K. Bringmann u.a. (Hrsg.): Augustus. Schriften und Briefe

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Titel
Augustus. Schriften, Reden und Aussprüche


Herausgeber
Bringmann, Klaus; Wiegandt, Dirk
Reihe
Texte zur Forschung 91
Erschienen
Anzahl Seiten
336 S.
Preis
€ 59,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Andreas Klingenberg, Institut für Geschichte und Kunstgeschichte, Technische Universität Berlin

An Augustus kommt man in der Alten Geschichte kaum vorbei, sei es im Studium oder in der Lehre; auch in den Prüfungen ist die Zeit des Augustus ein gern gewähltes Thema. Die Akzente, die er für die römische Geschichte gesetzt hat, sind hinlänglich bekannt. Die Quellenlage ist jedenfalls vergleichsweise gut. Es liegen zudem nicht wenige direkte oder zumindest indirekte Zeugnisse von Aussprüchen und Schriften des Augustus selbst vor, die in dem hier vorgestellten Werk mit Übersetzung und Kommentar versehen publiziert sind. Verantwortlich zeichnen Klaus Bringmann, Emeritus an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, und Dirk Wiegandt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Historischen Seminar. Bringmann hat sich mehrfach als Augustus-Kenner ausgewiesen, etwa durch sein mit Thomas Schäfer verfasstes Studienbuch, durch seine Augustusbiographie, die letztlich auch den Anstoß zur vorliegenden Textsammlung gab, und zuletzt durch einen Aufsatz zu den „Grenzen und Möglichkeiten einer Biographie“ dieser historischen Figur.1

Bringmann und Wiegandt haben sich vorgenommen, „alle erreichbaren Textzeugnisse, die schriftliche und mündliche Hinterlassenschaft“ des Augustus zugänglich zu machen, besonders für das Studium der Alten Geschichte (S. 9). Ein derartiges Unternehmen ist bereits vorher angegangen worden, wobei die Sammlung von Henrica Malcovati immer noch Gültigkeit beansprucht, zumal Bringmann und Wiegand bei den einzelnen Fragmenten auch auf ihre Zählung verweisen.2 An dieser muss sich das vorliegende Werk daher messen lassen. Zuletzt 1969 in fünfter Auflage erschienen waren darin bereits die meisten der erhaltenen Fragmente aufgenommen. Doch einer breiteren Leserschaft war dieses Werk kaum zugänglich, da es die Textstücke nur in der Originalsprache präsentiert, Kommentar und Einleitung zudem in lateinischer Sprache abgefasst sind. Angesichts zurückgehender Kenntnisse der alten Sprachen erscheint eine Übersetzung in eine moderne Sprache als sinnvolles Unterfangen, zumal einige der Texte, darunter nicht nur Inschriften bzw. Papyri, bisher nicht oder nur an entlegenem Ort übersetzt vorliegen.3 Diese Erkenntnis leitete auch Bringmann und Wiegandt an, ihrer Edition eine deutsche Übersetzung beizugeben.

Die Übersetzung ist nicht das einzige Argument für eine neue Edition. Später entdeckte bzw. publizierte Inschriften und ein Papyrus, das Kölner Fragment der Grabrede auf Agrippa (P. Köln VI 249), sowie mehrere von Malcovati übersehene Texte der literarischen Überlieferung machen eine Ergänzung notwendig. Außerdem halten Bringmann und Wiegandt bei einigen Fragmenten die Urheberschaft des Augustus für zweifelhaft, die bei Malcovati unkommentiert abgedruckt sind (S. 23). Es handelt sich dabei um 15 Passagen, die zwar im hier rezensierten Werk aufgenommen, aber speziell gekennzeichnet sind. Über die Motivation und Anlage der Neuedition informiert die vergleichsweise knapp gehaltene Einleitung (S. 19–23). Hierin begründen die Herausgeber, inwiefern sie sich von ihren Vorgängern abheben, zumal von Malcovati, deren Gliederung nach Textgattungen sie aber im Wesentlichen übernehmen. Sie skizzieren dabei auch die Überlieferungsumstände und Besonderheiten verschiedener Textsorten. Die Fragmente sind unterschiedlich geartet, teilweise handelt es sich um Zusammenfassungen und Inhaltsbeschreibungen, teilweise um Wiedergaben in indirekter Rede und manchmal auch um wörtliche Zitate, die von Augustus stammen sollen (S. 20). Durch entsprechende Kürzel wird der Charakter jeder Stelle gekennzeichnet.

