Deutsche Verfassungen

Titel
Deutsche Verfassungen.


Herausgeber
Bussek, Holger; Regenbrecht, Martin
Erschienen
Berlin 2004: Heptagon
Anzahl Seiten
1 CD-ROM
Preis
€ 19,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Franz Mauelshagen, Historisches Seminar, Universität Zürich

Es gibt verschiedene gedruckte Sammlungen zur deutschen Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Nun liegt eine weitere in elektronischer Form vor. Die Auswahl umfasst mehr als hundert Verfassungen der deutschen Länder sowie der verschiedenen deutschen Nationalstaaten im angegebenen Zeitraum. In einer Anmerkung zur editorischen Notiz weisen die Herausgeber lakonisch darauf hin, es fehlten „lediglich einige vorübergehende Länderverfassungen der Weimarer Republik und einige Verfassungen des 19. Jahrhunderts“. Das wüsste man gerne genauer! Auch die Änderungen der jeweiligen Urverfassungen wurden nur unzureichend berücksichtigt, obwohl der Anmerkungsapparat zu den einzelnen Texten hier um Dokumentation bemüht ist. Es handelt sich folglich nicht um eine wissenschaftlich valide Edition. Und warum gehen die Herausgeber von den „heutigen Staatsgrenzen Deutschlands“ aus? Sie erläutern, dass „solche Länder weggelassen [wurden], die nur kurzzeitig als deutsch bezeichnet werden konnten, beispielsweise Luxemburg oder Tirol“ (Editorische Notiz). Damit ist ein unhistorisches geografisches Auswahlkriterium für eine historische Sammlung wirksam. Nur gut, dass es nicht strikt eingehalten wird, denn dann hätte man auch auf sämtliche preußischen Verfassungen verzichten müssen. Gut überdies, dass die Sammlung durch amerikanische und französische Verfassungstexte und wichtige Menschenrechtserklärungen ergänzt wird, und zwar in der Originalsprache und in Übersetzung. Auch die Aufnahme weiterer verfassungsgeschichtlich relevanter Texte, die keine Verfassungen im engeren Sinne sind (etwa das so genannte Ermächtigungsgesetz von 1933), ist begrüßenswert.

Die CD-ROM enthält in der „Einführung“ eine „Kurze deutsche Verfassungsgeschichte“, die man leider nur als dilettantisch bezeichnen kann. Sie ist ohne wissenschaftlichen Apparat (Anmerkungen, Referenzen) und, wie es scheint, auch ohne Autor. Oder versteht es sich, dass dafür alleine die Herausgeber (gemeinsam? – alle gleichermaßen?) verantwortlich zeichnen? Die Darstellung selbst ist sprunghaft und viel zu additiv. Ihre inhaltlichen Mängel aufzuzählen, würde hier zu weit führen. Nur soviel: Deutsche Verfassungsgeschichte scheint für den Verfasser darin aufzugehen, in welcher Weise die Menschenrechte als Grundrechte gewährleistet und staatlich geschützt werden. Nicht, dass dies keine legitime Fragestellung wäre. Nur: Verfassungsgeschichte ist mehr als das, nämlich die „Geschichte der rechtlichen Regeln und Strukturen, die das Gemeinwesen und damit die politische Ordnung prägen“ (Dietmar Willoweit). Nicht nur vom Grundtenor her, auch in Details gibt es gravierende Defizite: Kann man eine Verfassungsgeschichte – wie kurz sie auch sein mag – schreiben, ohne das Ende des Alten Reiches 1806 zu erwähnen, durch das der Weg für die neuen Verfassungen des 19. Jahrhunderts in Deutschland erst gebahnt wurde?

Abschließend ein Wort zur technischen Benutzbarkeit: Die Suchfunktion ist auf eine unspezifische Volltextsuche beschränkt. Man würde sich vielfältigere Möglichkeiten wünschen, auf die Texte zugreifen zu können, etwa auf die einzelnen Bestimmungen, die man nur nach und nach bei einer kompletten Durchsicht des jeweiligen Dokuments findet. Die möglichen Vorteile einer digitalen Edition gegenüber dem Printmedium sind dadurch zu stark reduziert.

Fazit: Angesichts online verfügbarer Sammlungen (besonders: http://www.verfassungen.de und http://www.documentarchiv.de sind zu nennen), die mehr bieten, fällt es schwer einzusehen, weshalb man das Geld für diese CD-Rom ausgeben sollte – auch wenn es nicht so viel ist.

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