P. M. Edwell: Between Rome and Persia

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Titel
Between Rome and Persia. The Middle Euphrates, Mesopotamia, and Palmyra under Roman Control


Autor(en)
Edwell, Peter M.
Erschienen
London u.a. 2008: Routledge
Anzahl Seiten
XX, 289 S.
Preis
£ 65,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Henning Börm, Lehrstuhl für Alte Geschichte, Universität Konstanz

Das Ende der parthischen Herrschaft über Iran und Südmesopotamien und die Gründung des neupersischen Sasanidenreichs im 3. Jahrhundert waren auch für das Imperium Romanum von einschneidender Bedeutung. Die Sicherung der Orientgrenze band fortan erheblich größere römische Kapazitäten als zuvor und trug nach Ansicht nicht weniger Forscher entscheidend dazu bei, dass das Imperium dem entstandenen Anpassungsdruck schließlich mit jenen Reformen begegnen musste, die um 300 die Spätantike einläuten sollten.1 Die Anzahl der althistorischen Publikationen zu den römischen Kontakten mit Parthern und Sasaniden einerseits und zur bewegten Geschichte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts ist dabei gerade in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Nicht zuletzt die nordmesopotamische Grenzregion, die wichtigste militärische, ökonomische und kulturelle Kontaktzone zwischen den Römern und der jeweiligen östlichen Großmacht, hat hier naturgemäß vielfach eine Rolle gespielt. Orte wie Hatra, Dura-Europos und insbesondere Palmyra sind dabei auch in archäologischen und historischen Spezialstudien behandelt worden.

Ergänzt und zusammengefasst werden diese Untersuchungen jetzt durch die nun publizierte Dissertation von Peter Edwell. Gegenstand der Arbeit ist die Geschichte der römischen Präsenz am Euphrat zwischen der Einrichtung der Provinz Syria durch Gnaeus Pompeius und den heftigen Konflikten mit den sasanidischen Persern in der Mitte des 3. Jahrhunderts. Die Studie ist sinnvoll in fünf größere Abschnitte unterteilt, von denen sich zwei speziell mit Palmyra und Dura-Europos befassen, einer mit der militärischen Organisation der römischen Euphratgrenze und zwei weitere mit den römisch-parthischen bzw. römisch-sasanidischen Kontakten. Allen Abschnitten ist gemein, dass sie in der Regel vornehmlich aus römischer Perspektive verfasst sind und die innere Entwicklung in der jeweiligen östlichen Großmacht zumeist nur am Rande berücksichtigen.

Im ersten Abschnitt („Rome on the Euphrates and in Mesopotamia, c. 65 BC – c. AD 200“) bietet Edwell einen recht knappen, aber soliden Überblick zur sukzessiven Etablierung einer römischen Militärpräsenz in der Region. Dabei habe der Euphrat zwar bereits seit spätrepublikanischer Zeit immer wieder als Demarkationslinie und „a symbolic boundary“ (S. 8) gedient 2, eine wirksame Kontrolle des Gebietes habe Rom aber erst spät und schrittweise eingerichtet. Eine wichtige Stufe werde dabei durch die Reorganisation der Euphratgrenze durch Vespasian (S. 17) markiert; Trajans Partherkrieg habe dann zwar vornehmlich ephemere Erfolge erzielt, sei aber möglicherweise mitverantwortlich für den Aufstieg Palmyras gewesen, da die Kämpfe die parthische Kontrolle der Region geschwächt hätten (S. 21). In Hinblick auf die lange diskutierte Frage, ob bereits die Kämpfe unter Lucius Verus zur Etablierung römischer Militärpräsenz in Nordmesopotamien geführt haben, bleibt Edwell mit Recht vorsichtig, auch wenn er nicht ausschließt, dass kaiserliche Truppen bereits damals in Nisibis stationiert wurden (S. 24). Den entscheidenden Schritt erblickt er allerdings im Zusammenhang mit den severischen Partherkriegen, die nicht nur zur formalen Provinzialisierung mesopotamischen Territoriums geführt, sondern naturgemäß auch die Bedeutung des Tigris erhöht hätten (S. 30).