Der Aufbau ist jeweils derselbe, wobei die Texte durchlaufend nummeriert sind. Zuerst ist das lateinische oder griechische Originalzitat abgedruckt, der die Übersetzung folgt. Fast allen Stellen wird ein Kommentar beigegeben, der manchmal kurz ausfällt, bei wichtigen Textstücken jedoch auch größeren Umfang annehmen kann. Darin werden sowohl Überlieferungsschwierigkeiten wie auch Textkorruptelen und Ergänzungsvorschläge für Lücken diskutiert. Dies wird beispielsweise an dem Tatenbericht des Augustus deutlich: Obwohl vielfach publiziert, auch in verschiedenen Übersetzungen, macht sich die Neuedition bezahlt.4 Eine weitverbreitete Ergänzung, die auf Theodor Mommsen zurückgeht, hat sich durch einen Neufund als falsch erwiesen: Statt [potitus reru]m om[n]ium muss es im zentralen Kapitel 34 [pot]ens rerum omnium heißen, was Rudolf Kassel bereits vorgeschlagen hatte, ohne damit breite Wirkung zu entfachen.5 Ferner werden im Kommentar neben etwaiger Parallelüberlieferung inhaltliche Fragen und Probleme erklärt, beispielsweise Personalien erläutert.

Abweichend von ihrer Kapiteleinteilung, die sie von Henrica Malcovatis Edition übernommen haben, weisen Bringmann und Wiegandt die Textstücke fünf zentralen Bereichen zu (S. 22f.). Diese umfassen die literarischen Werke und Versuche (S. 25–32 u. 161–215); dazu werden auch die Reden gezählt (S. 161–179), da sie nach dem Vortrag schriftlich festgehalten und publiziert wurden. Ob diese Zuordnung sinnvoll ist, kann aber diskutiert werden, denn es handelt sich dabei nicht nur um Grabreden, sondern auch um Reden an das Volk bzw. den Senat. Weitere Themenbereiche sind die persönliche Korrespondenz auf der einen (S. 33–108) und die amtlichen Schreiben auf der anderen Seite (S. 109–160). Als eigene Abteilung verstehen die beiden Herausgeber ferner die Verfügungen des Augustus für den Fall seines Todes, darunter sein Testament und Weisungen für die künftige Regierung. Der Tatenbericht, sicherlich die bekannteste Schrift des Augustus und eine der wichtigsten Quellen für seine Zeit, kann dabei nicht fehlen (S. 229–281). Zu guter Letzt bilden die erhaltenen Aussprüche einen eigenen thematischen Abschnitt (S. 285–325). Eine Stellenkonkordanz und ein Namensregister beschließen den Band.

Ein abschließendes Fazit fällt relativ leicht: Die moderne und verständliche Übersetzung sowie der hilfreiche und auf dem aktuellen Stand der Forschung befindliche Kommentar werden der Textsammlung einen Platz in der Alten Geschichte sichern. Die Edition schickt sich an, die mittlerweile etwas betagte und zum Teil überholte Ausgabe von Henrica Malcovati zu ersetzen.

Anmerkungen:
1 Bringmann, Klaus; Schäfer, Thomas, Augustus und die Begründung des römischen Kaisertums, Berlin 2002; Bringmann, Klaus, Augustus. Darmstadt 2007; ders., Kaiser Augustus. Grenzen und Möglichkeiten einer Biographie, in: Gymnasium 115 (2008), S. 169–183.
2 Malcovati, Henrica (Hrsg.), Imperatoris Caesaris Augusti Operum Fragmenta, 5. Aufl., Turin 1969 (Erstauflage 1921).
3 Das betrifft etwa Macrobius, dem 23 Stellen entnommen sind. Allerdings ist eine Übersetzung der Saturnalia in Arbeit, verantwortlich dafür zeichnet Otto Schönberger, vgl. Gnomon 78 (2006), S. 479.
4 Es sei jedoch auf die aktuelle Ausgabe von John Scheid hingewiesen (mit Kommentar und Übersetzung ins Französische): Scheid, John (Hrsg.), Res gestae divi Augusti. Hauts faits du divin Auguste, Paris 2007.
5 Zu dem Neufund (publiziert von Paula Botteri, in: ZPE 144, 2003, S. 261–267) und der Ergänzung vgl. hier S. 279f. Die Konjektur von Rudolf Kassel hatte Dietfried Krömer publik gemacht: ders., Textkritisches zu Augustus und Tiberius (Res gestae c. 34 und Tac. ann. 6,30,3), in: ZPE 28 (1978), S. 127–144, hier 135. In seinem Studienbuch (wie Anm. 1) hatte Bringmann allerdings diese Konjektur bereits übernommen, vgl. dazu auch Konrad Vössing, Rezension zu: Bringmann, Klaus; Schäfer, Thomas: Augustus und die Begründung des römischen Kaisertums. Berlin 2002, in: H-Soz-u-Kult, 08.07.2003 <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2003-3-016>.

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