Jean Luc Chappey u.a. (Hrsg.): Atlas de l’empire napoléonien 1799-1815

Titel
Atlas de l’empire napoléonien 1799-1815. Ambitions et limites d’une nouvelle civilisation européenne. Préface de Jean-Paul Bertaud


Herausgeber
Chappey, Jean Luc; Gainot, Bernard
Erschienen
Anzahl Seiten
80 S.
Preis
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Matthias Middell, Global and European Studies Institute, Universität Leipzig

Dieser Atlas wirkt in der Aufmachung bescheiden gegen das mehrbändige, und im Format doppelt so groß daherkommende Unternehmen des Atlas der Französischen Revolution, dem der Wind des Bicentenaire Flügel verliehen hatte. Chappey und Gainot, langjährige wissenschaftliche Mitarbeiter am Pariser Institut d’Histoire de la Révolution française und ausgewiesen für die Geschichte des Direktoriums und der französischen Kolonialpolitik an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert (Gainot), beziehungsweise zur Kultur- und Wissenschaftspolitik der nachthermidorianischen Republik und des napoleonischen Kaiserreichs (Chappey), haben jedoch auf dem begrenzten Raum ein Glanzstück der Visualisierung moderner historischer Forschungsergebnisse vollbracht.

Das Kaiserreich des kleinen Korsen umfasste bekanntlich nicht nur den Kernbestand traditionellen französischen Territoriums, sondern im Moment größter Ausdehnung 130 Departements von der Adria bis zum Atlantik und daneben bis zu den Kolonialbesitzungen auf Java, in Louisiana, der Karibik und im Indischem Ozean (S. 26-27: Letzteres samt der gescheiterten Wiedereroberung von Saint-Domingue).

Demzufolge wechseln Karten, die das Hexagon zeigen, mit solchen die den europäischen Kontinent erfassen. Natürlich dürfen die Schlachten bis zum Abdanken des Kaisers nicht fehlen, aber hier weisen die Pfeile, die Truppenbewegungen bis vor Moskau und retour anzeigen, im Wesentlichen auf Bekanntes. Die Karten zur Wirtschaftsgeschichte (von der Stadtverwaltung mit Lebensmitteln in der französischen Provinz bis zu den tatsächlichen Profiteuren der Kontinentalsperre im europäischen Maßstab) und zur Größenordnung des Eigentumstransfers durch den Nationalgüterverkauf (ebenfalls über die Grenzen Frankreichs hinausgehend) bieten dagegen einen wirklichen Neuanfang der Interpretation, der alle Abgesänge auf die Sozialgeschichte Lügen straft.

Ebenso verhält es sich mit der Kulturpolitik, deren staatsgetriebene Rigidität zwar in Umrissen schon länger bekannt war, aber nun auf all ihren Fährten (Bibliotheken, gelehrte Gesellschaften, Schulen und Universitäten, Theater und Druckereien, Abonnenten der lokalen Presse, Städtebau und Kunstschätze im neuen Urbanismus) verfolgt werden können.

Der Atlas gibt auf engstem Raum Einblicke in den Ertrag von 20 Jahren angestrengter Detailarbeit – nicht nur der Herausgeber, aber von diesen souverän zusammengefasst. Chronologie und Bibliographie schließen das schmale Heftchen ab, das auf knapp 80 Seiten eine hohe Kunst der Verdichtung belegt, vor der jeder Einwand, was man sich als Rezensent auf weiteren Karten hätte vorstellen können, verstummen muss.

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