G. Rosa: Dame, oblate, converse e serventi

Titel
Dame, oblate, converse e serventi in educazione. I Conservatori riuniti femminili di Siena (1500 - 1900)


Autor(en)
Rosa, Giovanna
Erschienen
Anzahl Seiten
384 S.
Preis
€ 25,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Elena Taddei, Institut für Geschichte, Universität Innsbruck

Die Arbeit von Giovanna Rosa ist im Rahmen einer Untersuchungsreihe entstanden, die am Institut für Erziehungswissenschaften und am Institut für Philologien und Philosophie der Universität Siena angesiedelt ist und der Erforschung der Geschichte der Leopoldinischen Schuleinrichtungen dient. Die drei hier näher beleuchteten Sienesischen Institutionen sind das Conservatorio Delle Vergini del Soccorso, delle Vergini Abbandonate und di S. Maria Maddalena.

Die Untersuchung, die auf intensiver Quellenarbeit basiert, beginnt mit der Gründung dieser Einrichtungen und reicht bis zur Umgestaltung dieser vormaligen Frauenklöster in Erziehungsstätten für Frauen. Diese Entwicklung war maßgeblich den Statuten des Motu-proprio 1 des Habsburgers Leopold, Großherzog von Toskana, zu verdanken, dessen aufgeklärte Erziehung in einem sehr ausführlichen Exkurs ebenfalls behandelt wird. Die Autorin verfolgt die Entwicklung der drei Erziehungsanstalten und untersucht dabei Studienpläne, Aufnahmebedingungen, Statutenänderungen, wirtschaftliche und Vermögensverhältnisse sowie den Tagesablauf von Schülerinnen und Lehrenden. Die Quellen dafür sind zahlreich und vielseitig und zeugen von einer aufwändigen und systematischen Archivrecherche.

Der eigentlichen Untersuchung gehen einige allgemeine Bemerkungen zur Stellung der Frau in der Gesellschaft von der Renaissance bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts voran. Eine Verallgemeinerung zum Thema Mitgift, die beim Lesen der Einleitung verwundert (S. 12, 21), wird jedoch in der Untersuchung der Sienesischen Fallbeispiele wieder relativiert (S. 51, 56). Rosa behauptet nämlich zunächst, dass die Lösung des Mitgiftproblems für viele Familien in einem Klostereintritt der Tochter bestand, weil dann keine Mitgift notwendig war. Später wird dagegen zu Recht zwischen Armenkloster und Damenstift für Adelsfrauen unterschieden: Hier war nämlich die finanzielle Ausstattung der Frau eine Bedingung für die Aufnahme ins Kloster.

Einseitig ist auch die Behauptung, dass es „Frauen unmöglich war, die eigenen Besitztümer zu verwalten“ (S. 57). Zahlreiche Studien zu Adels- und Bürgerfrauen haben gezeigt, dass es sehr wohl Möglichkeiten der Besitzverwaltung für Frauen gegeben hat, auch wenn dies nicht die Regel war. Weiterhin irritiert auch die Verallgemeinerung, dass „die Frau keine wirtschaftliche Macht und keine Befugnisse oder Entscheidungsmöglichkeiten innerhalb der Familie besaß“ (S. 60). Diese pauschalen Überlegungen, die nicht zwischen Fürstin, Bauern- oder Bürgerstochter, Stadt und Land unterscheiden, sind in der Literatur hinreichend widerlegt worden. Kurz darauf wird diese These erneut von Rosa selbst revidiert, wenn es heißt: „Auch die finanziell unabhängigen Adelsfrauen hatten eine unterlegene Rolle und wenige Rechte.“ (S. 61)

Die Autorin verfolgt Schritt für Schritt die Geschichte und Entwicklung des Ritiro (Vergini del Soccorso), also des Adelsstiftes, und des Klosters für arme, meist verwaiste Mädchen unterer Schichten (Vergini Abbandonate). Gründer und Förderer beider Institutionen war Aurelio Chigi, Spross der römischen Bankiersfamilie, dessen Werdegang die Autorin mit Genauigkeit verfolgt, wobei sie die LeserInnen mit der antiquierten und überstrapazierten Umschreibung „il Nostro“ („der Unsere“, S. 36ff.) quält. Dennoch ist die Rolle dieses Ordens- und Stiftsgründers interessant, da solche frommen Aufgaben im 16. und 17. Jahrhundert, jedenfalls in dem von der Autorin beschriebenen Ausmaß, meistens von Frauen initiiert und getragen wurden.

Die Untersuchung der drei Klöster bzw. Erziehungsstätten bringt eine Reihe von neuen Erkenntnissen und Belegen für die Entwicklung religiöser Institute mit Erziehungsfunktionen zu einer gezielt eingerichteten Erziehungsanstalt. Weitere Ergebnisse liefert die Autorin zu den Studienplänen, zur Einführung neuer Fächer (Tanz, Naturwissenschaften), zur Entwicklung des LehrerInnenberufs und schließlich zu der zunehmenden Bedeutung von Gesundheit und den Maßnahmen zu ihrer Erhaltung (Pockenimpfung, Hygiene, Bewegung).

Der Autorin gelingt es zwar, sehr viele Informationen in den einzelnen, oft sehr kurzen Kapiteln zu verarbeiten, deren Staccato-Stil an die punktuellen Klosterverordnungen erinnert; allerdings hat man das Gefühl, dass Rosa noch viel mehr aus ihren Recherchen zu berichten wüsste und es ihrer Leserschaft vorenthält, wenn sie oft das Ende des Kapitels mit drei Punkten offen lässt.

In dieser Arbeit kann man die Entwicklung vom Kloster zur Schule, die Entstehung von Didaktik und parallele Entwicklungen wie z.B. die Bedeutung des Spiels verfolgen. Gleichzeitig lässt sich die Wandlungsfähigkeit dieser religiösen Institutionen, die sich, um ihr Fortbestehen zu sichern, den hohen Ansprüchen der neuen gesellschaftlichen Erfordernisse anpassen mussten, beobachten. Die Zitate aus den Quellen, die solche Entwicklungen belegen sollen, sind mehr als zahlreich, oft allerdings etwas zu ausgedehnt, zumal die Publikation mit einem Quellenanhang bereichert ist. Ihre Einarbeitung in den Text hätte die Arbeit lesbarer und kompakter gestaltet.

Anmerkung:
1 Bei dem in der Arbeit immer wieder genannten, aber nicht genau definierten Motu proprio handelt es sich um eine Klausel in einem weltlichen oder geistlichen Souveränitätsakt, die bestätigt, dass der Beschluss allein auf Initiative und Entscheidung des Fürsten und nicht auf Anraten eines Ministerrates oder Kardinalskollegiums erfolgte.

Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Redaktionell betreut durch