D. Armitage: The Ideological Origins of the British Empire

Titel
The Ideological Origins of the British Empire. Ideas in Context 59


Autor(en)
Armitage, David
Erschienen
Anzahl Seiten
xi 239 S.
Preis
£35.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Julia Lederle, Department of History and Civilization, Europaeisches Hoschulinstitut Florenz

David Armitage hat sich mit seiner ersten Monographie "The Ideological Origins of the British Empire" zum Ziel gesetzt, die Entwicklung der ideologischen Grundlagen darzustellen, die zur Entstehung, Formierung und zeitgenössischen Definition des Britischen Empires führten. Armitage bedient sich bei dieser Untersuchung der Mittel der Intellectual History und steht somit ganz in der Tradition seines Cambridger Lehrers Quentin Skinner, in dessen Reihe "Ideas in Context" dieses Buch erschienen ist.
Während der über zehnjährigen Entstehungsgeschichte des Buches ist es Armitage gelungen, mittels vorsichtiger und fundierter Darstellung neuer Schwerpunkte das britische Empire der atlantischen Welt zu definieren und seine Ideologie, auf der es fußte, aufzudecken.

Armitage, Professor für Geschichte an der Columbia University, unter anderem Herausgeber von "Theories of Empire 1450-1800" (1998), gelingt es mit Hilfe seines geistesgeschichtlichen Ansatzes, mehrere historische Forschungsbereiche neu und folgerichtig zu verknüpfen:
Armitage integriert die traditionell isoliert untersuchte politische Geschichte der frühneuzeitlichen britischen Inseln in die Geschichte des britischen Empires. Diese Zusammenfügungen ermöglichen Armitage, die Entwicklung der ideologischen Konzeption des britischen Empires bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts darzustellen. Auch die Untersuchung der politischen Anfänge der amerikanischen Geschichte vermag Armitage zu integrieren, indem er aus den ideologischen Grundlagen und Widersprüchen des britischen Empires die Ursachen der Amerikanischen Revolution herleitet.

Armitage deckt in sieben chronologisch aufeinander aufbauenden Kapiteln den Untersuchungszeitraum von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ab. Darin zeichnet er die Entstehung der Kernaussage, daß das britische Empire als "Protestant, commercial, maritime and free" ideologisch definiert wurde, nach und demonstriert die Widersprüchlichkeit dieser Ideologie durch Vergleich mit der politischen Wirklichkeit.

Im einleitenden Kapitel klärt Armitage die Begriffe "state", "empire" und "kingdom"; in den Kapiteln drei bis sechs behandelt er jeweils einen der von ihm herauskristallisierten Kernbegriffe der britischen Empire-Ideologie, also die Rolle der Religion, der Seeherrschaft, der bürgerlichen und persönlichen Freiheit sowie der politischen Ökonomie. Er deckt dabei zahlreiche Widersprüche auf: Irland hing eben nicht dem als einigende und einzige Religion definierten Protestantismus an, dessen ideologischen Einfluß auf das Empire Armitage grundsätzlich als überbewertet einstuft. Dem Konzept der eigentlich dem des Empires konträr gegenüberstehenden republikanischen Freiheit wurde im Ausweichen der Definition in ein freies maritimes Reich Rechnung getragen, die entstehende Mythologisierung der Seeherrschaft führte jedoch zu Expansion und Kolonialismus. Auch ließ dieses als frei definierte Empire Sklavenbesitz zu. Und in der als politisch vereinend definierten Ökonomie Großbritanniens hatte Irland eher den wirtschaftlichen Status einer Kolonie; außerdem wurden die kommerziellen Interessen des Empires grundsätzlich den kostspieligen militärischen untergeordnet.

Diese Begriffskapitel werden umklammert von zwei Kapiteln, die das Empire zu Beginn und Ende des Armitagen Untersuchungszeitraums darstellen: Das zweite Kapitel beschreibt die Formierung des Empires mittels seiner Komponenten England, Schottland und Irland; das siebte Kapitel schildert die Definition des britisches Empires im 18. Jahrhundert bis unmittelbar vor dem Ausbruch der Amerikanischen Revolution.

Mit Hilfe dieser Mischung aus chronologischer Abfolge und Begriffsgeschichte vermag es Armitage, detailliert zu entwickeln, daß während des von ihm behandelten Zeitraums Herrschaft-Konzepte entwickelt wurden, die die Existenz eines atlantisch zentrierten britischen Empires rechtfertigten und den englisch sprechenden Bewohnern dieser atlantischen Welt eine britische Identität gaben; es wurde jedoch versäumt, die amerikanischen Kolonien in diese widersprüchliche Empire-Ideologie zu integrieren.

Armitage verfällt den Versuchungen seines geistesgeschichtlichen Ansatzes nicht. Er ist sich im Gegenteil der methodischen Schwierigkeiten bewußt und betont auch, daß die Ursprünge des britischen Empires nicht nur in der ideologischen Theorie zu suchen sind.

Nicht jedoch stellt er das Konzept des britischen Empires in der vollen Komplexität des 18. Jahrhunderts dar. Er überbrückt nicht die althergebrachte Trennung der Forschung in ein erstes, sich zunächst in den atlantischen Raum ausdehnendes britisches Empire und ein späteres zweites, oft als das einzige britische Empire angesehene Herrschaftsgebiet mit Ausdehnung nach und in Asien, was im Hinblick auf Armitages Untersuchungsinteresse die Amerikanische Revolution betreffend stringent ist, jedoch Fragen nach dem Einfluß auf das zweite Empire nur andeutet.

Im Rahmen der Forschung über die atlantische Welt den Untersuchungsschwerpunkt auf dieses frühere, westlich orientierte Empire zu legen, ermöglicht die Verknüpfung einiger Forschungsfelder, bedeutet jedoch auch, die strikte, nicht immer hilfreiche Trennung in der Erforschung des ersten und des zweiten Empires deutlich zu betonen. David Armitage präsentiert so mit seinem als bestes englischsprachiges Geschichtswerk eines jungen Autors ausgezeichneten Buch eine beeindruckende komplexe und richtungsweisende geistesgeschichtliche Darstellung des ersten britischen Empires.

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