni. David Re’uveni presents himself as a warlord and royal ambassador, he proves to be a diplomat, but also a violent man, both in his political mission and in his personal behaviour. This way Re’uveni underlines the importance of his mission, which is depictured programmatically in his flags.

Annelyse Forst: Die katholische Kirche und die jüdischen „ver-steckten Kinder“ in Frankreich während und nach der Shoah

„Versteckte Kinder“ sind Kinder, die die Shoah überlebten, weil sie ohne ihre Familien in Bauernhöfen, Pflegefamilien, Klöstern etc. versteckt waren. In Frankreich überlebten 12.000 bis 17.000 jüdische Kinder auf diese Weise. Exakte Zahlen dazu sind nicht bekannt, da Quellen über die Rettung dieser Kinder fehlen. (Es war viel zu gefährlich, derartige Information niederzuschreiben.) Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Kinder nicht als Opfer wie Überlebende von Konzentrationslagern gesehen. Dieser Beitrag untersucht, wie die katholische Kirche in Frankreich diese „versteckten Kinder“ während des Zweiten Weltkrieges (Taufe, versteckte Kinder in katholischen Einrichtungen, in Klöstern etc.) und nach dem Krieg (Rückgabe an die jüdischen Familien) behandelte.

“Hidden Children” and the Catholic Church in France
“Hidden children” are children who survived the Shoah because they had been hidden without their families in farms, foster families, monasteries, etc. In France about 12.000 – 17.000 Jewish children survived in that way. Accurate numbers are not known because sources about the rescue of Jewish children are missing. (It was too dangerous to record the ways of recue.) After World War II hidden children have not been seen as victims such as survivors of concentration camps. This article investigates how the Catholic Church in France handled hidden children during the WW II (baptism, hidden children in catholic homes and monasteries, etc.) and after the war too (return to the Jewish families).

Carsten Rohde: Heimat und Fremdheit. Deutsch-jüdische Exis-tenzproblematik im 19. Jahrhundert am Beispiel von Berthold Auerbach

Leben und Werk des Schriftstellers Berthold Auerbach sind in vielerlei Hinsicht repräsentativ für die Entwicklung der deutsch-jüdischen Exis-tenzproblematik im 19. Jahrhundert. Die anfänglichen liberalen Hoffnun-gen auf emanzipatorische Teilhabe an der Gesellschaft weichen mit Fortdauer des Jahrhunderts einer zunehmenden Desillusionierung, ausgelöst nicht zuletzt durch den wachsenden Antisemitismus im Deutschen Reich. Die publizistischen, autobiographischen wie vor allem die fiktionalen Schriften Auerbachs kreisen dabei immer wieder um die beiden Kernthemen ‚Heimat‘ und ‚Fremdheit‘. Der folgende Aufsatz versucht, verschiedene Aspekte und Ausformungen dieser problematischen Konstellation aufzuzeigen. Es wird evident, dass die Heimat-Fremdheit-Thematik der Biographie und dem Werk von Auerbach als ein gleichermaßen produktiver wie tragischer Kern innewohnt. Denn Auerbachs idealistische Vision einer gegenseitigen Aufhebung von ‚Heimat‘ und ‚Fremdheit‘, von Deutschen und Juden entpuppt sich in der Realität des späten 19. Jahrhunderts, die geprägt ist von Nationalismus und sozialen Spannungen, als illusionäre Utopie.

The life and work of the writer Berthold Auerbach are in many ways rep-resentative of the development of German-Jewish coexistence in the 19th century. Over the course of the century the initial, liberal hopes for emancipation and participation in society gave way to an increasing sense of disillusion, caused, among other things, by the growing anti-semitism in the German Reich. Auerbach’s journalistic, autobiographic and, most importantly, fictional writing focuses on two core topics: “being at home” and “being a stranger”. The following essay tries to demonstrate different aspects and realisations of this problematic constellation. It becomes evident that the theme of familiarity and strangeness forms both the productive and tragic core of Auerbach’s work. Auerbach propagates an idealistic vision of a mutual neutralisation of familiarity and strangeness, of Germans and Jews. In the reality of late 19th century Germany, which was shaped by nationalism and social tension, this turned out to be an illusionary utopia.

Lara Theobalt: Zwischen Shtetl-Poesie und Revolution –Jiddische Lyrik in Kiew
1919 vertreten Dovid Hofshteyn und Perets Markish einen neuen Dichtertypus. Ihre Texte stehen im Spannungsfeld zwischen der jüdischen Tradition und den Versprechungen einer sozialistischen Zukunft. Die Russische Revolution, die Pogrome gegen Juden und die zunehmende Urbanisierung unter Aufgabe des Shtetls färben die Lyrik dieser Zeit. In der Frage nach der Autonomie der Ostjuden oder ihrer Assimilation in eine sozialistische Gesellschaft wird die jiddische Sprache zu einem Politikum. In den Künsten wächst die Hoffnung auf ein gleichberechtigtes und freiheitliches Leben der jüdischen Bevölkerung. Anhand zweier Übersetzungen soll exemplarisch aufgezeigt werden, wie unterschiedlich Hofshteyn und Markish mit dieser Hoffnung umgehen, inwiefern der Dichter schon als Revolutionär gesehen wird und woran schlussendlich ihre Hoffnung zerbricht.

