Cover
Titel
Garn, Geld und Wechsel. 250 Jahre von der Heydt-Kersten & Söhne


Autor(en)
Krause, Detlef
Erschienen
Wuppertal 2004: Born Verlag
Anzahl Seiten
144 S.
Preis
€ 9,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Dominik Zier, Köln

Privatbankiers waren die Träger der Industrialisierung. Mit Unternehmergeist und Fortune finanzierten sie im 19. Jahrhundert den Wandel Deutschlands vom Agrar- zum Industriestaat. Die persönlich haftenden Pioniere von einst sind heute fast völlig verschwunden. Sie mussten aufgeben oder gingen in Großbanken auf; ihre Unabhängigkeit bewahrten die wenigsten. Die 250-jährige Geschichte des Bankhauses von der Heydt-Kersten & Söhne, vorgelegt von Detlef Krause, bietet ein anschauliches Beispiel für diese Entwicklung.

1754 wurde das Handelshaus Gebr. Kersten in Elberfeld gegründet. Es handelte zunächst mit Garn und Kolonialwaren. Banktypische Leistungen wie Geldwechsel und Wechselgeschäfte ergänzten das Geschäft und traten ab 1800 in den Vordergrund. 1794 heiratete die Familie von der Heydt ins Unternehmen ein und verhalf dem Bankhaus, seit 1827 von der Heydt-Kersten & Söhne, zu einem rasanten Aufstieg. Kurzfristige Kredite und Außenhandelsfinanzierungen bildeten die Kerngeschäftsfelder. Auch in der Eisenbahnfinanzierung wurde man aktiv und war maßgeblich an der Erschließung des Wuppertals beteiligt. Trotzdem spielten Emissions- und Effektengeschäft niemals eine dominierende Rolle. Das ganze 19. Jahrhundert hindurch blieb von der Heydt-Kersten & Söhne eine erste Adresse des Kontokorrents.

Auf die Herausforderung der neuen Großbanken reagierte das Haus mit einer Expansion in die Fläche. Man errichtete Zweigstellen im Wuppertaler Raum und erwarb Beteiligungen an kleineren Bankhäusern. Auch auf dem Finanzplatz Berlin wurde von der Heydt-Kersten & Söhne aktiv. 1895 gründete man dort das Bankgeschäft von der Heydt & Co. und stattete es mit drei Millionen Talern Kapital aus. Ein Zerwürfnis im Gesellschafterkreis gefährdete die weitere Entwicklung. Die Vettern August und Karl von der Heydt konnten sich nicht auf eine gemeinsame Strategie einigen, schließlich kam es zur Trennung. Karl übernahm das Berliner Haus, August führte von der Heydt-Kersten & Söhne alleine weiter. Der hiermit einhergehende Kapitalabfluss schwächte das Bankhaus erheblich. In Konsequenz entschloss sich August daher 1912 zur Aufgabe der Eigenständigkeit. Er nahm den Barmer Bankverein als Mehrheitsgesellschafter auf, der 1932 wiederum mit der Commerzbank fusionierte.

Nach dem Ersten Weltkrieg entfremdeten sich die Söhne August von der Heydts vom Stammhaus der Familie. Sie gründeten eigene Firmen und entwickelten eigene Interessen. Seit 1943 ist kein von der Heydt mehr im Unternehmen tätig. Heute ist von der Heydt-Kersten & Söhne kaum mehr als ein Markenname für das Private Banking der Commerzbank Wuppertal. Komplementäre und Filialleiter sind weitestgehend identisch.

Detlef Krause hat ein Buch vorgelegt, welches über weite Strecken anschaulich und spannend zu lesen ist. Vor allem die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg ist gut gelungen. Häufig aus den Quellen zitierend gelingt es Krause, ein lebendiges Bild vom Werden und Wirken des Bankhauses von der Heydt-Kersten & Söhne zu zeichnen. Trotz knappen Raumes ist die Darstellung mehr analytisch als deskriptiv. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ist weniger plastisch zu greifen. Quellen scheinen hier kaum noch vorhanden zu sein. Man erfährt wenig über von der Heydt-Kersten & Söhne im Nationalsozialismus und der Bundesrepublik, die letzten 50 Jahre werden auf fünf Textseiten abgehandelt. Dies jedoch kann dem Autor nicht angelastet werden und ist offensichtlich der Quellenlage geschuldet. Ohnehin überwiegt der positive Eindruck der lebendig erzählten ersten 150 Jahre. Darüber hinaus ist das Buch mit 81 Abbildungen auch optisch gut gelungen.

Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Redaktionell betreut durch
Klassifikation
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Sprache der Rezension