Ausstellungen gehören zu den Medien, die die Geschichtsvermittlung und die Erinnerung an die NS-Zeit seit Jahrzehnten prägen. Erinnert sei exemplarisch an die parallel zum ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess gezeigte Auschwitz-Ausstellung oder die Wanderausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ in den 1990er Jahren. Auch in den Gedenkstätten sind die festinstallierten Dauerausstellungen sowie zahlreiche temporäre oder begleitende Austellungen fester Bestandteil der Vermittlungsarbeit. Zahlreiche dieser Expositionen sind in jüngerer Vergangenheit erneuert worden, so z.B. in Ravensbrück (2013), in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin (2014) und jüngst am ehemaligen Sitz der KZ-Kommandantur in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen (2015). Andere Gedenkstätten arbeiten gerade intensiv an neuen Ausstellungen.
Auch beim Studienkreis Deutscher Widerstand 1933–1945 gibt es eine lange Ausstellungstradition, die wir 2016 mit der Eröffnung einer neuen Ausstellung über oppositionelle und widerständige Frauen fortsetzen wollen. Wie die zahlreichen Ausstellungen, die der Studienkreis in den vergangenen Jahrzehnten konzipiert und gezeigt hat, ist auch diese als Wanderausstellung angelegt. Sie soll, wie ihre Vorgängerinnen, nicht nur an den Orten der NS-Verbrechen zu sehen sein, sondern auch an Orten des Alltags, wie z.B. Schulen, Rathäuser, Kirchengemeinden u.a.m. Mitunter kommt es hier dann zu überraschenden Begegnungen mit Geschichte, indem man über eine ausgestellte Biografie im Rathaus, in der Schulpause oder beim Buchausleihen in der Stadtbibliothek „stolpert“.
Vieles hat sich in der Ausstellungspraxis seit den ersten Ausstellungen des Studienkreises und den ersten Dauerausstellungen in den Gedenkstätten gewandelt. Verbessert hat sich nicht nur die Quellenlage, es sind neue Forschungsergebnisse, andere didaktische Überlegungen und neue technische Möglichkeiten in die Konzeptionen mit eingeflossen. Diese Entwicklungen fordern gerade zu heraus, sich mit dem Thema „Ausstellungen“ intensiver auseinanderzusetzen: Welche Chancen bieten die Neukonzeptionen? Welche neuen Perspektiven werden entwickelt und diskutiert? Ist etwas verloren gegangen? Und was bedeutet die Digitalisierung von Ausstellungsangeboten? Die AutorInnen der vorliegenden Ausgabe der "informationen" versuchen diesen Aspekten nachzugehen.
Inhalt:
Editorial
Cornelia Siebeck Mind the gap! Zur Musealisierung der NS-Vergangenheit
Dietmar Sedlaczek Geschlossen oder offen? Überlegungen zur Ausstellungsgestaltung in KZ-Gedenkstatten
Impulse für die Gegenwart. Fragen zur neuen Ausstellung des Studienkreises
Katja Krause Längst überfällig. Über die neue Dauerausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Konzeptionelle Hintergründe. Prof. Dr. Johannes Tuchel zur neuen Ausstellung in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand (GDW)
Fabian Müller Ausstellungskonzeptionen für die Generation Y. Versuch einer Charakterisierung
Oliver Näpel Widerstand goes Web 2.0. Historisches Lernen bei digitalen Geschichtsangeboten
Werner Renz Erst spät dem Vergessen entrissen. Fritz Bauer und seine Darstellung im Film
Dietmar Schulze Gedenkbuch zur Erinnerung an die Opfer der NS-„Euthanasie“ in Sachsen
Filme und neue Medien
Buchbesprechungen
Wieder gelesen: Friedrich Wolf: Professor Mamlock
Thomas Altmeyer Ein längst überfälliges Symbol der Erinnerung. Philipp Schwartz (1894–1977)
Materialien zur historisch-politischen Bildung (Beilage) Andreas Pflock Ein Koffer mit Geschichte(n). Entdeckendes Lernen im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma