Archive waren nicht immer offene Stätten der Forschung. In den Zeiten des Alten Reichs und noch zum Teil darüber hinaus galten sie vielmehr als Orte, die Zugangsbeschränkungen unterlagen. Die darin verwahrten Urkunden, Amtsbücher und Akten sicherten Rechts- und Herrschaftstitel und dokumentierten Vorgänge aus dem innersten Kreis der Herrschenden. In Zeiten, als die gesellschaftliche Ordnung auf Privilegien und Besitztiteln beruhte, galten Archive daher als Schatzkammern und Herrschaftsgaranten. Das am 28. November 2019 in der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns abgehaltene Fachgespräch unter dem Titel „Archive im alten Reich als Herrschaftsinstrumente“ widmete sich diesem Thema. Die Ergebnisse dieser Tagung werden ergänzt um weitere einschlägige Beiträge ausgewiesener Expertinnen und Experten aus Archiven, Bibliotheken und der universitären Forschung im vorliegenden Band der Archivalischen Zeitschrift präsentiert.
Margit Ksoll-Marcon Einführung
Anett Lütteken „Geheimniss mit schwerem Schloss und Riegel“? Skizzen zu einer Kulturgeschichte der Archive im Alten Reich
Elisabeth Weinberger In die Registratur oder ins Archiv? Zur Zusammenarbeit von altbayerischen Archiven und Registraturen zwischen 1500 und 1800
Gerhard Immler Getrennt und doch ganz nah. Archiv und Registratur im Fürststift Kempten im 17. und 18. Jahrhundert
Klaus Rupprecht Das Archiv des Hochstifts Bamberg. Bestände, Aufgaben und Verhältnis zu den Behördenregistraturen
Joseph S. Freedman Central European Publications on the Subject-Matter of Archives (1664–1804) in the Context of Ius Archivi
Udo Schäfer Hatten die Hansestädte im 16. und 17. Jahrhundert individuell das Ius Archivi inne? Zur Edition von Urkunden in einem Prozess zwischen dem Grafen zu Holstein-Pinneberg und der Hansestadt Hamburg vor dem Reichskammergericht
Joachim Wild Das ius archivi – Wunschtraum und Wirklichkeit im Leben eines Registrators/Archivars in der Zeit um 1800
Paul Warmbrunn Geschichtsschreibung, Staatsrecht und Archivtheorie in den Territorien der pfälzischen Wittelsbacher (mit besonderer Berücksichtigung der pfalz-zweibrückischen Archivare Johann Heinrich und Georg August Bachmann)
Daniel Burger Das Geheime Archiv des Fürstentums Brandenburg-Ansbach und seine Blüte im 18. Jahrhundert
Denny Becker Die Erfindung der Akte in der ostpreußischen Landesverwaltung
Holger Berwinkel Max Lehmann und das Archiv der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen
Ludwig Biewer Pergamenturkunden des Stadtarchivs von Reval/Tallinn. Erinnerungen an eine unvollendete archivarische Arbeit und einige biographische Bemerkungen
Philip Haas „Organisches Wachstum“ und Provenienzprinzip. Grundlage oder Altlast der Archivwissenschaft?
Adelheid Krah An der Schwelle zur Institutionenbildung. Ein mittelalterlicher Archivbehelf im bischöflichen Archiv zu Freising
Clemens Regenbogen Die Geschichte der archivarischen Ausbildung in Deutschland bis 1949/50. Ein Überblick aus Anlass des 200-jährigen Bestehens archivischer Schulen in Europa
Tom Tölle Adelige Archivpraxis in der Weimarer Republik im Spannungsfeld von staatlicher Zentralisierung und regionaler Innovation. Das Beispiel der „Vereinigten Westfälischen Adelsarchive“
Carolin Weichselgartner Das Archiv der Deutschen Kapuzinerprovinz
Ergänzt wird der Band durch Zusammenfassungen in deutscher, englischer, französischer und tschechischer Sprache.