H. Steuer: Eine hervorragend nationale Wissenschaft

Titel
Eine hervorragend nationale Wissenschaft. Deutsche Prähistoriker zwischen 1900 und 1995


Autor(en)
Steuer, Heiko
Reihe
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Ergänzungsband 29
Erschienen
Berlin 2001: de Gruyter
Anzahl Seiten
518 S.
Preis
€ 128,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Frank-Rutger Hausmann, Romanisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Nach den eher kürzeren Arbeiten von Arnold, Arnold und Haßmann, Bertram, Narr und Kossack 1, die sich eher schlaglichtartig mit der Geschichte der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie (auch: Deutsche Archäologie, Ur- und Frühgeschichte, Ur- und Frühgeschichtsforschung, Prähistorie) im ,Dritten Reich‘ befasst hatten, sind jetzt zwei höchst bedeutsame neue Initiativen zu verzeichnen, die umfassend informieren, in die Breite gehen und dank erstmals nach der Wiedervereinigung zugänglichem und bisher kaum erschlossenem Quellenmaterial den Kenntnisstand auf eine solide Grundlage stellen. Dabei wird auch den immer weiter verfeinerten methodischen Erkenntnissen der in den letzten zehn Jahren heftig boomenden Fachgeschichtsschreibung Rechnung getragen. Der erste, von Heiko Steuer herausgegebene und mit einer grundsätzlichen und vorzüglichen Einleitung sowie einem ebenso wichtigen, wenn auch kürzeren Nachwort versehene Sammelband ist hier als erster anzuzeigen, obgleich er ein Jahr nach der ersten diesbezüglichen Tagung entstand.2 Er vereinigt die auf einem am 2.-3. Juli 1999 im Rahmen des (Freiburger) SFB 541 („Identitäten und Alteritäten. Die Funktion von Alterität für die Konstitution und Konstruktion von Identität“) in Freiburg veranstalteten Symposion gehaltenen zehn Vorträge. Sie sind, wenn man genau zählt, auch zehn prominenten Prähistorikern gewidmet (in chronologischer Reihenfolge handelt es sich um Gustav Schwantes, Gero von Merhart, Ernst Wahle, Ernst Sprockhoff, Wilhelm Unverzagt, Hans Zeiss [Zeiß], Gotthard Neumann, Herbert Jankuhn, Hans-Jürgen Eggers, Joachim Werner). Das Freiburger Symposion wollte im Unterschied zu seinem Berliner Vorgänger weniger biografisch ausgerichtet sein und stattdessen die Frage beantworten, „ob und in welchem Umfang das Dritte Reich auf Wissenschaft und Forschung eingewirkt hat“ (S. 1).

