Chr. Wallner: Die Inschriften des Museums in Yozgat

Cover
Titel
Die Inschriften des Museums in Yozgat.


Autor(en)
Wallner, Christian
Reihe
Tyche-Sonderband 6
Erschienen
Wien 2011: Holzhausen
Anzahl Seiten
141 S.
Preis
€ 50,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Erich Kettenhofen, Fachbereich III – Geschichte, Universität Trier

Der Autor des hier zu besprechenden Buches, Christian Wallner, gehört zu den Mitarbeitern am „Tavium International Research Project“, das unter der Leitung von Karl Strobel (Klagenfurt) seit über einem Jahrzehnt bereits Feldforschungen in Galatien durchführt.1 Als ‚Nebenprodukt‘ (S. 5) zum geplanten Corpus der Inschriften von Tavium hat Christian Wallner die im Museum von Yozgat befindlichen Inschriften bzw. Inschriftenfragmente zusammengetragen und im 6. Sonderband der Zeitschrift „Tyche“ publiziert, die sich seit ihrem Erscheinen vor 25 Jahren um die Epigraphik verdient gemacht hat. Das inschriftliche Material des Museums in Yozgat ist disparat, kann doch in vielen Fällen die Herkunft der Fundstücke überhaupt nicht oder nur unzureichend rekonstruiert werden.2 Die bis auf die zwei Meilensteine (IV.1–2) ausschließlich in griechischer Sprache abgefassten Texte sind insgesamt anspruchslos, wiewohl sie wertvolle Informationen zur Onomastik und zur Sprachform des Griechischen in den ersten Jahrhunderten n.Chr. im Einzugsbereich der Inschriften liefern. Wallner hat die Zeugnisse in sechs Kategorien unterteilt: I. Kaiserzeitliche Grabsteine (22), II. Frühbyzantinische Grabsteine (18), III. Christliche bzw. byzantinische Grabsteine (6), IV. Meilensteine (2), V. Varia (2) sowie VI. Fragmente (11). Die Zeugnisse der Kategorie III hätten meines Erachtens der Kategorie II zugeordnet werden können3, die Gruppierung ist ansonsten jedoch nicht zu beanstanden. Die Leitlinien der Edition sind auf S. 17 zusammengetragen.

Wallner hat allen 61 Inschriften Photos von guter Qualität beigegeben und die Inschriften jeweils zu datieren versucht, wiewohl hier oft nur allgemeine Zuweisungen möglich sind. Die Namen, die in den Inschriften genannt sind und oft lokale Besonderheiten aufweisen, hat Wallner umsichtig kommentiert und – was hohe Anerkennung verdient – mit Namensformen der benachbarten Regionen verglichen, wobei aber oft auch der gesamte griechische Sprachraum berücksichtigt wird. Die Besonderheiten des byzantinischen inschriftlichen Griechisch sind Wallner wohl vertraut, ebenso das theologische Vokabular (bis hin zu Textstellen aus dem Neuen Testament), was leider heute nicht mehr selbstverständlich ist. Die Lesung der Inschriftentexte ist nicht zu beanstanden, die häufigen regionalen Besonderheiten sind gebührend berücksichtigt4; manche Photos lassen allerdings eine Überprüfung des Textes nicht oder kaum zu.5 Einige Unsicherheiten bleiben, so etwa die Buchstabenfolge EDE in Inschrift 20, Zeile 6.6 Die Übersetzung der Texte ist meist wortgetreu.7 Der Text ist sehr sorgfältig geschrieben, Versehen sind ganz selten.8 Vorbildlich ist die Präzision in der Schreibung der griechischen Namen9, das Literaturverzeichnis (S. 128–135) ist ebenfalls äußerst präzise.10 In den Konkordanzen (S. 136–140) habe ich bei meinen zahlreichen Stichproben keinerlei Versehen bemerkt. Das österreichische „Kolorit“ verraten „intrikat“ (S. 20, Anm. 39), „Scharrur“ (S. 54) oder „ident“ (S. 104).

Mag auch der epigraphische Bestand dieses zentralanatolischen Museums keine „Sensationen“ bieten, so verdient gleichwohl der Plan, die Denkmäler dieses Museums in einem eigenen Band zu publizieren, volle Anerkennung. Durch die zusammenfassenden Berichte im Supplementum Epigraphicum Graecum wird zudem auch dem Interessentenkreis, der Publikationen in deutscher Sprache nicht mehr zur Kenntnis nimmt, der Inhalt des Bandes relativ schnell erschlossen werden. Christian Wallner hat jedenfalls eine tadellose Publikation vorgelegt, für die ihm hohes Lob gezollt werden darf.

Anmerkungen:
1 Die bisherigen Grabungsberichte sind auf S. 135 bequem aufgelistet.
2 Hilfreich ist die Skizze S. 11, wo die Fund- bzw. früheren Aufbewahrungsorte der Inschriften verzeichnet sind; vgl. insgesamt S. 10–13 zur Herkunft der Steindenkmäler.
3 Vgl. etwa S. 102, wo Wallner die Inschrift aufgrund der Namensform Iōanēs in die frühbyzantinische Zeit datiert.
4 Vgl. etwa S. 42 zur in Inschrift 12 belegten Dativform von hyios.
5 Vgl. etwa S. 42, 85 und 91.
6 Einige weitere Bemerkungen: Ein Blick auf das Photo auf S. 84 lässt Zweifel zu, ob Zeile 5 von Inschrift 12 auf der Platte je geschrieben worden ist. S. 103 könnte ein Omega in Minuskelform gestanden haben. S. 115 ist der Buchstabe vor dem vermuteten O in Zeile 2 meines Erachtens weder ein Gamma noch ein Sigma; vgl. hingegen die Ergänzungen Wallners auf S. 116. S. 37 (Inschrift 10) hätte die Erasur in Zeile 3 in der Beschreibung bereits vermerkt werden können, nicht bloß im Kommentar S. 38.
7 Vgl. die Vorbemerkung S. 17. In Inschrift 16 (S. 48) fehlen im griechischen Text die in der deutschen Übersetzung vorausgesetzten Reflexivpronomina.
8 In französischen Titeln sind die Akzente hin und wieder nicht beachtet bzw. unkorrekt. S. 42 sollte Sarikaya ohne i-Punkt geschrieben werden (= gelber Fels); richtig hingegen S. 44. S. 63 sollte „schon“ durch „erst“ ersetzt werden. Der Kleine Pauly, Band 2 ist 1967, nicht 1979 erschienen (so S. 81).
9 Zum Namen Aphia wäre noch der Hinweis auf den Beleg des Namens schon im 1. Jahrhundert n.Chr., im Philemonbrief des Paulus (1,2), nützlich, allerdings dort Apphia geschrieben.
10 Nur „payri“ statt „papyri“ (S. 130) ist zu beanstanden. Die Griechische Epigraphik von Günther Klaffenbach (zit. S. 132) ist 1966 in 2. verbesserter Auflage erschienen; hier fehlt auch die Reihenangabe (Studienhefte zur Altertumswissenschaft 6).

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