Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften (ZfdG) 5 (2020)

Titel der Ausgabe 
Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften (ZfdG) 5 (2020)
Weiterer Titel 

Erschienen
Wolfenbüttel 2020: Selbstverlag
Erscheint 
jährlich
Preis
Open Access

 

Kontakt

Institution
Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften (ZfdG)
Land
Deutschland
c/o
Lisa Klaffki / Torsten Kahlert -Redaktionsverantwortliche- Herzog August Bibliothek Lessingplatz 1 D-38304 Wolfenbüttel Tel.: +49 (0) 5331 808 214 zfdg@mww-forschung.de
Von
Kahlert, Torsten

Inhaltsverzeichnis

CaeMmCom – Corpus altaegyptischer multimodaler Communication. Der Aufbau einer multimodalen Datensammlung altägyptischer Kommunikate
Rebecca Döhl, Silvia Kutscher und Jens-Martin Loebel
http://dx.doi.org/10.17175/2020_002

Analyse von Begleittexten am Beispiel von 103 Ethnografien
Fabienne Kilchör und Jörg Lehmann
http://dx.doi.org/10.17175/2020_003

Digital Methods in Difficult Ethnographic Fields: Studying Knowledge Flows as Complex Networks through a Facebook Analysis
Lisa Jenny Krieg und Julia Poerting
http://dx.doi.org/10.17175/2020_001

Digitale Lernplattformen und Open Educational Resources im Altsprachlichen Unterricht I. Technische Spielräume am Beispiel des ›Grazer Repositorium antiker Fabeln‹ (GRaF)
Sarah Lang und Lukas Spielhofer
http://dx.doi.org/10.17175/2020_004

Abgeleitete Textformate: Text und Data Mining mit urheberrechtlich geschützten Textbeständen
Christof Schöch, Frédéric Döhl, Achim Rettinger, Evelyn Gius, Peer Trilcke, Peter Leinen, Fotis Jannidis, Maria Hinzmann, Jörg Röpke
https://doi.org/10.17175/2020_006

›A Digital Edition Is Not Visible‹ - Some Thoughts on the Nature and Persistence of Digital Editions
Thomas Stäcker
https://doi.org/10.17175/2020_005

»[E]in Vater, dächte ich, ist doch immer ein Vater«. Figurentypen und ihre Operationalisierung
Benjamin Krautter, Janis Pagel, Nils Reiter und Marcus Willand
https://doi.org/10.17175/2020_007

Abstracts (de/en)

Rebecca Döhl, Silvia Kutscher und Jens-Martin Loebel: CaeMmCom – Corpus altaegyptischer multimodaler Communication. Der Aufbau einer multimodalen Datensammlung altägyptischer Kommunikate
Der Beitrag beschreibt die Einführung einer neuen digitalen Methode zur Erforschung multimodaler graphischer Kommunikation für die Ägyptologie. Im Zentrum steht dabei der Aufbau eines digitalen Corpus, das Daten zur graphischen Kommunikation erfasst und dabei Verfahren entwickelt, neben Texten und Bildern auch Text-Bild-Kompositionen sowie deren räumliche Bedeutungsaspekte systematisch zu beschreiben, zu annotieren und zu visualisieren. Dadurch sollen im Fach neue Wege beschritten werden, mediale und kulturelle Gegebenheiten und Entwicklungen aus synchroner (z. B. Genretypen) als auch aus diachroner Perspektive (z. B. Entstehung und Entwicklung von Genres) datengeleitet zu identifizieren und nachzuvollziehen.

The article describes the implementation of a new digital method for researching multimodal graphic communication for Egyptology. The focus is on the construction of a digital corpus, which collects data for graphic communication and develops methods to systematically describe, annotate and visualise texts, images, and text-image-compositions, as well as their spatial meaning. This is intended to break new ground in the subject in order to identify and understand media and cultural conditions and developments from a synchronous (e.g. genre types) and from a diachronic perspective (e.g. genesis and development of genres).

