Das Themenheft zielt darauf ab, den Begegnungen von Jüdinnen und Juden entlang der afrikanischen Küste über Land und Meer zu nachzugehen. Die Beiträge untersuchen die jüdi-schen Wege in ihrer anthropologischen, architektonischen, historischen, literarischen und sozi-ologischen Dimension, das Heft versammelt Autorinnen und Autoren aus der Anthropologie, den Geschichts- und Literaturwissenschaften sowie der Kultursoziologie. Die Ausgabe bringt somit ein breites Spektrum von GeisteswissenschaftlerInnen zusammen, die über die histori-schen und geografischen Besonderheiten der jüdischen Präsenz an den Küsten Afrikas nach-denken. Sie erforschen die Komplexität der Peripherie eines Kontinents, in dem die Gestaltung der Erinnerung, die imperiale Stadtarchitektur, interreligiöse Spannungen und Identitätsverhandlungen, einschließlich der jüdischen multisäkularen Präsenz in Nordafrika, sorgfältig konstruiert werden.
Die Texte befassen sich mit der jüdischen transnationalen Migration und den transozeanischen Reisen entlang der afrikanischen Küste, mit der freiwilligen und/oder erzwungenen Zirkulation von Personen, ferner mit kulturellen Praktiken und Ideen. Sie befassen sich mit dem Thema der imperialen Herrschaft des britischen, französischen und italienischen Imperiums, sowohl im Kontext der Entwicklung dieser Reiche als auch im Kontext des Endes dieser Reiche.
In dieser Sammlung werden nord-, süd- und ostafrikanische Migrationserzählungen sowie die Erzählung von der Abwesenheit von Migration, den durch das Exil verursachten Unterbrechungen und den durch die Ablösung verursachten Verzerrungen untersucht. Die AutorInnen nutzen ein breites Spektrum an Quellen aus Archiven verschiedener öffentlicher und privater Einrichtungen, darüber hinaus Karten, Statistiken, literarische Texte, Sachbücher, Tagebücher, Familienbriefe, Korrespondenzen, Fotografien oder auch mündliche Aufzeichnungen und Videointerviews. Vor allem Briefe sind ein ununterbrochener Faden, der die Meere und Kontinente durchquert, ein interkulturelles Gewebe, das noch lange nach dem Verlassen dieser Orte weiterlebt.
Das Heft deckt ein breites Spektrum literarischer und historischer Forschungen ab - Architektur, autobiografische Entdeckungen, Diaspora- und Migrationsstudien, politische Geschichte, multikulturelle imperiale Politik, Menschenrechte, Antisemitismus, Gender, Dynamiken zwischen Kolonisatoren und Kolonisierten, Generationswechsel und transnationale Identitäten -, die zeigen die Beziehung zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Staatenlosen, Flüchtlingen auf der einen Seite, Nationalsozialisten und Faschisten oder den Repräsentanten des britischen, italienischen und französischen Imperiums auf der anderen. Die Artikel skizzieren Beispiele afrikanischer Juden, die nach Europa zogen und Beispiele europäischer Juden, die nach Afrika zogen. Sie beleuchten die unmittelbaren und die allmählichen Auswirkungen des Faschismus und des Nationalsozialismus und zeigen, wie die internen imperialen Strukturen weit über den europäischen Kontinent hinaus ausstrahlten.
Das Heft soll neue Einblicke in die Bricolage der jüdischen Migrationsgeschichte bietet, indem es die Bedeutung der jüdischen Reisen entlang der afrikanischen Küste aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht.