Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus; Band 17

Titel der Ausgabe 
Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus; Band 17
Weiterer Titel 
"Bürokratien. Initiative und Effizienz"

Erschienen
Berlin 2001: Assoziation A
Erscheint 
ISBN
3-935936-01-X
Anzahl Seiten
280 S.
Preis
34.-- DM (Im Abonnement 30.-- DM)
ISSN

 

Kontakt

Institution
Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus
Land
Deutschland
c/o
Sven Reichardt Universität Konstanz Universitätsstraße 10 Fach 1 78457 Konstanz Tel.: +49 (0)7531-88 5110 Fax: +49 (0)7531-88 3187
Von
Nolzen, Armin

Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus (vormals: Beitraege zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik)

Redaktion: Christoph Dieckmann, Christian Gerlach, Wolf Gruner, Anne Klein, Armin Nolzen, Beate Meyer, Babette Quinkert und Thomas Sandkuehler

Homepage: http://www.beitraege-ns.com

Die "Beitraege zur Geschichte des Nationalsozialismus" erscheinen einmal jaehrlich und verstehen sich als Forum einer kritischen Historiographie zur Geschichte des Nationalsozialismus. Sie stehen fuer eine politische Sozialgeschichte, mit deren Hilfe dazu beigetragen werden soll, die beunruhigende Stabilitaet und Effizienz des NS-Regimes zu erklaeren. Damit verbunden ist der Wunsch nach einer integrativen, betont empirischen Geschichtsschreibung, die vereinfachender Mythenbildung und reiner Ideologiebezogenheit ebenso entgegenwirken moechte wie reinen Strukturmodellen, die auf schematische Art und Weise widerspruechliche historische Prozesse, Akteure und Interessen hinter anonymen "Radikalisierungen" verschwinden lassen. Gegenueber den "Beitraegen" der ersten Jahre hat sich der Schwerpunkt von den politischen Planungen, Utopien und Eliten hin zur Untersuchung von politischer Praxis und ihren tatsaechlichen Auswirkungen sowie hin zu breiteren sozialen Gruppen verlagert. Zu diesem Zweck werden die "Beitraege" neben der staatlichen oder nationalen auch lokale und regionale Perspektiven beruecksichtigen. Darueber hinaus werden kuenftig in jedem Band 15-20 wichtige Neuerscheinungen zur Geschichte des Nationalsozialismus rezensiert.

Band 17: "Buerokratien. Initiative und Effizienz"

Herausgeber: Wolf Gruner und Armin Nolzen
Verantwortlich fuer den Rezensionsteil: Christoph Dieckmann und Anne Klein (September 2001)
ISBN 3-935936-01-X, 280 S., 34.-- DM (Im Abonnement 30.-- DM).

Inhaltsverzeichnis

Editorial (S. 7-15)
Welche Rolle spielten Verwaltungsbehoerden im "Dritten Reich"? Welche Initiativen ergriffen "ganz normale" Beamte und Angestellte? Welche Auswirkungen hatten ihre Entscheidungen? Mit anderen Worten, wie effizient waren die Taetigkeiten nationalsozialistischer Buerokratien und ihres Personals? Auch heute noch, mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des "Dritten Reiches", ist das Verwaltungshandeln eines der am meisten vernachlaessigten Forschungsfelder in der Geschichte des Nationalsozialismus. Die in diesem Band versammelten Aufsaetze verdeutlichen, dass das bisher uebliche Gegenueberstellen von nationalsozialistischen und traditionellen Verwaltungen der damaligen Realitaet nicht entspricht. NS-Sonderverwaltungen handelten nach Verwaltungsnormen, traditionelle Buerokratien bedienten sich zunehmend illegaler Praktiken. Statt Konkurrenz und Konflikt -- wie bisher zumeist angenommen -- dominierten Arbeitsteilung und Kooperation. Hierdurch verfuegten gerade Verwaltungen auf lokaler und regionaler Ebene ueber unerwartet grosse Handlungsspielraeume fuer eigene Initiativen. Innerhalb der allgemeinen politischen Vorgaben bestimmte so das jeweilige Personal massgeblich die Aktivitaeten der Behoerden im NS-Staat. Damit rueckt die persoenliche Verantwortung des Einzelnen wieder staerker in den Blick der NS- Forschung.

Aufsaetze

Monica Kingreen
Raubzuege einer Stadtverwaltung. Frankfurt am Main und die Aneignung "juedischen Besitzes" (S. 17-50)

Am Beispiel der Stadtverwaltung Frankfurt am Main zeigt Monica Kingreen, wie Oberbuergermeister Friedrich Krebs und leitende Kommunalbeamte vor allem nach dem Novemberpogrom 1938 vielfaeltige Initiativen ergriffen, um juedisches Eigentum zugunsten der Stadtfinanzen und zum Vorteil fuer das staedtische Renommee billig oder gar kostenlos zu erwerben. Kingreen schildert das ganze Spektrum der "Arisierungen" durch eine Kommune und deren Hergang: Juedische Stiftungen wurden ebenso "arisiert" wie Haeuser, Grundstuecke, Buecher, Gemaelde, Schmuck, Muenzen, Kultgegenstaende und Mobiliar. Leiter und Personal des Bauamtes, des Fuersorgeamtes, des Kulturamtes und der staedtischen Museen betrieben aktiv und zum "Wohle" Frankfurts eine umfassende "Arisierungspolitik", die den Massnahmen auf Reichsebene oft zuvorkam. Doch nicht nur in der Stadt selbst wurde manches Gut den Verfolgten unter Druck abgepresst. Seit Kriegsbeginn reisten Kommunalbeamte, ausgestattet mit staedtischen Sondermitteln, in die von Deutschland besetzten Gebiete, um die "Gunst der Stunde" zu nutzen, und auch dort "juedisches Eigentum" so billig wie moeglich aufzukaufen.