Zu diesem Zweck sollten die Schriften maßgeblicher Prähistoriker analysiert werden. Dabei sollte das Augenmerk auf den prähistorischen ,Diskurs‘ 3 gerichtet werden, oder, schlichter ausgedrückt, es soll untersucht werden, „welche Sprache, welches Vokabular verwendet wurde, welche Fragestellungen im Vordergrund standen und welche methodischen Ansätze zur Beantwortung ausgewählt oder erarbeitet wurden“ (S. 2). Der vorliegende Band soll zusammen mit dem Berliner Band sowie der noch ausstehenden Aktenpublikation einer dritten, im Dezember 2000 in Freiburg durchgeführten Tagung „Zur Geschichte der Gleichung ,germanisch-deutsch‘. Sprache und Namen, Geschichte und Institutionen“ insbesondere einer Standortbestimmung der Wissenschaft von der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie zuarbeiten, die 1902 mit der Ernennung Gustaf Kossinnas zum außerordentlichen Professor für Deutsche Archäologie in Berlin ihren Anfang nahm und heute an allen großen Universitäten fest verankert ist. In seiner Einleitung „Deutsche Prähistoriker zwischen 1900 und 1995 – Begründung und Zielsetzung des Arbeitsgesprächs“ (S. 1-54) verortet Steuer sein Projekt daher im Gesamtgefüge der aktuellen fachhistorischen Diskussionen. Er geht dabei insbesondere auf die unzweifelhaften Kontinuitäten der Geisteswissenschaften nach 1945 ein und kann zeigen, dass alle wichtigen Grundelemente ur- und frühgeschichtlicher Forschung bereits zu Beginn der NS-Zeit ausgeprägt waren, vor allem das Axiom der Koppelung zwischen Rasse, Sprache, Volk und Kultur bzw. dem archäologischen Formenkreis oder der Kulturprovinz. Steuer entwickelt weiterhin ein eingängiges Schaubild der Schichtung von Argumentationsebenen (antiquarisch: Klassifizierung, Datierung, Kartierung; positivistisch: Erklärung; historisch: Beschreibung; essentialistisch: Beurteilung; konstruktivistisch: Bewertung), wobei alle fünf Ebenen ineinander greifen. Allerdings wurden die vierte und fünfte Schicht (Beurteilung, Bewertung) in der NS-Zeit besonders stark instrumentalisiert, da Leitvorstellungen wie Gefolgschaft, Führer- und Kriegertum zum ideologischen Kernbestand der NS-Weltanschauung gehörten und durch ur- und frühgeschichtliche Forschungen wissenschaftlich fundiert werden sollten. Steuers eigener Beitrag „Herbert Jankuhn und seine Darstellungen zur Germanen- und Wikingerzeit“ (S. 417-473) ist, wenn man das Fazit gewichtet, vor dem Hintergrund dieser Überlegungen seltsam eirenisch (463f.): „Jankuhn sprach immer als Wissenschaftler und Archäologe, so auch in den Briefen und Berichten als SS-Mann“ (459). Ob es wirklich möglich ist, sich bei der Bewertung Jankuhns auf seine Haithabu-Forschungen zu beschränken und die Tätigkeit im Ahnenerbe bzw. im ,Osten‘ auszublenden, bleibe dahingestellt.

Die ur- und frühgeschichtliche Archäologie hat allerdings besonders lange gebraucht, um sich aus ihrer Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus zu befreien, obschon die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verwendeten Begriffe Rasse, Sprache, Volk und Kultur schon bald durch neue Erkenntnisse der Genetik, des sprachwissenschaftlichen Strukturalismus, der Soziologie und Ethnologie als obsolet erwiesen wurden. Die Unbrauchbarkeit dieser Paradigmen beruhte nicht nur auf ihrem Konstruktcharakter, sondern auf falschen empirischen Voraussetzungen, wie man insbesondere am Rassenbegriff beobachten kann.4 Mancher Irrweg wurde zwischen 1933 und 1945 aber auch deshalb beschritten, weil sich deutsche Wissenschaftler, oft notgedrungen, aus der internationalen ,scientific community‘ ausklammerten. Daher wäre es sinnvoll gewesen, einem an der Sache interessierten Publikum von Nichtfachleuten in der sonst zu umfassenden Einleitung noch zu verdeutlichen, welches die heute gültigen Paradigmen und wissenschaftlichen Standards der Ur- und Frühgeschichte im Unterschied zum Untersuchungszeitraum sind. Wolfgang Pape, der in anderem Zusammenhang gezeigt hat, dass kaum ein Fach so sehr von den Nazis hofiert wurde und einen derart rasanten Aufstieg nahm wie die Ur- und Frühgeschichte 5, versucht für die im Zentrum des Sammelbandes stehenden zehn Prähistoriker, die inzwischen alle verstorben sind, deren Schüler jedoch im Fach wichtige Positionen einnehmen, eine Art Kollektivbiografie zu erstellen. Damit ist eine Kombination aus ,Feld‘ und ,Habitus‘ gemeint, um die von Pape nicht verwandten entsprechenden Bourdieuschen Kategorien einzuführen.6