1919 Dovid Hofshteyn and Perets Markish stand for a new type of poet. Their texts can be located between the Jewish tradition and the promises of a future in a socialist system. The Russian Revolution, the pogroms against Jews and the increasing urbanization as a disappearance of the traditional Shtetl have an influence on the poetry of that time. The Yiddish language gains a politic dimension with the question if the eastern Jews should rather assimilate to a socialist society or preserve their autonomy. Arts are stimulated by a hope for an emancipated and liberal life. Two translations shall demonstrate how Hofshteyn and Markish handle that hope. Is a poet already considered to be a revolutionist? And how does their hope finally have to evaporate?

Elin Nesje Vestli: Im Transit – Doron Rabinovicis Andernorts und Vladimir Vertlibs Schimons Schweigen

Die österreichisch-jüdischen Autoren Doron Rabinovici (geb. 1961) und Vladimir Vertlib (geb. 1966) gehören seit ihrem Debüt in den 90er Jahren zu den bekanntesten Schriftstellern der österreichischen Gegenwartsliteratur. Zwischen ihren jüngsten Romanen, Rabinovicis Andernorts (2010) und Vertlibs Schimons Schweigen (2012), gibt es frappante Parallelen. Im Zentrum der beiden Texte stehen Identitäts- und Zugehörigkeitsdiskurse, eingebettet in transgenerationale und transitäre Familiengeschichten, die durch eine verschachtelte Struktur ebenfalls narrativ exploriert werden. Es werden im vorliegenden Aufsatz vier Komplexe herausgearbeitet: erstens die Familiengeschichten und die Vatersuche, die die Identitäts- und Zugehörigkeitsdiskurse kontextualisieren, zweitens ihre narrative Umsetzung, drittens die gedoubelten Erzählerpositionen, die die komplexen Zugehörigkeitsgefühle wiedergeben und letztendlich die Erinnerungs- und Schreibprozesse der Protagonisten.

Doron Rabinovici (born in 1961) and Vladimir Vertlib (born in 1966) are among the best known contemporary writers in Austria. Their most re-cent novels, Andernorts (2010) by Rabinovici and Schimons Schweigen (2012) by Vertlib, show clear similarities. Both texts address a recent trend in German- and Austrian-Jewish contemporary literature, namely the multiple, at times contradictory, or shifting identities of the so called Second Generation after the Shoah. In this context Andernorts and Schi-mons Schweigen explore complex discourses of identity and belonging, embedded in transgenerational and transnational family narratives. This article is a comparative reading of Andernorts and Schimons Schweigen; it focuses upon different discourses of identity, investigates the complex narrative structures and sheds light on the memory and writing processes.

Birgitta Kogler: Modernes Hebräisch – eine Sprache wechselt ihren Kontext. Ein Essay über Sprache als Seismograph generativer Schnittstellen.

Eine Sprache „verlässt ihren Text“ und erschließt einen Kontext jenseits der Zeiten. Jüdische Aufklärung, Kulturzionismus und die starke Einwanderung nach Palästina bzw. Israel durch russische Pogrome und Shoah haben zusam-mengewirkt, um das Moderne Hebräisch als gesprochene Sprache zu beleben und zu verankern. In diesem Aufsatz dient die Sprache als dynamischer Fokus, um neuralgische Konflikte und Kontraste menschlicher Kulturentwicklung in unserer Zeit wahrzunehmen. Über das Sich-Vertrautmachen mit dem Modernen Hebräisch, mit bestimmten Charakteristika seiner Entstehung und seines Gebrauchs kommen erhellende Bewusstseinsprozesse in Gang. Inkompatibilitäten, die einen bis tief ins Innere ergreifen, spiegeln auf sprachlicher Ebene die äußere Welt und verlangen nach interdisziplinär kreativer, philosophischer und handlungsrelevanter Auseinandersetzung.

The way a language is being used may give a special perspective on neu-ralgic points in human cultural development. The existence of Modern Hebrew as a spoken language is connected to the Jewish Haskala, to cultural Zionism and to the intensified immigration into Palestine due to the Russian Pogroms and the period of the Shoah. Becoming familiar with the language, its characteristic origins and its use in the State of Israel one will gain consciousness about central conflicts and contrasts which lie at the heart of our present-day social life. The view through language opens a dynamic perspective that lies underneath and before the approaches of our intellectual disciplines. Interdisciplinary and philosophic questions arise as a result of translation-processes that occur within the very being of an individual person as much as in the outside world.

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Bestandsnachweise 1817-9223