Kiran Klaus Patel
Der Arbeitsdienst fuer Maenner im Machtgefuege des "Dritten Reiches" (S. 51- 79)

Kiran Klaus Patels Beitrag beschaeftigt sich mit der Funktion des Arbeitsdienstes fuer Maenner innerhalb des "Dritten Reiches". Er analysiert die zum Teil gewalttaetige "Gleichschaltung" bestehender Einrichtungen des Freiwilligen Arbeitsdienstes nach 1933, wodurch es Reichsarbeitsfuehrer Konstantin Hierl gelang, eine neue NS-Organisation zu errichten. Da diese Organisation sich zunaechst auf ihren eigenen institutionellen Ausbau konzentrierte, um regimeinterne Konkurrenz zu ueberwinden, musste ihr Auftrag, die Erwerbslosen im Sinne der neuen Machthaber zu erziehen, am Anfang des "Dritten Reiches" zuerst einmal zurueckstehen. Spaeter wurde dann das Erziehungsprogramm des Arbeitsdienstes bis ins kleinste Detail geregelt und dominierte auch den Alltag der Dienstleistenden. Nachdem Hierl Fakten geschaffen hatte, wurde seine Organisation 1935 als "Reichsarbeitsdienst" per Reichsgesetz institutionell verankert. Aufgrund der Kriegsvorbereitung verlor der Arbeitsdienst nach 1937 seine Erziehungsfunktion weitgehend und wurde militaerischen und ruestungswirtschaftlichen Zielen unterworfen. Im Krieg nahm der Arbeitsdienst als Bestandteil von Wehrmachtsverbaenden schliesslich auch an Kampfhandlungen und Verbrechen teil.

Markus Leniger
"Heim im Reich?" Das Amt XI und die Umsiedlerlager der Volksdeutschen Mittelstelle, 1939-1945 (S. 81-109)

Seit Kriegsbeginn war das Amt XI der Volksdeutschen Mittelstelle fuer die Verwaltung von mehr als 1.500 Lagern im "Altreich" zustaendig, die jene in das Reich geholten "Volksdeutschen" beherbergten, fuer die kurzfristig keine Ansiedlungsmoeglichkeiten geschaffen werden konnten. Die Einsatzfuehrungen der Volksdeutschen Mittelstelle legten vor Ort ein hohes Mass an Eigeninitiative an den Tag. Die Beschaffung der Lagerkapazitaeten geschah im "Altreich" auf Kosten der beiden Kirchen und im Warthegau durch die Vertreibung von Juden und Polen. Bei der Lagerverwaltung und der Betreuung der Umsiedler herrschte oftmals Chaos und Dilettantismus. Die Volksdeutsche Mittelstelle und ihr Amt XI waren Teil des Behoerdenkomplexes, den der Reichskommissar fuer die Festigung des Deutschen Volkstums, Heinrich Himmler, seit dem Herbst 1939 fuer eine rassistische "Neuordnung Europas" aufgebaut hatte.

Martin Moll
Die Abteilung Wehrmachtpropaganda im Oberkommando der Wehrmacht: Militaerische Buerokratie oder Medienkonzern? (S. 111-150)

Diese Studie ueber die Abteilung Wehrmachtpropaganda im Oberkommando der Wehrmacht rueckt die Arbeit von "Fachleuten" in den Mittelpunkt. Der Autor zeigt, dass die Wehrmachtpropaganda von armeefremden Medienspezialisten betrieben wurde. In der militaerischen Buerokratie war die Abteilung Wehrmachtpropaganda eine neue Verwaltungseinheit. Diese trug teilweise privatkapitalistische Zuege, denn sie baute in den seit 1939 besetzten Laendern regelrechte Medienkonzerne auf. Letztere arbeiteten zwar wirtschaftlich und finanziell effektiv, doch galt das kaum fuer ihr politisches Ziel der medialen Beeinflussung der autochthonen Bevoelkerungen. Der Terror der Besatzungsherrschaft wurde durch professionell gestaltete Propaganda ergaenzt. Unter den "Fachleuten" befanden sich viele Nationalsozialisten, wie Molls Beispiel Julius Lippert zeigt, der vormals Redakteur der NS-Zeitschrift "Der Angriff" und in den 1930er Jahren dann Oberbuergermeister von Berlin gewesen war. Die "Fachleute" identifizierten sich mit den Kriegszielen und formten die Wehrmachtpropaganda zu einer der tragenden Saeulen des NS-Besatzungsregimes.