An allen Karriereprofilen fällt auf, dass mehrere Personen fachfremd promovierten, ehe sie zur Ur- und Frühgeschichte fanden, dass mehrere zudem museumspraktisch arbeiteten, ehe sie Professoren wurden, und daß fast alle der NSDAP angehörten und sich zugleich in anderen NS-Organisationen betätigten, wobei zunächst eine Hinwendung zum Amt Rosenberg (Hans Reinerth) und später zum ,Ahnenerbe e.V.‘ der SS (Walther Wüst, Wolfram Sievers) zu konstatieren ist. Wenn bis auf Schwantes 1945 alle einen Karriereknick erfuhren, so liegt das nicht zuletzt an der Beschaffenheit ihrer Forschungen, die in ganz unterschiedlicher Weise völkisch-rassisch ausgerichtet waren. Es können hier nicht alle Arbeiten des Sammelbandes genau besprochen werden, doch ist zunächst einmal festzuhalten, dass jeder der porträtierten Prähistoriker zwar eigenständige Forschungsziele verfolgte, dass diese jedoch insgesamt der Präzisierung des germanischen Siedlungsraums (Landnahme) in Abgrenzung gegen Kelten (Rosemarie Müller, „Gotthard Neumann und das Problem der Kelten und Germanen in Thüringen“, S. 89-107; Dietrich Hakelberg, „Ernst Wahle im Kontext seiner Zeit“, S. 199-310), Illyrer (Claudia Theune, „Gero von Merhart und die archäologische Forschung zur vorrömischen Eisenzeit“, S. 151-171), Romanen (Hubert Fehr, s.u.) und Slawen (Karl-Heinz Willroth, „Ernst Sprockhoff und die nordische Bronzezeit“, S. 109-149; Claus von Carnap-Bornheim, „Hans Jürgen Eggers und der Weg aus der Sackgasse der ethnischen Deutung“, S. 173-197; Sebastian Brather, „Wilhelm Unverzagt und das Bild der Slawen“, S. 475-540) dienten. Bemerkenswert ist, dass mehrere die hier Porträtierten, die im übrigen meist mehrere Forschungsschwerpunkte hatten, von denen aus Gründen der Systematisierung nur die wichtigsten genannt wurden, schon früh Zweifel an Kossinnas ethnozentrischer Betrachtung hegten und für eine vorsichtige soziologische Interpretation eintraten. Dies wirkte sich insbesondere auf die Definition der indogermanischen Ursprünge der Germanen aus.

Im Folgenden soll abschließend etwas ausführlicher der Beitrag von Hubert Fehr, „Hans Zeiss, Joachim Werner und die archäologischen Forschungen zur Merowingerzeit“ (S. 311-415), besprochen werden, der mit über einhundert Seiten schon fast den Charakter einer eigenständigen Monografie hat. Fehr hatte den ergebnisreichen Gedanken, zwei Fachvertreter miteinander zu vergleichen, die zudem in einem Lehrer-Schüler-Verhältnis standen. Dieses Verfahren der ,Synkrisis‘ erleichtert es, das Gemeinsame wie das Trennende ihrer Forschungsarbeiten prägnant zu fassen. An Fehrs Beitrag lässt sich zudem ablesen, dass sich die von Steuer angesprochene Trennung von Biografie, institutioneller Einbindung und fachwissenschaftlicher Forschung kaum durchhalten lässt, zu sehr sind alle drei Bereiche miteinander verwoben. Zeiss wie Werner waren beide in die hochgradig politiserte Wissenschaftslandschaft der NS-Zeit integriert. Dies bedeutete bei Zeiss Mitarbeit in der von Michael Fahlbusch gründlich erforschten ,Westdeutschen Forschungsgemeinschaft‘ (WFG) 7 und später im ,Kriegseinsatz‘ der ,Aktion Ritterbusch‘, bei Werner ebenfalls die Mitgliedschaft in der WFG sowie eine Berufung an die Reichsuniversität Straßburg, die sich nach der Intention ihrer Gründer und unter Berufung auf ein Hitlerdictum als ,Sorbonne des Westens‘ auffasste. Besondere Relevanz erlangte die Frühmittelalterarchäologie während des Zweiten Weltkriegs, da ihre Ergebnisse bestimmte Annexionspläne wissenschaftlich untermauern sollten.

