Xenophon. The Education of Cyrus

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Titel
Xenophon. The Education of Cyrus


Herausgeber
Ambler, Wayne
Erschienen
Anzahl Seiten
304 S.
Preis
19,95 $
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Charlotte Schubert, Alte Geschichte Historisches Seminar, Universität Leipzig

Die von dem athenischen Feldherren und Sokrates-Schüler Xenophon (ca. 430-355 v.Chr.) verfasste “Erziehung des Kyros“ (Kyrou paideia) wird heute entweder als erster historischer Roman der Antike überhaupt ( so A. Lesky in seiner “Geschichte der Griechischen Literatur“, 2.Aufl.1963, 668) oder als frühest erhaltenes Werk der reichhaltigen antiken Fürstenspiegel-Literatur (H.H.Schmitt, Art. Herrscherideal, Kleines Lexikon des Helleniusmus, hrsg. v. H.H.Schmitt und E. Vogt, Wiesbaden 1993, 235) betrachtet. Der letztgenannten Tendenz schließt sich A. in seiner Neuübersetzung des griechischen Textes (auf der Basis der Budé-Ausgabe von M.Bizos, Paris 1971-78) ins Englische an (“is in fact a carefully chosen vehicle for reflections with profound political and ethical implications“, S.VIII). So ordnet sich die Kyrupädie in eine literarische Tradition ein, die sich mit den vom Herrscher geforderten Qualitäten und Verhaltensweisen auseinandersetzt, wobei die Erziehung als wesentliche Grundlage eines Erfolges betrachtet wurde. Hinzu kommen (Xenophon, Kyrupädie 1,1,6) die adlige Herkunft und seine natürliche Begabung.

Die Schrift Xenophons befasst sich jedoch mit der eigentlichen Erziehung des Kyros († 529 v.Chr.), Begründer des persischen Großreiches durch die Eroberung Mediens, Lydiens, Ioniens, Babylons, nur in einem Teil des ersten der insgesamt acht Bücher umfassenden Schrift. Es folgen die Eroberung Asiens (Bücher II-VII 5,36) und die Organisation des Reiches (VII 5,37-VIII 6). In diesem zweiten Abschnitt verändert sich auch das Verhalten des Kyros: Seine bisherige Zuneigung zu seinem Volk weicht der herrscherlichen Prachtentfaltung. Im allerletzten Kapitel des achten Buches (VIII 8) beschreibt Xenophon dann, dass sich die Perser direkt nach dem Tod des Kyros von der vorbildlichen Lebensweise (paideia) abgewandt und seither Verfall und Dekadenz eingesetzt haben.

Die Lebensgeschichte des Kyros wird eingebettet in eine Darstellung persischer Einrichtungen, die aber doch wohl eher eine Modifikation der spartanischen Institutionen zu sein scheinen (so A.S.5) als dass sie auf persische Quellen zurückgehen. Das ist für den Sparta-Bewunderer Xenophon, der auch eine Schrift über die sagenumwobene Verfassung des Sparta-Mythos Lykurg verfasst hat, nicht weiter erstaunlich. Auch mit den ansonsten auch aus anderen Quellen (z.B. Herodot) bekannten Stationen im Leben des Eroberers Kyros geht Xenophon sehr frei um: Die Entthronung des Großvaters und Königs der Meder Astyages wird übergangen bzw. geschönt (“...wurde Führer der Meder“), die Verbrennung des besiegten Lyderkönigs Kroisos nicht erwähnt, die Eroberung Ägyptens ihm fälschlicherweise zugeschrieben, sein Tod in einer blutigen, verlorenen Schlacht gegen die Massageten (vgl.Herod.I 214) zugunsten einer Version vom friedlichen, wohlvorbereiteten Tod im Bett ersetzt. A. gibt zwar seiner Übersetzung einige, allerdings sehr spärliche Anmerkungen bei, geht jedoch gerade auf diese, in der Regel wohlbekannten Punkte nicht im Einzelnen ein. Das ist bedauerlich, da gerade hieran erst deutlich wird, dass es sich um eine fiktiv-legendäre Darstellung handelt, die den Zeitgenossen auch als solche präsentiert wurde. Hinter der verzerrenden Moralisierungstendenz und auch der Ästhetisierung steht aber weniger eine auf literarische Wirkung ausgerichtete Absicht als das Bedürfnis, durch das Medium des Fremden die Überlegenheit des Eigenen umso deutlicher werden zu lassen. Die Grundprinzipien des griechischen Herrscherideals, wie es sich seit dem 4.Jahrhundert entwickelt hat, treten in der Kyrupädie deutlich hervor (vgl. dazu H.H.Schmitt a.a.O.): Der Herrscher ist die Quelle des Rechts, Missbrauch seiner Macht ist nur durch Bindung an ethische Prinzipien zu verhindern, daher muß er diese anerkennen. So muß seine Herrschaft rechtmäßig durch Abstammung erworben sein (!), seine charakterlichen Qualitäten sollen dem entsprechen und sein ganzes Bestreben soll auf das Glück seines Volkes ausgerichtet sein. Obwohl der Autor sein Werk in einer Translator’s Note (S.VIII) mit dem Hinweis auf die Qualität Xenophons als eines politischen Denkers beginnt, kommen gerade die genannten Punkte kaum zur Sprache.

Auch die rein praktische Benutzbarkeit dieser Neuübersetzung hält sich für einen deutschen Leser in Grenzen, da – wie er in der Translator’s Notice ausdrücklich anmerkt – Schlüsselbegriffe des griechischen Vokabulars nicht mit einheitlichen englischen Äquivalenten zu übersetzen sind. Ein Glossar dieser Begriffe soll dem Leser hier weiterhelfen, allerdings basiert es auf den englischen Ausdrücken und diese wiederum sind über Fußnotenverweise im Übersetzungstext gekennzeichnet. Das ist ein wenig umständlich und offenbar so beabsichtigt (“I have in any event not taken it to be my goal to make the book conform to a preconceived notion of the author’s intention nor to place the reader’s ease above all.“ S.X). Man fragt sich, für welchen Leserkreis das Buch gedacht ist: Die fachwissenschaftlich interessanten Aspekte werden nicht berührt oder nur gestreift, Studierenden und historischen Nachbarfächern werden keine Hilfsmitteln an die Hand gegeben. Dem Thema ‚Xenophon als politischer Denker’ – eine lohnenswerte und noch in den Anfängen befindliche Diskussion – erweist man damit keinen Gefallen.

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