Jan Erik Schulte
Die Konvergenz von Normen- und Massnahmenstaat: Das Beispiel SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt, 1925-1945 (S. 151-188)

Jan Erik Schultes Beitrag ueber das Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS zeigt die Bedeutung, die "Fachleute" fuer das Funktionieren einer nationalsozialistischen Buerokratie besassen. Unter dem langjaehrigen NSDAP- Mitglied Oswald Pohl, vorher Marinezahlmeister, gestalteten nicht, wie vielleicht von manchem erwartet, "Alte Kaempfer" oder SS-Leute die Politik dieses so wichtigen SS-Amtes, sondern speziell aus Militaer und Wirtschaft abgeworbene Verwaltungsspezialisten. Sie handelten, unabhaengig von ihrem Einsatzgebiet, vor allem nach traditionellen buerokratischen Verwaltungsnormen. Ob sie das Finanzgebaren anderer SS-Aemter prueften oder die Taetigkeiten der "Aktion Reinhardt", also die "Verwertung" des den ermordeten Juden geraubten Eigentums ueberwachten, ob sie SS- Wirtschaftsunternehmen aufbauten oder Konzentrationslager verwalteten: Diese Spezialisten verrichteten ihre Taetigkeiten, so Schulte, immer nach denselben "professionellen" Massstaeben. Etwaige Skrupel beschlichen sie, trotz der vielen offensichtlichen Verbrechen, nicht.

Ralf Blank
Albert Hoffmann als Reichsverteidigungskommissar im Gau Westfalen-Sued, 1943- 1945. Eine biografische Skizze (S. 189-210)

Der Reichsverteidigungskommissar war eine im Zweiten Weltkrieg geschaffene staatliche Sonderverwaltung. Blank untersucht deren Taetigkeit anhand des Beispiels von Albert Hoffmann, dem Gauleiter von Westfalen-Sued. Als Ende 1942 allen Gauleitern der NSDAP auch die Funktion von Reichsverteidigungskommissaren uebertragen wurde, vereinigten diese NS- Funktionaere staatliche und parteiamtliche Aufgaben in ihrer Person. Dies betraf auch Hoffmann. Seine Aktivitaeten als Reichsverteidigungskommissar konzentrierten sich darauf, die Folgen des alliierten Bombenkrieges zu bekaempfen. Zur Umsetzung seiner Politik bediente sich Hoffmann nicht nur staatlicher Behoerden wie des zustaendigen Regierungspraesidiums, sondern mobilisierte darueber hinaus auch Unterorganisationen der NSDAP. Waehrend die staatlichen und kommunalen Verwaltungsorgane in Westfalen-Sued seit 1942/43 durch die alliierten Luftangriffe mehr und mehr gelaehmt waren, gelang es Hoffmann auf diese Weise, die Versorgung der Bevoelkerung, deren Bombenschutz und die Beseitigung der Schaeden zu organisieren.

Fundstueck

Herbert Ruland
"Die Tatsache scheint zu erschrecken, dass so etwas in Aachen moeglich ist". Unbekannte Fotografien vom Morgen nach der Pogromnacht (S. 211-222)

Rezensionen

Mark Roseman, A Past in Hiding. Memory and Survival in Nazi Germany (Christian Gerlach)

Elisabeth Kraus, Die Familie Mosse (Ute Frevert)

Frank Bajohr, Parvenues und Profiteure. Korruption in der NS-Zeit (Thomas Sandkuehler)

Gerhard Paul/Klaus-Michael Mallmann (Hg.), Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg (Armin Nolzen)

Manfred Kittel, Provinz zwischen Reich und Republik und Andreas Wirsching, Vom Weltkrieg zum Buergerkrieg? (Sven Reichardt)

Sybille Steinbacher, "Musterstadt" Auschwitz (Frank Bajohr)

Bernd C. Wagner, IG Auschwitz (Rainer Froebe)

Michael Ruck, Bibliographie zum Nationalsozialismus, 2. Aufl. (Wolf Gruner)

Rolf-Dieter Mueller/Gerd R. Ueberschaer, Hitlers Krieg im Osten (Christoph Dieckmann)

Robert Bohn, Reichskommissariat Norwegen (Christoph Dieckmann)

1999. Zeitschrift fuer Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, 16. Jahrgang, Heft 1 (Armin Nolzen)

Heike Kreutzer, Das Reichskirchenministerium im Gefuege der nationalsozialistischen Herrschaft (Marnie Schlueter)

Sabine Hering/Kurt Schilde, Das BDM-Werk "Glaube und Schoenheit" (Armin Nolzen)

Dirk Rupnow, Taeter, Gedaechtnis, Opfer. Das "Juedische Zentralmuseum" in Prag 1942-1945 (Anne Klein)

Phillipp-Christian Wachs, Der Fall Oberlaender (Babette Quinkert)

Fabrice Virgili, La France "virile". Des femmes tondues à la Libération (Insa Meinen)

Peter Novick, The Holocaust in American Life (Jeffrey Herf)

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