Liebe Leserinnen und Leser,
am 31. August erscheint die September-Ausgabe der „Blätter“ mit Beiträgen u.a. von Yoshikazu SAKAMOTO, Peter BENDER, Rolf MÜTZENICH, Wolfgang ENGLER, Detlef HENSCHE, Dilek ZAPTCIOGLU u.v.a.
Yoshikazu Sakamoto Krieg und Frieden nach 9/11
Die Welt ist nach „Nine-Eleven“ eine andere, lautet die gängige Lesart. Die Anschläge von New York gelten als Wasserscheide der Geschichte. Professor Yoshikazu Sakamoto von der Universität Tokio teilt diese Auffassung nicht. Geändert habe sich nicht die Welt, sondern Amerikas Weltsicht. Sakamoto analysiert die Auswirkungen dieser veränderten Wahrnehmung und fordert die Auseinandersetzung mit den entscheidenden Problemen der Welt, welche angesichts des „War on Terror“ immer mehr in Vergessenheit geraten.
Peter Bender Nähe und Ferne Das deutsch-amerikanische Verhältnis und die Zukunft des Westens
Der Einfluss der US-amerikanischen Übermacht schwindet, die „Emanzipation“ der Deutschen schreitet voran: Doch worauf gründet sich eigentlich noch unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten? Peter Bender, Publizist und langjähriger Korrespondent für ARD und WDR, resümiert die Vergangenheit und plädiert für die Zukunft der westlichen Allianz: Der rasante Aufstieg Asiens zwinge zu einer Renaissance der atlantischen Gemeinschaft, allerdings diesmal unter Einschluss Russlands.
Rolf Mützenich Atomare Hegemonie Das neue Wettrüsten im 21. Jahrhundert
Der Kalte Krieg ist vorbei, nicht aber das atomare Wettrüsten. Doch statt bloß zweier konkurrieren jetzt viele Staaten um die atomare Vormacht. Angesichts der fortgesetzten Erosion der US-Hegemonie plädiert Rolf Mützenich, Historiker, Politikwissenschaftler sowie abrüstungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, für eine Wiederaufnahme der Rüstungskontrolle. Andernfalls werde dem atomaren Schlagabtausch Tür und Tor geöffnet.
Anselm Weidner Diktatorensturz und Demokratieexport Die „Junge Internationale“ als fünfte Kolonne?
Demokratisierung durch gewaltlosen Widerstand ist die Devise, die „fröhliche Farbrevolution“ das Schlagwort: Regelmäßig wird suggeriert, es handle sich bei den Umbrüchen in Osteuropa um spontane Volksaufstände, die zum Regimewechsel führen. Anselm Weidner, Jurist und Pädagoge aus Berlin, deckt auf, dass die „Revolutionen“ der vergangenen Jahre, von Serbien über die Ukraine bis zum Libanon, keineswegs so autonom waren, wie sie schienen. Im Gegenteil: Wenn die Vereinigten Staaten oder die EU kein Interesse daran haben, finden sie nicht statt. Diese Tatsache verlangt eine neue Interpretation der „revolutionären“ Entwicklungen.
Olaf Leiße und Melha Rout Biel Kontinuierliche Katastrophe Der arabisch-afrikanische Konflikt im Sudan
Ein verfehltes Nation-Building, eine fehlende politische Kultur und unfähige wie unwillige Eliten sorgen für eine permanente Krise im Sudan – mit Hunderttausenden von Toten. Doch, so die These der beiden Erfurter Politikwissenschaftler Melha Rout Biel und Olaf Leiße, wenn es nicht gelingt, das Regime in Khartum nachhaltig zu pazifizieren, wird es auch zukünftig keinen dauerhaften Frieden im Sudan geben.
Wolfgang Engler Arbeit als Option Plädoyer für das „Recht auf Leben ohne Arbeit“
Käse oder Schinken, Hemd oder Hose, Single oder Lebensabschnittspartner: Die westliche „Multioptionsgesellschaft“ stellt scheinbar alles zur Wahl. Nur eine Wahl bleibt uns versagt: zu arbeiten oder nicht zu arbeiten. Gegen die Verengung der Debatte auf ein bürokratisches Grundeinkommen stellt deshalb Wolfgang Engler, Professor für Kultursoziologie und Rektor der Berliner Ernst-Busch-Hochschule für Schauspielkunst, die Lohnarbeit als solche zur Disposition. Er plädiert für die freie Entfaltung der menschlichen Fähigkeiten und für ein „Recht auf Leben ohne Arbeit“.
