G. Schmidt u.a.: Konfrontationsmuster des Kalten Krieges

Cover
Titel
Konfrontationsmuster des Kalten Krieges 1946-1956.


Autor(en)
Mastny, Vojtech; Schmidt, Gustav
Reihe
Entstehung und Probleme des Atlantischen Bündnisses bis 1956 3
Erschienen
München 2003: Oldenbourg Verlag
Anzahl Seiten
580 S.
Preis
€ 44,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Jan Foitzik, Institut für Zeitgeschichte, Außenstelle Berlin

Spätestens auf den zweiten Blick lösen diese beiden im Rahmen des Projekts des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes "Entstehung und Probleme des Atlantischen Bündnisses bis 1956" erarbeiteten Monografien eine gewisse Orientierungslosigkeit aus: Das "Quellen- und Literaturverzeichnis" ist 100 Seiten stark (S. 476-575) und füllt damit ein Sechstel des Bandes. Immerhin enthält es Namen von Archiven in elf Ländern. Eine solche überwältigende Quellenfülle stellte nicht nur die Autoren vor eine besondere Herausforderung. In ihrer Einführung halten die Herausgeber ambitioniert fest, dass die NATO von Anfang an mehr als ein Sicherheitspakt gewesen sei. Als politischer und wirtschaftlicher Staatenverbund ist sie als Gegenstand einer staatsübergreifenden globalen Integrationsforschung zu behandeln, in der das bis 1989 auf die Sowjetunion fixierte US-amerikanische Großmachtinteresse mit nationalen Interessen kollationiert wurde. Die in diesem Kräftespiel bis 1989 gültigen Parameter haben sich in der Formierungsphase der NATO bis zur "doppelten" Suez-Ungarn-Krise 1956 herausgebildet.

Der monografische Beitrag des Professors für Internationale Politik der Ruhr-Universität Bochum gilt der Darstellung der Formierung und der inneren Dynamik der Blockbildung auf westlicher Seite. Sein Tableau präsentiert Gustav Schmidt in drei Teilen: I. "Die Strukturen des Kalten Krieges 1946-1955/56" (S. 9-219), II. "Phasen und Konstellationen des Kalten Krieges" (S. 221-319) und III. "Zäsur 1955/56. Strukturen nach dem ersten großen Wandel" (S. 321-380). Schon in der Einleitung fasst er sein Resümee in zwei Thesen zusammen: Der Ost-West-Konflikt war erstens eine globale Machtprobe und weder der Westen noch der Kreml (und Peking) waren zweitens ernsthaft daran interessiert, die bestehenden politischen Gegensätze durch die Suche nach gemeinsamen Sicherheitskonzepten zu überwinden. Im Vordergrund stand vielmehr das kompromisslose Blockinteresse. Nimmt man das Resümee Vojtech Mastnys vorweg, der den zweiten im Band enthaltenen Beitrag über "Die NATO im sowjetischen Denken und Handeln 1949 bis 1956" (S. 383-471) verfasste, wonach zwischen 1949 und 1957 in der sowjetischen Politik niemals ernsthaft über die Art des militärischen Vorgehens nachgedacht wurde, die im Westen als Bedrohungsszenario angenommen wurde, sticht das Primat des Politischen in der Sicherheitspolitik so stark ins Auge, das man es instinktiv schließen möchte. Doch solche Verkürzungen werden den Beiträgen nicht gerecht: Denn hier wurde zugleich ein Kompendium zur Außen- und Sicherheitspolitik der frühen Nachkriegszeit vorgelegt. Der Beitrag von Gustav Schmidt besticht durch sein methodisches Vorgehen, das es ihm erlaubte, die im komplexen internationalen und nationalen Geschehen explodierende Faktenfülle einzufassen. Vojtech Mastnys Beitrag wird durch die skrupulöse Suche nach Quellen und den sowohl souveränen wie auch gewissenhaften Umgang mit ihnen ausgezeichnet.

Der Abstraktionsgrad und die Argumentationsdichte der von den Herausgebern und von Gustav Schmidt - dies gilt insbesondere für die Einleitung - verantworteten Texte reflektieren ohne Zweifel die Prozeduren des politischen Handelns in den westlichen Demokratien. Stellenweise muss man darüber wohl "hinweglesen", um sich den Zugang zu diesem quellengesättigten Band zu erleichtern.

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