Juden in Konfessionalisierungsprozessen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Projektionen, Opfer und Akteure

Juden in Konfessionalisierungsprozessen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Projektionen, Opfer und Akteure

Veranstalter
Interdisziplinäres Forum Jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit, Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Veranstaltungsort
Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim
Ort
Stuttgart-Hohenheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.02.2017 - 19.02.2017
Deadline
24.10.2016
Website
Von
Avraham Siluk

Anlässlich des 500. Jahrestages der lutherischen Reformation geht schon lange der „Reformations-Virus“ um. Davon ließen sich die Organisator*innen des Forums für jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit nicht direkt infizieren. Sie möchten sich jedoch auf ihrer nächsten Tagung damit befassen, was Juden für die innerchristlichen Konfessionalisierungsprozesse bedeuteten, welche Folgen die Konfessionalisierung für die Juden hatte und ob und wie sich innerjüdische Konfessionalisierungsprozesse – nicht nur, aber auch – im Vergleich zu den christlichen bis ins 19. Jahrhundert entfalteten. Damit wollen sie auch einen Beitrag zur Forschungsdiskussion um die Konfessionalisierungsthese/das Konfessionalisierungsparadigma leisten.

a) Bedeutung der Juden für die Konfessionalisierungen
Ausgehend von der Annahme, dass konfessionalisierende Politik die Schaffung von monokonfessionellen Herrschaftsgebieten anstrebte, stellt sich die Frage nach der Bedeutung der jüdischen Minderheit für diese Prozesse. Zählten die Juden als konfessioneller Gegner, als Religionsgruppe, die in letzter Konsequenz überall hätte ausgewiesen werden müssen? Bestimmten allein konfessionspolitische Erwägungen die Judenaufnahmen, Judenpolitik und die Gesetzgebung („Judenordnungen“)? Lässt sich die Konfessionalisierungsthese aus dem Blickwinkel der jüdischen Geschichte bestätigen oder bedarf sie vielmehr einer (weiteren) Modifizierung?

b) Bedeutung der Konfessionalisierungen für die Juden
Neben der Betrachtung der konfessionalisierenden Politik gegenüber Juden sollen auch die jüdischen Handlungsspielräume und Verhaltensmuster untersucht werden. So stellt sich die Frage nach dem Einfluss der „Konfessionalisierung von unten“ auf soziale und wirtschaftliche Beziehungen zwischen Christen und Juden, nach den politischen Handlungsmöglichkeiten der Juden „zwischen den konfessionellen Fronten“ – z.B. in den verschiedenen Religionskriegen der Zeit – und nach den Einstellungen der Juden zu den Akteuren und Phänomenen der Ära. Schließlich lässt sich auch fragen, ob jüdische Migrationsbewegungen durch eine konfessionelle Politik motiviert waren.

c) Die „Konfessionalisierung des Judentums“
Dass Juden keinen Staat mit entsprechenden politischen Durchsetzungsmechanismen besaßen, bedeutet nicht, dass es im Judentum keine konfessionalisierenden Tendenzen gegeben hätte. Sie sind eher auf der Ebene der Ausbildung von Konfessionskulturen zu suchen, in Selbstreglementierung (z.B. in Minhagim-Büchern und Gemeindestatuten, Bekämpfung von Synkretismus und falschem Messianismus) sowie in religiösen Kodifizierungen (Schulchan-Aruch und Mappa), Moralbüchern (Mussar-Literatur), Katechismen (z.B. Lekach Tow von Abraham Jagel und die 13 Ikkarim des Maimonides) und (religiösen) Bildungsprogrammen/-reformen.
Ausgehend von den christlichen Konfessionalisierungen stellt sich zudem die Frage nach der Relevanz eines Gegenübers, gegen das die Abgrenzung erfolgt. Wie ist vor diesem Hintergrund die Differenz zwischen Aschkenasen und Sefarden zu bewerten, bildeten sie eigene (konfessionelle) Identitäten aus? Und wie sind die Entwicklungen des 19. Jahrhunderts mit Reformjudentum, Konservatismus und/oder Neo-Orthodoxie zu sehen?

Das Forum ist grundsätzlich für weitere Themenvorschläge aus einem breiter aufgefassten Verständnis von Konfessionalisierung offen, wie etwa die Frage danach, ob ethnographische Schriften über die Juden (Pfefferkorn, Margaritha, Schudt, Eisenmenger etc.) ein Bild vom Judentum als einer Konfession zeichneten und ob es denn je nach christlicher Konfession unterschiedliche Judenbilder gab. Auch Vorschläge zu Themen aus Regionen außerhalb des Heiligen Römischen Reichs wie etwa zur Inquisition in Spanien, zur Judenaufnahme im Cromwell-England oder zum Einfluss der Gegenreformation auf die Judenpolitik in Böhmen sind herzlich willkommen.

Wir bitten um Abstracts von max. 500 Wörtern bis zum 24.10.2016 an Rotraud Ries: ries@forum-juedische-geschichte.de.

Die Vorträge sollten 20-25 Minuten nicht überschreiten.

Die Tagungsteilnehmer tragen die Tagungskosten selbst. In begründeten Ausnahmefällen kann ein Zuschuss zu den Kosten gewährt werden.

Konzeption und Organisation:
Avi Siluk, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Judaistik
Dr. Rotraud Ries, Johanna-Stahl-Zentrum, Würzburg
Prof. Dr. Rebekka Voss, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Judaistik

Programm

Kontakt

Rotraud Ries, Johanna-Stahl-Zentrum, Würzburg
ries@forum-juedische-geschichte.de

Avi Siluk, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Judaistik
Siluk@em.uni-frankfurt.de


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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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