Der zweite Abschnitt widmet sich den römischen Beziehungen zur wohl wichtigsten „Mittelmacht“ in der Region, Palmyra, in vorsasanidischer Zeit. Der Zerfall der seleukidischen Herrschaft und das Auftreten zweier konkurrierender Großmächte hatten es der Stadt ermöglicht, nicht nur durch Fernhandel zu Wohlstand zu gelangen, sondern sich dabei auch erhebliche politische Handlungsspielräume zu erhalten. Edwell wendet sich mit Skepsis und bedenkenswerten Argumenten gegen die teils vertretene Annahme, Palmyra sei schon im 1. Jahrhundert formal Teil des Imperium Romanum gewesen (S. 34-46), wobei er einräumt, zumindest in flavischer Zeit deuteten die widersprüchlichen Angaben in den (römischen) Quellen darauf hin, dass der Status der Stadt damals unklar und uneindeutig gewesen sei. Folgerichtig äußert Edwell Zweifel an der Vorstellung, Hadrian habe Palmyra zur civitas libera erhoben, da diese Annahme primär auf der Prämisse beruhe, die Stadt sei zuvor Teil der Provinz gewesen (S. 46-48). Mit Recht räumt er allerdings ein, dass Palmyra spätestens seit dieser Zeit unter erheblichem römischen Einfluss stand und wohl indirekt – auch durch enge ökonomische Beziehungen – von Rom beherrscht wurde. Dabei betont er die Rolle, die damals palmyrenische Bogenschützen im kaiserlichen Heer zu spielen begannen, vertritt aber zugleich die Ansicht, die epigraphischen Zeugnisse für römische Soldaten in Palmyra reichten nicht aus, um auf die Anwesenheit einer Garnison zu schließen (S. 53). Erst die Severer hätten den Ort in das Imperium integriert (S. 61). So bleibt auch hier, ähnlich wie im vorangegangenen Abschnitt, als Ergebnis, dass Palmyra ebenso wie Nordmesopotamien vielleicht schon seit Lucius Verus, definitiv aber erst seit etwa 200 von römischen Truppen kontrolliert wurde.

Der dritte Abschnitt („Roman military organization of the middle Euphrates in the third century AD“) bietet eine recht detaillierte Übersicht über den Zustand der römischen Ostgrenze zum Zeitpunkt der Gründung des Sasanidenreichs. Edwell kann hier unter Heranziehung literarischer, papyrologischer, epigraphischer und archäologischer Quellen ein insgesamt stimmiges Bild zeichnen und mitunter durch vorsichtige Detailanalyse aufzeigen, dass die Quellenlage manche Annahme der älteren Forschung nicht ausreichend stützt. Mit Ausnahme von Dura und Kirkesion seien die meisten römischen Festungen in der Region schwach gewesen; sie hätten eher als Vorposten gedient und seien nicht zur Abwehr substantieller Angriffe geeignet gewesen (S. 91f.). Edwells Einschätzung ist wohl zuzustimmen; allerdings wird man zumindest vor Diokletian auch andernorts kaum römische limites finden, die in der Lage gewesen wären, einer konzentrierten, geplanten Attacke standzuhalten – weder der Obergermanisch-rätische Limes noch der Hadrianswall oder der mauretanische Limes konnten eine solche Aufgabe erfüllen. Die römischen Militärgrenzen besaßen diverse Funktionen, aber nicht nur im Orient gehörte die Abwehr größerer Heere sicherlich nicht dazu. Insofern bestätigt Edwells Analyse nur, was ohnehin zu erwarten war.

Der vierte Abschnitt nimmt den seit den US-amerikanischen Ausgrabungen der 1930er-Jahre wohl berühmtesten Ort am mittleren Euphrat, Dura-Europos, in den Blick. Wie die meisten Forscher nimmt auch Edwell an, dass Dura seit dem frühen 1. Jahrhundert v.Chr. lange Zeit als „a hellenistic city in a Semitic milieu“ im parthischen Machtbereich lag und erst etwa 165 unter römische Kontrolle kam (S. 112f.). Diese sei allerdings zunächst indirekt, mit Hilfe palmyrenischer Bogenschützen, ausgeübt worden (S. 116f.), während reguläre kaiserliche Truppen erst unter Septimius Severus in Dura stationiert worden seien (S. 118). Edwell zeigt sich skeptisch, was das Amt eines dux ripae und die diesem von der älteren Forschung zugeschriebenen Kompetenzen betrifft (S. 128-135): „Indeed, it is possible on the basis of the evidence that the office of Dux Ripae at Dura did not exist at all“ (S. 143). Die römische Militärorganisation des Gebietes sei weniger zentral koordiniert gewesen als oft angenommen. Insgesamt kommt Edwell auch in Hinblick auf Dura zu einem ähnlichen Ergebnis wie zuvor; an die Stelle einer eher informellen römischen Kontrolle sei erst unter den Severern eine stärkere Einbindung in das Imperium getreten, verbunden mit der Stationierung kaiserlicher Truppen. Diese Ausweitung sei vor allem damit zu erklären, dass die Region für die Römer ökonomisch immer interessanter geworden sei. Dies mag zutreffen, aber es stellt sich die Frage, ob die severischen Partherkriege nicht wesentlich durch andere Faktoren, etwa das anfängliche Legitimationsdefizit der neuen Dynastie, ausgelöst wurden.