Fabienne Kilchör und Jörg Lehmann: Analyse von Begleittexten am Beispiel von 103 Ethnografien
Die vorliegende Studie präsentiert und erprobt eine Methodik, mit der die Paratexte eines mittelgroßen Textkorpus erfasst und analysiert werden. Zunächst wird eine Einführung in die Erzähltheorie gegeben, dann werden die einzelnen methodischen Schritte zur Erfassung der unterschiedlichen paratextuellen und textuellen Signale ausführlich dargelegt. Deren Quantifizierung ermöglicht ein Clustering und damit die Zusammenfassung der untersuchten Texte in Gruppen. An einem Korpus von 103 wissenschaftlichen Ethnografien wird beispielhaft vorgeführt, zu welchen Ergebnissen die Analyse von Paratexten führen kann. Sie zeigt, dass ethnografisches Schreiben im 20. Jahrhundert zwischen einer wissenschaftlichen Darstellung einerseits und einer autobiografischen Erzählform andererseits changiert. Die Analyse nimmt dabei sowohl das Textkorpus als Ganzes in den Blick als auch die Entwicklungen im Zeitverlauf. Hieran lässt sich die Geschichte der Disziplin nachvollziehen, die das Forschersubjekt zunächst passiv als neutralen Beobachter konzipiert hat und erst in jüngerer Zeit als aktiv interagierende Persönlichkeit präsentiert. Der Schlussteil diskutiert Möglichkeiten zur Automatisierung der Datenerhebung sowie den Einsatz von machine learning-Verfahren. Das Potential von Paratextanalysen, Einsichten in die sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert vollziehende funktionale Ausdifferenzierung der Darstellungskonventionen zu gewähren, wird so umrissen.

This study presents and tests a methodology with which the paratexts of a medium-sized text corpus are recorded and analysed. In the first part, the theory is introduced, then the separate methodical steps for the acquisition of the different paratextual and textual signals are explained in detail. Their quantification allows the clustering of the collected data and thus the grouping of the texts under study. A corpus of 103 scientific ethnographies is used as an example to demonstrate the results to which the analysis of paratexts can lead. This shows that ethnographic writing in the 20th century oscillates between a scientific presentation on the one hand, and an autobiographical presentation on the other. The analysis focuses both on the text corpus as a whole and on developments over time, which allows to trace the history of the discipline, that had initially conceived the subject of the researcher passively as a neutral observer. It has more recently been presented as an active personality acting and interacting in a social environment. The final part of the study discusses possibilities for automated data collection and the use of machine learning methods. The potential of paratextual analyses to provide insights into the functional differentiation of conventions of representation is thus outlined.

Lisa Jenny Krieg und Julia Poerting: Digital Methods in Difficult Ethnographic Fields: Studying Knowledge Flows as Complex Networks through a Facebook Analysis
Dieser Artikel untersucht, wie digitale Methoden, z. B. die Analyse von Facebook page like networks, bei schwer zugänglichen Forschungsfeldern ethnographische Methoden ergänzen können. Mit Ansätzen aus Geographie, Ethnologie und Medienwissenschaften diskutieren wir zwei Fallstudien mit schwierigem Zugang zum Feld: Ein biolandwirtschaftlicher Betrieb in Pakistan und eine NGO, die Wissen über psychoaktive Drogen zirkuliert. Methodisch argumentieren wir, dass Netzwerk-Visualisierungen von sozialen Medien eine sinnvolle Erweiterung des Methodenspektrums darstellen, sie jedoch ethnographische Kontextualisierung benötigen. Auf konzeptioneller Ebene verstehen wir diese Netzwerke als komplexe Wissenssysteme, in denen großen Strukturen durch kleine Bewegungen entstehen.

This article explores how digital methods, such as the analysis of Facebook page like networks, can complement ethnographic fieldwork, especially in cases of difficult access to a field. Drawing from anthropology, geography, and media studies, we present two case studies where ethnographic access is challenging: one organic farm in Pakistan, and an NGO that circulates knowledge on psychoactive drugs. On a pragmatic level, we argue that network visualizations based on social media are insightful for difficult fields, but, like ›satellite images‹, they need ethnographic contextualization. On the conceptual level, we understand these networks as complex knowledge networks, where large-scale structures emerge through small-scale action.