Roland Meister Von Hartz bis Ackermann: Der Deal im deutschen Strafprozess
Der Prozess um den ehemaligen VW-Personalvorstand Peter Hartz hat es ebenso gezeigt wie der „Fall Mannesmann“: Der deutsche Strafprozess unterliegt einer radikalen Veränderung, weg vom Recht und hin zum Kuhhandel zugunsten der Privilegierten. Roland Meister, Professor em. für Staats- und Völkerrecht aus Jena, kritisiert die zunehmende Annäherung an das amerikanische plea bargaining und zeigt die verheerenden Konsequenzen dieser „Amerikanisierung“ für den deutschen Rechtsstaat.
Manfred Mai Der neue Technikpopulismus: Technokratie oder Demokratie?
Zum Ende der 80er-Jahre schien die Technokratie-Debatte eigentlich erledigt. Heute jedoch zeigt sich, dass die Dominanz technischer Systeme nicht geringer geworden ist. Im Gegenteil: Manfred Mai, Politikprofessor an der Universität Duisburg-Essen, zeigt auf, wie neue Technologien unsere Lebenswelt und die politischen Strukturen prägen wie nie zuvor. Die neuen smarten Technologien, vom Handy bis zum iPod, werden alltäglich millionenfach konsumiert und desensibilisieren auch gegenüber den Risiken der Großtechnik. So mutiert die Technokratie mehr und mehr zum Technikpopulismus.
Inhalt:
KOMMENTARE UND BERICHTE
Lokführer als Avantgarde? Von Detlef Hensche S. 1029
Atomkraft: Vom Konsens zum Störfall von Jochen Stay S. 1032
Neoliberaler Islamismus à la Erdogan von Dilek Zaptçıoglu S. 1036
Japans Bruch mit der Friedensverfassung von Eiichi Kido S. 1041
Lichtblick für Osttimor? Von Henriette Sachse S. 1044
Deutsche Afrikapolitik in der Sackgasse von Armin Osmanovic S. 1047
Sponsoren des Terrors von Behrooz Abdolvand und Nima Feyzi Shandi S. 1051
KOLUMNE Ein anderes Russland haben wir nicht von William Pfaff S. 1054
MEDIENKRITIK Tod und Tarantinismus von Günter Giesenfeld S. 1056
ANALYSEN UND ALTERNATIVEN Krieg und Frieden nach 9/11 von Yoshikazu Sakamoto S. 1057
Nähe und Fern. Das deutsch-amerikanische Verhältnis und die Zukunft des Westens von Peter Bender S. 1072
Atomare Hegemonie. Das neue Wettrüsten im 21. Jahrhundert von Rolf Mützenich S. 1079
Diktatorensturz und Demokratieexport. Die „Junge Internationale“ als fünfte Kolonne? Von Anselm Weidner S. 1088
Kontinuierliche Katastrophe. Der arabisch-afrikanische Konflikt im Sudan von Olaf Leiße und Melha Rout Biel S. 1099
Arbeit als Option. Plädoyer für das „Recht auf Leben ohne Arbeit“ von Wolfgang Engler S. 1111
Der Deal im deutschen Strafprozess von Roland Meister S. 1122
Der neue Technikpopulismus: Technokratie oder Demokratie? Von Manfred Mai S. 1132
WIRTSCHAFTSINFORMATION Vom Tanktourismus zur EU-Verbrauchsteuer von Margit Schratzenstaller S. 1143
DOKUMENTE ZUM ZEITGESCHEHEN „Drohgebärde gegen den freien Journalismus.“ Gemeinsame Protesterklärung von sieben Chefredakteuren vom 3.8.2007 (Wortlaut) S. 1146
Abenteuerliche Anklage. Offener Brief an die Generalbundesanwältin Monika Harms vom 9.8.2007 S. 1147
CHRONIK ZUM ZEITGESCHEHEN Chronik des Monats Juli 2007 S. 1149 1152 Impressum und Autoren
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