Der fünfte Abschnitt der Untersuchung widmet sich dann schließlich den römisch-persischen Konflikten, die auf den Sturz der Arsakiden und die Etablierung der sasanidischen Herrschaft in den 220er-Jahren folgten. Als einen Grund für die Konflikte nennt Edwell, sicherlich mit Recht, die zuvor beschriebene Ausweitung der direkten römischen Kontrolle bis zum Tigris, die für die östliche Großmacht eine Provokation dargestellt habe (S. 149). Die Sasaniden hätten dann zudem eine weitaus aggressivere Westpolitik betrieben als ihre Vorgänger, wobei die römische „Reichskrise“ – deren Existenz Edwell ungeachtet der intensiven Forschungsdiskussion der letzten Jahre als Selbstverständlichkeit betrachtet (S. 151) – zwar zu einer allgemeinen Schwächung des Imperiums geführt, die Fähigkeit der Römer, im Orient große Armeen einzusetzen, aber zunächst nicht beeinträchtigt habe. Erst 260 sei man auf palmyrenische Hilfe angewiesen gewesen (S. 152).

Edwell schildert zunächst den sasanidischen Angriff auf Hatra 3, den er zutreffend darauf zurückführt, dass der Ort ein arsakidisches Widerstandsnest gewesen sei, und auf Armenien; anschließend wird das Problem der angeblichen sasanidischen Ansprüche auf ehemals achaimenidische Territorien diskutiert.4 Edwell tendiert dabei – gegen Erich Kettenhofen und Ehsan Yarshater – zu der Ansicht, dass sich Ardaschir I. tatsächlich auf das Altpersische Reich berufen habe, um seine Forderungen an Rom zu legitimieren. Dass sich später in den res gestae divi Saporis keine Hinweise hierauf fänden, sei schlicht dem Umstand geschuldet, dass Schapur I. und sein Vater ihre Ziele letztlich nicht verwirklichen konnten (S. 159). Ob Edwells knappe Behandlung dieser Frage der Komplexität des Problems wirklich gerecht wird, sei dahingestellt.

Im Anschluss werden die römisch-persischen Kämpfe seit 231 geschildert. Der Perserkrieg des Severus Alexander wird dabei von Edwell im Anschluss an die Historia Augusta vorsichtig als relativ erfolgreich für die Römer gewertet, was trotz hoher Verluste dazu beigetragen habe, dass Rom die neue Qualität, die der Konflikt mit dem Erscheinen der Sasaniden annehmen sollte, zunächst noch nicht erfasst habe (S. 160-167). Bei der Behandlung des Feldzugs unter Gordian III. kann Edwell dann erstmals auch persische Quellen heranziehen, ohne allerdings entscheiden zu können, welche Darstellung der Ereignisse, die zum Tod des Kaisers führten, die zutreffende ist.5 An eine nützliche Diskussion des Friedens von 244, den Philippus Arabs schließen musste (S. 173-181), schließt sich sodann die Behandlung der persischen Invasionen Syriens zwischen 252 und 260 an, wobei auch die rätselhafte Figur des Mareades Erwähnung findet.6 Die folgenden Ereignisse, zumal die Plünderung Antiocheias, hätten Rom überrascht und hart getroffen und letztlich dazu geführt, dass die kaiserlichen Truppen den mittleren Euphrat südlich des Khabur dauerhaft aufgeben mussten (S. 200). Ein kurzes Fazit schließt die Studie ab.