Sarah Lang und Lukas Spielhofer: Digitale Lernplattformen und Open Educational Resources im Altsprachlichen Unterricht I. Technische Spielräume am Beispiel des ›Grazer Repositorium antiker Fabeln‹ (GRaF)
Die Frage nach dem Lehren und Lernen im digitalen Raum wurde von der Mediendidaktik in den vergangenen Jahren bereits ausführlich behandelt; digitale Methoden haben sich mittlerweile sowohl in der Forschung als auch im schulischen Umfeld mehr und mehr durchgesetzt. Dennoch wird den neu gewonnenen Erkenntnissen in der Theorie und Praxis der Vermittlung von Latein und Griechisch nach wie vor noch zu wenig Bedeutung zugemessen. Insbesondere das Gebiet der digitalen Lehr-/Lernressourcen bzw. der Open Educational Resources findet bisweilen eher wenig Beachtung in der Fachdidaktik der Klassischen Sprachen. Daher widmet sich dieser Beitrag, der Teil 1 einer interdisziplinär angelegten Untersuchung darstellt, diesem Medium zunächst von Seiten der Digital Humanities, um die technischen Spielräume digitaler Lehr-/Lernressourcen für die Anwendung im altsprachlichen Unterricht auszuloten und dabei insbesondere terminologisch-definitorische Fragestellungen in den Blick zu nehmen. Als Beispiel dafür dient die jüngst fertiggestellte digitale Fabel-Ausgabe ›Grazer Repositorium antiker Fabeln‹ (GRaF).

The topic of teaching and learning in digital spaces has already been discussed extensively in the past few years. By now, digital methods have been well established in both academic research and school education. However, the implementation of the recently gained insights from the field of media didactics into the theory and practice of teaching Greek and Latin has largely been neglected. Very little attention is paid in particular to the field of digital resources, Open Educational Resources respectively, when it comes to teaching methodology in Classics. Therefore, this article – as the first part of an interdisciplinary analysis – aims at approaching these digital media from a Digital Humanities point of view. It is primarily focused on terminology and definitions in order to determine the technical possibilities of digital educational resources for use in classes of classical philology. The only recently completed digital edition of the ›Grazer Repositorium antiker Fabeln‹ (GRaF) (›Graz repository of ancient fables‹) will be used as an example.

Christof Schöch, Frédéric Döhl, Achim Rettinger, Evelyn Gius, Peer Trilcke, Peter Leinen, Fotis Jannidis, Maria Hinzmann, Jörg Röpke: Abgeleitete Textformate: Text und Data Mining mit urheberrechtlich geschützten Textbeständen
Das Text und Data Mining (TDM) mit urheberrechtlich geschützten Texten unterliegt trotz der TDM-Schranke (§ 60d UrhG) weiterhin Einschränkungen, die u. a. die Speicherung, Veröffentlichung und Nachnutzung der entstehenden Korpora betreffen und das volle Potenzial des TDM in den Digital Humanities ungenutzt lassen. Als Lösung werden abgeleitete Textformate vorgeschlagen: Hier werden urheberrechtlich geschützte Textbestände so transformiert, dass alle wesentlichen urheberrechtlich relevanten Merkmale entfernt werden, verschiedene einschlägige Methoden des TDM aber weiterhin zum Einsatz kommen können. Mehrere abgeleitete Textformate werden aus Sicht der Computational Literary Studies, der Informatik, der Gedächtnisinstitutionen und der Rechtswissenschaften beleuchtet.

Despite the TDM exception in German copyright law, Text and Data Mining (TDM) with copyrighted texts is still subject to restrictions, including those concerning the storage, publication and follow-up use of the resulting corpora, leaving the full potential of TDM in the Digital Humanities untapped. We propose derived text formats as a solution: here, copyrighted textual materials are transformed in such a way that copyright-relevant features are removed, but that the use of various relevant methods of TDM remains possible. Several derived text formats are examined from the perspectives of Computational Literary Studies, Computer Science, memory institutions and Law.

