Entschädigung als Menschenrecht? Theorie und Praxis des Umgangs mit den Opfern kollektiver Gewalt

Entschädigung als Menschenrecht? Theorie und Praxis des Umgangs mit den Opfern kollektiver Gewalt

Veranstalter
Lehrstuhl für Zeitgeschichte, Historisches Institut, Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltungsort
Ruhr-Universität Bochum, Internationales Begegnungszentrum Beckmannshof
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
10.05.2012 - 11.05.2012
Deadline
22.04.2012
Website
Von
Benno Nietzel

Zu Beginn dieses Jahrtausends wurde nach komplizierten internationalen politischen Verhandlungen die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ gegründet, die zusammen mit sieben Partnerorganisationen in verschiedenen Teilen der Welt eine, wie es hieß, abschließende Geste gegenüber ehemaligen Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg unternehmen und zugleich Rechtssicherheit für von Klagen in den USA bedrohte deutsche Unternehmen herstellen sollte. Der in den Jahren 2001 bis 2007 unternommenen Durchführung dieses Auszahlungsprogramms widmete sich ein an der Ruhr-Universität Bochum angesiedeltes internationales Forschungsprojekt, das nun seine Ergebnisse auf einer Abschlusskonferenz zur Diskussion stellt.

Im Mittelpunkt dieser Tagung steht jedoch weniger die Präsentation der Projektergebnisse im engeren Sinne, sondern vor allem der Versuch, diese als Ausgangspunkt für weiterführende Überlegungen zu nehmen. Es geht darum, ausgehend von der Untersuchung des Auszahlungsprogramms der Stiftung EVZ zugleich über das Wie, das Warum und schließlich auch die Folgen von Entschädigungen für Opfer kollektiver Gewalt im 20. und 21. Jahrhundert nachzudenken. Zugleich soll die im Rahmen transnationaler Entschädigungsprogramme entstehende Spannung zwischen internationalen Rechtsnormen einerseits sowie nationalen und lokalen Konzeptionen, Traditionen und Praktiken andererseits thematisiert werden. Dazu wird dieses Thema in den Horizont der historischen Entwicklung der Menschenrechtspolitik und ihrer Umsetzung in den letzten Jahrzehnten gerückt und damit sowohl für Theoretiker als auch für Praktiker in diesem Bereich anschlussfähig.

„Entschädigung als Menschenrecht?“, so die Leitfrage dieser Tagung, thematisiert die Ursachen und Folgen der globalen Verbreitung von Entschädigungsprozessen für historisches Unrecht als Element einer in den letzten Jahrzehnten erstarkten Moralpolitik, wobei die konkreten Forschungsergebnisse des Bochumer Projekts den Ausgangspunkt der Diskussionen bilden. Die einzelnen Panels verbinden dabei politik-, rechts- und kulturhistorische Ansätze, die sich Anregungen aus einer Vielzahl von Nachbarwissenschaften holen und gleichzeitig, wie zu hoffen steht, auch ein Reflexionspotential für Praktiker in diesem Bereich bereitstellen, die hier zu einem wechselseitig befruchtenden Dialog eingeladen sind.

Programm

Donnerstag, 10.5., 9-12 Uhr

Einführung: Constantin Goschler (Bochum)

Panel 1: Erwartungshorizonte der Entschädigung: Gerechtigkeit, Rechtssicherheit, Anerkennung, Versöhnung

Benno Nietzel (Bielefeld/Bochum): Die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“
Daqing Yang (Washington, D.C./Tokio): Reconciliation in East Asia
Reinhart Kössler (Freiburg/Bochum): Entschädigungsforderungen von autochthonen Gemeinschaften in Namibia
ElazaR Barkan (New York): Entschädigung als Dialog

Moderation: Constantin Goschler (Bochum)

14-17 Uhr

Panel 2: Die Folgen der Entschädigung: Erinnerungen, Identitäten und Hierarchien

Tanja Penter (Hamburg): Einordnung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“
Nicole Immler (Wien/Utrecht): Das Nachleben der Restitution
Svenja Goltermann (Zürich): Der Markt der Leiden und die Taxonomie der Entschädigung

Moderation: Krzysztof Ruchniewicz (Wroclaw)

20 Uhr

Öffentliche Abendveranstaltung: Die Zukunft der Entschädigung der Vergangenheit. Aktuelle Konflikte um die Entschädigung von NS-Opfern
(Haus der Geschichte des Ruhrgebiets, Bochum)

Günter Saathoff (Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“)
Tomasek Jelinek (Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds)
Konrad Matschke (Conference on Jewish Material Claims against Germany)
Dariusz Pawlos (Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung)
Michael Teupen (Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte)

Moderation: Constantin Goschler (Bochum)

Freitag, 11.5., 9-12 Uhr

Panel 3: Entschädigung als soziale Praxis: Die Macht der Entschädigungsbürokratien und der Eigensinn der Opfer

Julia Landau (Weimar/Bochum): Einordnung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“
Norbert Wühler (Genf): Fallbeispiele: Best Practice – Worst Practice
Regula Ludi (Bern): Die Rolle von Verwaltung und Experten
Peter Becker (Wien): Die Kultur der Entschädigungsverwaltung

Moderation: Philipp Ther (Wien)

Freitag, 11.5., 14-17 Uhr

Panel 4: Entschädigung als Moralpolitik? Der Umgang mit den Opfern kollektiver Gewalt im Kontext globaler Menschenrechtspolitik

Stefan-Ludwig Hoffmann (Berkeley): Zur moralischen Ökonomie der Menschenrechte
John Torpey (New York): Das politische Feld der Entschädigung
Jose Brunner (Tel Aviv): Das Recht zu Trauern - ein Menschenrecht am Anfang des 21. Jahrhunderts?

Moderation: Rüdiger Graf (Bochum/München)

Die Abendveranstaltung am 10.5., 20 Uhr, ist öffentlich.

Anmeldungen für die Konferenz sind im Rahmen der gegebenen Kapazitäten noch möglich. Reise- und Übernachtungskosten können nicht übernommen werden.

Anmeldungen und Fragen bitte per email an:
benno.nietzel@rub.de oder christine.schwitay@rub.de

Kontakt

Benno Nietzel

Ruhr-Universität Bochum
Historisches Institut, Lehrstuhl für Zeitgeschichte
0234-32-24672

benno.nietzel@rub.de


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