Der Band enthält zahlreiche Abbildungen von unterschiedlicher Qualität. Die griechischen Zitate im Text sind oft unschön und unregelmäßig gesetzt, da sie offenbar teils aus zwei verschiedenen Schriftarten zusammengesetzt sind, und enthalten überdies recht viele Fehler. Im Anhang finden sich die Endnoten, ein recht kurzer, aber hilfreicher allgemeiner Index sowie eine 15 Seiten umfassende Bibliographie, die – zumal bei nicht-englischer Literatur – eine Reihe von Flüchtigkeitsfehlern aufweist. Obwohl sich Edwell erkennbar um die Berücksichtigung insbesondere der deutschen und französischen Forschung bemüht hat, weist seine Bibliographie dennoch gerade in dieser Hinsicht einige erstaunliche Lücken auf. So vermisst man vor allem die Arbeit von Udo Hartmann zu Palmyra 7 und die archäologischen wie historischen Untersuchungen von Stefan Hauser.8 Bemerkenswert ist auch das Fehlen der grundlegenden Arbeit von Karl-Heinz Ziegler zu den römisch-parthischen Beziehungen 9 oder von Axel Gebhardts detaillierter Studie zur Geschichte der Provinz Syria10; all diese Untersuchungen sind für Edwells Thema eigentlich einschlägig. Insgesamt bewegt sich seine Arbeit daneben auch in Hinblick auf die parthische und sasanidische Geschichte nicht immer auf dem aktuellen Stand der Forschung.

So bleibt letztlich der Eindruck einer insgesamt soliden Arbeit, die den Forschungsstand trotz mancher Lücke recht gut wiedergibt und im Detail, insbesondere bezüglich der Dislozierung römischer Truppen am mittleren Euphrat, nützliche Ergänzungen bieten kann. Wirklich substantielle Neubewertungen, die über Einzelheiten hinausgehen, bietet Edwell hingegen kaum. Weitergehende Ansätze, die etwa dazu beitragen könnten, den Charakter der Euphratgrenze und der römischen limites insgesamt besser zu verstehen, finden sich bei ihm nicht. Seine Studie liefert mithin kaum Überraschendes, ist aber als überblicksartige Regionalstudie dennoch ein willkommenes Arbeitsinstrument.

Anmerkungen:
1 Diese Position vertritt unter anderem auch Peter Heather, The Fall of the Roman Empire, London 2005.
2 Vgl. zu diesem Punkt auch Holger Sonnabend, Fremdenbild und Politik, Frankfurt am Main u.a. 1986.
3 Zu diesem Punkt ist zu verweisen auf Josef Wiesehöfer, Die Anfänge sasanidischer Westpolitik und der Untergang Hatras, in: Klio 64 (1982), S. 437-447. Die spektakuläre Entdeckung der sasanidischen Belagerungsmauern vor Hatra konnte Edwell offenbar noch nicht zur Kenntnis nehmen; eine Publikation des vorläufigen Befundes bieten David J. Tucker / Stefan R. Hauser, Beyond the World Heritage Site. A huge enclosure revealed at Hatra, in: Iraq 68 (2006), S. 183-190. Eine ausführliche Dokumentation ist angekündigt.
4 Einen Überblick über die Diskussion liefert Philip Huyse, La revendication de territoires achéménides par les Sassanides: une réalité historique?, in: Philip Huyse (Hrsg.), Iran. Questions et connaissances I: Études sur l’Iran ancien, Paris 2002, S. 294-308.
5 Zum Tod Gordians, der in der Historia Augusta seinem Prätorianerpräfekten Philipp angelastet wird, während in den ŠKZ der Großkönig beansprucht, den Kaiser getötet zu haben, vgl. David MacDonald, The death of Gordian III – another tradition, in: Historia 30 (1981), S. 502-508; Christian Körner, Philippus Arabs, Berlin u.a. 2002, S. 75-90.
6 Vgl. zu Mareades zuletzt Udo Hartmann, Mareades – ein sasanidischer Quisling?, in: Josef Wiesehöfer / Philip Huyse (Hrsg.), Ērān ud Anērān, Stuttgart 2006, S. 105-142.
7 Udo Hartmann, Das palmyrenische Teilreich, Stuttgart 2001.
8 Stellvertretend sei hier erwähnt: Stefan R. Hauser, Die ewigen Nomaden? Bemerkungen zu Herkunft, Militär, Staatsaufbau und nomadischen Traditionen der Arsakiden, in: Michael Sommer u.a. (Hrsg.), Krieg, Gesellschaft, Institutionen, Berlin 2005, S. 163-205.
9 Karl-Heinz Ziegler, Die Beziehungen zwischen Rom und dem Partherreich, Wiesbaden 1964.
10 Axel Gebhardt, Imperiale Politik und provinziale Entwicklung, Berlin 2002.

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