Thomas Stäcker: ›A Digital Edition Is Not Visible‹ - Some Thoughts on the Nature and Persistence of Digital Editions
After a period of experimentation and prototyping, digital editions are considered a common standard and a serious, quite often even a better alternative to printed editions. In addition the TEI/XML provides a well introduced standard for mark-up of all relevant structural and semantic elements of an edition. In spite of this process of consolidation the digital edition is still accompanied by harsh critique, particularly by objecting that mark-up leaning on XML fosters a text model of an Ordered Hierarchy of Content Objects (OHCO) that does not fit all editorial problems and limits the flexibility of the editor. As a consequence many attempts have been undertaken to overcome these limits of XML, but up to now without much success. By narrowing down the perspective, however, to problems of the text model seemingly caused by XML it was often overlooked that a digital edition consists of more than a XML file. This contribution attempts to show that the critique can be dissolved when the edition is viewed not merely as a XML file, but as an ensemble of its components. In doing so it can also be shown that other than its critiques maintain a digital edition is not less stable or persistent than its printed predecessor. The seeming fluidity of digital edition disappears if it is no longer determined by its visible surface, but according to its algorithmic nature by the interplay of its components of text, structure, layout, interface and metadata.

Nach einer Phase des Experimentierens und Ausprobierens haben sich digitale Editionen weitgehend durchgesetzt und gelten als ernstzunehmende, ja bessere Alternative zu gedruckten Editionen. Mit TEI/XML steht zudem ein konsolidierter Standard für die Auszeichnung der relevanten strukturellen und semantischen Elemente einer Edition zur Verfügung. Doch nach wie vor begleitet diesen Prozess der Konsolidierung teils scharfe Kritik, vor allem mit dem Vorwurf, dass das auf XML basierende Markup ein Textmodell der Ordered Hierarchy of Content Objects (OHCO) begünstige, das zahlreichen Editionsproblemen nicht gerecht werde bzw. die Flexibilität des Editors einschränke. In der Folge sind vielfältige Versuche unternommen worden, diese Einschränkungen von XML zu überwinden, ohne dass sich jedoch eine der vorgeschlagenen Alternativen durchgesetzt hätte. Zugleich ist mit der Engführung der Kritik auf das scheinbar durch den XML Standard bedingte Textmodell aus dem Blick geraten, dass eine digitale Edition aus mehr besteht als lediglich einer XML Datei. Der Beitrag versucht aufzuzeigen, dass die einseitige Kritik an XML sich weitgehend auflöst, wenn die digitale Edition nicht nur als XML Datei, sondern als Ensemble ihrer Komponenten verstanden wird. Zugleich läßt sich daran aufzeigen, dass die digitale Edition, anders als ihre Kritiker behaupten, keinesfalls flüchtiger oder instabiler ist als ihr gedruckter Vorgänger. Das scheinbar Flüchtige löst sich auf, wenn sie nicht mehr aus der sichtbaren Oberfläche, sondern, ihrer algorithmischen Natur folgend, aus dem funktionalen Zusammenspiel aller Komponenten von Text, Struktur, Layout, Schnittstelle und Metadaten, bestimmt wird.

Benjamin Krautter, Janis Pagel, Nils Reiter und Marcus Willand: »[E]in Vater, dächte ich, ist doch immer ein Vater«. Figurentypen und ihre Operationalisierung
Dieser Artikel behandelt die Operationalisierung von Figurentypen im deutschsprachigen Drama. Ausgehend von der dramen- und theatergeschichtlichen Forschung werden Figuren bestimmt, die einem der drei Figurentypen ›Intrigant*in‹, ›tugendhafte Tochter‹ und ›zärtlicher Vater‹ entsprechen. Für die Figuren wurden eigenschaftsbasierte Datensätze erstellt, die zu ihrer automatischen Klassifikation herangezogen werden. Neben die inhaltliche Komplexität von Figuren und die theoretische Bestimmung von Figurentypen tritt die methodische Herausforderung, ausgehend von einer kleinen Menge an Annotationen zu generalisieren. Unsere Experimente zeigen, dass sich die gewählten Typen jeweils innerhalb einer Grundgesamtheit als abgrenzbare Teilmengen herausbilden.

This article deals with the operationalization of character types in German-language drama. Based on literary and theatre history, we identify characters that belong to one of the three types: ›schemer‹, ›virtuous daughter‹ and ›tender father‹. For the characters in our corpus, property-based data sets were established, which are then used in turn for their automatic classification. In addition to the complexity of characters and the theoretical determination of character types, we discuss the methodological challenge of generalizing from a small set of annotations. Our experiments show that the selected types emerge as definable subsets within a population.

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