Titel
Contributionale, Oeconomicum und Politicum. Die Finanzen der landesfürstlichen Städte Nieder- und Oberösterreichs in der Frühneuzeit


Autor(en)
Pühringer, Andrea
Reihe
Sozial- und wirtschaftshistorische Studien 27
Erschienen
München 2002: Oldenbourg Verlag
Anzahl Seiten
320 S.
Preis
€ 49,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
PD Dr. Ralf Pröve, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Geschichtswissenschaften

In ihrer von Herbert Knittler betreuten und mittlerweile preisgekrönten Wiener Dissertation hat sich Andrea Pühringer einem Vergleich der Finanzentwicklung von nieder- und oberösterreichischen landesfürstlichen Städten gewidmet. Die Untersuchung setzt in der Mitte des 16. Jahrhunderts ein, da von da an die Quellengrundlage breit genug wird, und endet in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als die Zentrale des Staates zunehmend standardisierend und normierend in die städtische Verwaltung eingriff. Es ist das Anliegen Pühringers, die „Entwicklung des Haushalts- und Rechnungswesens in den einzelnen Städten über einen längeren Zeitraum hinweg sowie ihre strukturelle Zusammensetzung und Veränderung“ (S. 39) zu untersuchen. Dazu bilden die dezentrale Buchführung, deren Funktion und Zusammensetzung einen zentralen Aspekt. Zusätzlich werden das kommunale Finanzgebaren und damit auch die finanzielle und die politische Entwicklung der Städte eingeordnet in das „Zusammenspiel von Politik und Konfession, von Staatsbildung und Kriegführung“ (S. 24).

Der Aufbau der Arbeit ist geschickt gewählt. Zunächst werden in einem längeren ersten Kapitel Problemaufriss, Forschungsstand und Fragestellung abgehandelt und dabei auch ausführlich die Besonderheiten der landesfürstlichen Städte zwischen Kammergut und Landstandschaft ausgeleuchtet. Eine allgemeine Beschreibung des Rechnungswesens mit seinen Bestandteilen und seiner Funktion steht im Vordergrund des zweiten Kapitels. Detailliert wird dabei eine Systematik entwickelt, die sowohl den komparativen Ansatz ermöglicht als auch die quellenimmanente Struktur erarbeitet: Dazu zählen etwa die Beschreibung der Quellenlage, die Thematisierung von Kassenführung und Buchungstechnik, die Aufdeckung der Einnahmen (u.a. Steuern, Kreditwesen, Markteinnahmen, Eigenbetriebe, Ämtereinkünfte) und der Ausgaben (u.a. Verwaltungsausgaben, Bauaufwendungen, Besoldung, Aufwendungen für Kriegswesen und kommerzielle Aktivitäten). In den folgenden vier Kapiteln, sozusagen dem Hauptteil der Arbeit, werden die ausgewählten Städte, Eggenburg, Krems, Freistadt und Wels untersucht - nicht ohne jedem Kapitel jeweils einen kurzen Abriss der ökonomischen, demographischen und rechtlichen Entwicklung der Stadt voranzustellen. Im siebten und letzten Kapitel werden die einzelnen Ergebnisse miteinander verglichen. Dieser Vergleich soll, so die Hoffnung der Vf., die Grundlage dafür bieten, in Zukunft die finanzielle Situation in den landesfürstlichen Städten in Ober- und Niederösterreich nachhaltiger bewerten zu können.

Die Studie ist zu loben. Sie widmet sich nicht nur Kleinstädten, die von der Stadt- und Urbanisierungsforschung bisher stiefmütterlich behandelt worden sind, sondern sie geht auch vergleichend vor, ein Weg, der ebenfalls in der Forschung viel zu selten gegangen worden ist. Als gelungen ist zu konstatieren, dass Pühringer sich nicht damit begnügt hat, die doch recht trockenen Quellen und mühsam gewonnenen Daten zu rekonstruieren, einen Einblick in das Finanzgebaren frühneuzeitlicher Kleinstädte zu liefern und das Augenmerk auf die quantitative serielle Analyse der Budgets zu legen, sondern dass sie die Entwicklung des Haushaltes als Parameter der politischen und sozialen Wandlungen nimmt. Ein derart ambitioniertes Forschungsfeld enthält naturgemäß eine Reihe von methodologischen Problemen, wie etwa das Fehlen einer reinen Geldwirtschaft, der Kasseneinheit und der Budgetierung sowie die Schwierigkeit der schleichenden Geldentwertung. Konnte Pühringer auch nicht alle Probleme lösen (was auch unmöglich wäre), so sind um so mehr die immer wieder eingestreuten gelungenen methodischen Reflexionen besonders hervorzuheben.

Der gut lesbare, mit Charme geschriebene und mit 34 Grafiken und 55 Tabellen auch komplizierte Sachverhalte sichtbar machende Band leistet einen wichtigen Beitrag nicht nur für die Regional- und Landesgeschichte Österreichs oder für die allgemeine Stadtgeschichte, sondern auch für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte insgesamt und wird somit auch die Forschungsdebatten um Staatsbildung, Konfessionalisierung und Sozialdisziplinierung beflügeln.

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