Beide Wissenschaftler beschäftigten sich konsequenterweise im Rahmen von ideologisch motivierten Programmen mit Forschungen, deren Ergebnisse dazu geeignet waren, politische Ziele der deutschen Regierung bzw. der deutschen Besatzungsbehörden zu legitimieren. Während Zeiss dies offenbar billigend in Kauf nahm, publizierte Werner während des Krieges keine Arbeiten, die unmittelbar politisch ausgemünzt werden konnten. Immerhin nahm er unter der Federführung des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts (DWI) in Brüssel an entsprechenden Feldforschungen teil, die in den Rahmen einer weit gespannten ,Westforschung‘ hineingehörten und im Fall der Ur- und Frühgeschichte anhand merowingischer Grabfunde den jeweiligen Siedlungsraum von Germanen und Romanen eingrenzen sollten. Es bestand ein Grundkonsens darüber, der auch nach dem Krieg noch andauerte, dass das Quellenmaterial der frühmittelalterlichen Gräberarchäologie geeignet sei, ,Volkstumsverhältnisse‘ zu erschließen. Der von dem Mittelalterhistoriker Theodor Mayer geleitete Konstanzer Arbeitskreis wurde, wie Fehr nachdrücklich zeigt, nach Kriegsende zum Forum von Westforschern wie Franz Petri, Franz Steinbach u.a., die in der soeben konsolidierten Bundesrepublik ihre früheren nicht unumstrittenen Landnahme-Forschungen mit leichten Modifikationen weiter betreiben konnten.

Wenn bisher nicht klar war, warum die Ur- und Frühgeschichte im Rahmen des von Paul Ritterbusch geleiteten sog. Kriegseinsatzes, mit Sicherheit des umfassendsten geisteswissenschaftlichen ,Gemeinschaftsprojekts‘ in der NS-Zeit, keine größere Rolle spielte, so können die Gründe hierfür jetzt benannt werden. Auf der Tagung der Mittelalter- und Neuhistoriker vom 4.-5. Mai 1942 in Weimar, die unter dem Rahmenthema „Germanische Raumerfassung und Staatenbildung“ stehen sollte, war auch ein Vortrag Herbert Jankuhns vorgesehen, der mehrfach mit Ritterbusch Vorgespräche über die Einbindung des ,Ahnenerbes e.V.‘ der SS in den ,Kriegseinsatz‘ geführt hatte. Unter seiner Leitung sollte eine vorgeschichtliche Abteilung eingerichtet werden. Die Weimarer Tagung sollte als ,ausrichtende Tagung‘ angelegt sein und nach Wunsch des Ahnenerbes unter dem Leitsatz ,Vorgeschichte als geschichtliche Wissenschaft‘ stehen.8 Außer dem hier angezeigten Vortrag Jankuhns, der dann nicht gehalten wurde, sind keine weiteren Planungsaktivitäten nachweisbar, denn Jankuhn war unabkömmlich auf ,Forschungsfahrt‘ in der Ukraine und beantwortete Mayers Briefe nicht. Vermutlich kam deshalb die Gründung einer vorgeschichtlichen Abteilung im ,Kriegseinsatz‘ überhaupt nicht zustande, und Zeiss beschränkte sich auf seine Mitarbeit im Rahmen historischer Projekte.9 Zeiss und Werner gingen nach der französischen Niederlage zur Feldforschung nach Nordfrankreich, wobei sie von einheimischen Gelehrten sogar unterstützt wurden. Werner wurde gar Mitglied des Referats ,Vorgeschichte und Archäologie‘ in der Militärverwaltung in Frankreich im Range eines Kriegsverwaltungsrates.

Durch seine Berufung auf den Lehrstuhl in Straßburg schied er jedoch bereits Ende 1941 aus den Diensten des Kunstschutzes aus, reiste aber noch mehrfach auf Einladung des DWI Brüssel nach Belgien, Frankreich und in die Niederlande. Der Bonner Prähistoriker Kurt Tackenberg hatte zwar, wie Fehr richtig ausführt (S. 351f.), die provisorische Leitung des DWI Brüssel und setzte in der Institutsarbeit Akzente, die seinen fachlichen Interessen entgegenkamen, aber inzwischen ist der Netzwerkcharakter der DWI deutlicher erkennbar. Auch nach Tackenbergs Ausscheiden 1942 blieb die Vorgeschichte unter dem neuen Präsidenten, dem Heidelberger Romanisten Walter Mönch, ein Schlüsselfach der Brüsseler Arbeit.10 Tackenberg hatte bereits in einer wichtigen Vorbereitungssitzung (10.6.41) im Vorfeld der Eröffnung des DWI Brüssel ausgeführt, vordringlich erscheine seiner Meinung nach vor allem die Klärung der Fragen, die mit der sog. germanischen Landnahme der Völkerwanderungszeit zusammenhingen. „Es handelt sich hier in Sonderheit um die Frage, wie weit der Einfluss der eisenzeitlichen Harpstedter Kultur in die späteren Jahrhunderte nachwirkt, um eine Untersuchung des Problems der Volkszugehörigkeit der Kelten und Belgen und neuere systematische Behandlung der fränkischen Landnahme“.11 Galten damals den Gelehrten die Flamen eindeutig als Germanen, so waren sie sich nicht einig darüber, ob die Wallonen als Kelten, romanisierte Franken oder als Abkömmlinge einer Mischung aus beiden zu betrachten seien. Diese Zuordnungsfrage war aber in diesen Jahren nicht so akademisch, wie sie heute klingt. Denn ihre Lösung wurde von Himmler und seinem ,Ahnenerbe‘ für die Planung eines großgermanischen Reiches unter deutscher Führung instrumentalisiert, dessen Leitung Himmler für ,seine‘ SS vorgesehen hatte. Fehr arbeitet dies alles im Umrissen heraus; Ergänzungen könnten allenfalls in sprachwissenschaftlicher Hinsicht angebracht werden, wo nach 1933 sog. Beiträge zur ,Entbarbarisierung‘ verstärkt wurden, um zu beweisen, dass die Germanen Kulturträger von höchsten Graden gewesen seien, die den romanischen und slawischen Nachbarländern ihre Kultur gebracht hätten.12

Zum Abschluss dieses gehaltvollen Bandes bleibt noch anzumerken, dass die Spannung zwischen Beiträgern vor allem der jüngeren Forschergeneration, denen die Vertreter der älteren ,Moralisieren‘ vorwerfen, worauf diese mit dem Vorwurf des ,Verharmlosens‘ antworten, nicht unterdrückt, sondern offen angesprochen wird. Die Aufarbeitung der Vergangenheit der Ur- und Frühgeschichte und ihre Neupositionierung sind in jedem Fall durch die hier publizierten Arbeiten ein gutes Stück vorangekommen, auch wenn über den letzten Punkt kein endgültiges Einverständnis erzielt werden konnte.

Anmerkungen:
1 Arnold, Bettina, The Past as Propaganda. Totalitarian Archaeology in Nazi Germany, in: Antiquity 64 (1990), S. 464-478; Arnold, Bettina; Haßmann, Henning, Archaeology in Nazi Germany. The Legacy of the Faustian Bargain, in: Kohl, Philip L.; Fawcett, Clare (Hgg.), Nationalism, Politics and the Practice of Archaeology, Cambridge 1995, S. 70-81; Bertram, Marion, Zur Situation der deutschen Ur- und Frühgeschichtsforschung während der Zeit der faschistischen Diktatur, in: Staatliche Museen Berlin, Forschungen und Berichte 31, 1991, S. 23-42; Narr, Karl J., Nach der nationalen Vorgeschichte, in: Prinz, Wolfgang; Weingart, Peter (Hgg.), Die sog. Geisteswissenschaften. Innenansichten, Frankfurt am Main 1990, S. 279305; Kossack, Georg, Prähistorische Archäologie in Deutschland im Wandel der geistigen und politischen Situation. Bayerische Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse, Sitzungsberichte Jg. 1999, Heft 4.
2 Leube, Achim (Hg.), Prähistorie und Nationalsozialismus. Die mittel- und osteuropäische Ur- und Frühgeschichtsforschung in den Jahren 1933-1945 (Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 2), Heidelberg 2002. Der bereits für Herbst 2001 angezeigte Band müsste dieser Tage herauskommen. Er behandelt in 34 Beiträgen allgemeine Fragen der Organisation der Ur- und Frühgeschichtsforschung im ,Dritten Reich‘, Themen, Methoden und Orte von damals durchgeführten Ausgrabungen, Profile wichtiger Fachvertreter (Julius Pokorny, Gustaf Kossinna, Hans Reinerth, Karl Hermann Jacob-Friesen, Hans Schleif, Peter Paulsen), Forschungsstätten im Osten (Böhmen, Slowakei, Breslau, Krakau, Posen) sowie Ur- und Frühgeschichtsforschung als Teile der nationalsozialistischen Ost-, West- und Nordforschung. Diese im November 1998 auf einer internationalen Tagung an der Humboldt-Universität zu Berlin erarbeiteten Ergebnisse werden durch den im Folgenden anzuzeigenden Band ergänzt und vertieft. Beide Kolloquien greifen bei allen Unterschieden der Fragestellung und der Zusammensetzung der Teilnehmer insoweit ineinander.
3 Dazu zusammenfassend jetzt Angermüller, Johannes (Hg.), Diskursanalyse. Theorien, Methoden, Anwendungen, Hamburg 2001. Die ,klassische‘ Diskursanalyse im Sinne Michel Foucaults nimmt das Regelsystem, welches den wissenschaftlichen Diskurs generiert, zusammen mit dem sozialen Rahmen und der medialen Basis, in dem er sich verwirklicht, in den Blick. Eine getrennte Betrachtung von Wissenschaftlerbiografien und Schriften wäre demnach fragwürdig.
4 Besonders sei in diesem Kontext auf die Forschungen von Luigi Cavalli-Sforza hingewiesen, die in: Gene, Völker und Sprachen. Die biologischen Grundlagen unserer Zivilisation, München 1999, zusammengefasst sind. Cavalli-Sforza weist nach, dass es zwar äußere Unterschiede zwischen den Menschen gibt, die zum Rassismus führten, dass diese Differenzen jedoch Folge von Migrationen und durch die bedingter umweltlicher Assimilationen sind, wohingegen die inneren Unterschiede (Gene, Blutgruppen) äußerst klein ausfallen, da alle Menschen einen gemeinsamen Stammbaum haben. Die Vorstellung besonders ,wertvoller‘ Rassen ist vor diesem Hintergrund wissenschaftlich unhaltbar.
5 Wolfgang Pape legt in dem in Anm. 2 angezeigten Band eine eindrucksvolle quantifizierende Studie vor, deren Schaubilder den explosionsartigen Zuwachs an selbständigen Landesämtern für Vorgeschichte, Universitätsprofessuren, Studenten und folglich auch Promotionen nach 1933 dokumentieren. Daraus ergab sich auch eine breite Divulgierung der durch Grabungsfunde angeblich bewiesenen Kulturhöhe der Germanen, der Überlegenheit der nordischen Rasse oder der Herkunft aller bedeutenden Kulturleistungen aus dem Norden. Auch die ur- und frühgeschichtlichen Fachverbände erhielten starken Zulauf.
6 Jurt, Joseph, Das literarische Feld. Das Konzept Pierre Bourdieux in Theorie und Praxis, Darmstadt 1995, passim.
7 Fahlbusch, Michael, Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik? Die »Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften« von 1931-1945, Baden-Baden 1999, S. 350f., zu Zeiss S. 193.
8 Vgl. Berlin, BA NS 21-127 (Tagebuch Sievers), 12. 9., 8.11. u. 9.12.41 (freundlicher Hinweis von Egbert Manthey, Kiel).
9 So die Auskunft des Büros Ritterbusch (9.2.42) an Mayer (München, MGH-Archiv, Kasten 545/1, Bl. 188).
10 Vgl. jetzt Hausmann, Frank-Rutger, „Auch im Krieg schweigen die Musen nicht“. Die Deutschen Wissenschaftlichen Institute im Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2001, S. 264f.
11 Vgl. Münster, ZNLS/WAAM NL Petri (S.IV.3.1.).
12 Hausmann, Frank-Rutger, „Vom Strudel der Ereignisse verschlungen“. Deutsche Romanistik im „Dritten Reich“ (Analecta Romanica 61), Frankfurt am Main 2000, S. 529f.; Hutton, Christopher M., Linguistics and the Third Reich. Mother-tongue Fascism, Race and the Science of Language, London 1999.

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