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Titel
Monument und Inschrift. Gesammelte Aufsätze zur senatorischen Repräsentation in der Kaiserzeit. Herausgegeben von Walter Ameling und Johannes Heinrichs


Autor(en)
Eck, Werner
Reihe
Beiträge zur Altertumskunde 288
Erschienen
Berlin 2010: de Gruyter
Anzahl Seiten
XII, 442 S.
Preis
€ 109,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Muriel Moser, Historisches Seminar, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Tue Gutes und rede darüber – nicht wenige römische Senatoren sind diesem Ratschlag gefolgt und haben sich und ihre Verdienste in steinernen Ehrenmonumenten dauerhaft festhalten lassen. Von ihnen ist zumeist nur die Inschrift erhalten. Dass diese jedoch in vielen Fällen ausreicht, um dem einstigen Monument eine Fülle von Geheimnissen zu entlocken, welche Aufschlüsse auf die dahinter stehenden Personen geben, hat vielleicht keiner so deutlich aufgezeigt wie Werner Eck. Anlässlich seines 70. Geburtstags sind nun seine wichtigsten Aufsätze zur senatorischen Repräsentation in der Kaiserzeit in einem Sammelband publiziert worden, um so Ecks Verdienste in diesem Bereich der lateinischen Epigraphik zu würdigen.

Charakteristisch für Ecks Arbeiten ist sein eindringlicher Appell, die Inschrift nicht isoliert, sondern immer auch im Zusammenhang mit dem dazugehörigen Monument zu betrachten – somit ist der Titel des Sammelbandes „Monument und Inschrift“ trefflich gewählt. Es ist schließlich auch Ecks Interesse an der Form und der Wirkung des gesamten Ehrenmonuments, das es ihm wiederholt erlaubt, den zunächst unscheinbaren Zeilen faszinierende Details zu entlocken. Hier kann man etwa auf Ecks Arbeit über die bei Scythopolis nahe Tel Shalem in der römischen Provinz Syria Palaestina gefundene lateinische Marmorinschrift eines Triumphbogens zu Kaiser Hadrians Ehren (S. 287–297) oder auch auf die Rekonstruktion der griechisch-lateinischen Inschrift (CIL VI 1508) verweisen, bei welcher es sich um ein Ehrenmonument für einen unbekannten Prokonsul der Provinz Pontus-Bithynia handelte. Dieses war ihm von acht unterschiedlichen Städten der Provinz gestiftet worden, welche hier jedoch nicht als Gruppe auftreten, sondern vielmehr ihre Individualität unterstreichen (S. 55–75). Das vielleicht skurrilste Monument lässt Eck aus mehreren lateinischen, in Turin gefundenen cursus-honorum-Inschriften für den Senator Q. Glitius Atilius Agricola auferstehen. Die acht beschriebenen Steinträger, die in der Form den Traphezophora, einem speziellen Typ von Tischfüßen aus Marmor, nachahmten, trugen hier, so kann Eck herausstellen, ein Reiterdenkmal (S. 348–350).

Ein schönes Beispiel für Ecks unermüdlichen Einsatz für die Einbeziehung der unmittelbaren Umgebung der Inschriften bzw. des Inschriftenmonuments ist die lateinische Ehreninschrift für A. Quinctilius Priscus aus Ferentium. Diese hebt vor allem Priscus’ munificentia für die Stadt hervor, welche unter anderem fundi beinhaltete (S. 297–298). Die Inschrift war jedoch nicht, wie man vermuten würde, in der Stadt aufgestellt worden, sondern wurde in eine steile Felswand außerhalb der Stadtmauern gemeißelt. Eine mögliche Erklärung fand Eck durch persönliche Inspektion im Jahr 1995: In einer rechteckigen Nische, die oberhalb der Inschrift in den Fels eingearbeitet war, stand das bronzene Abbild des Priscus. Es ist anzunehmen, dass es von dort über die Ebene hinausblickte, die seine fundi beherbergte.

Eck widmete sich früh auch der Frage, in welchen Kontext die Tradition der cursus-honorum-Inschrift entstand. Grund für ihr Aufkommen, so stellte er heraus, waren politische Gewichtsverschiebungen, die mit der Etablierung des Prinzipats einhergingen. Nunmehr waren öffentliche Ehrungen dem Kaiserhaus vorbehalten. In dieser Welt konnten Einzelpersonen sich und ihre Verdienste weiterhin darstellen lassen, jedoch standen hier nun vor allem die Verdienste für den Staat im Vordergrund, was das Aufkommen des cursus-honorum-Modells begünstigte. So wurde in Ehrungen von Einzelpersonen unwillkürlich der Macht des Kaisers gehuldigt, zu dessen Wohl und durch dessen Ernennung der jeweils Geehrte seine Taten vollbracht hatte. Andererseits wurden private Ehrenmonumente nun nicht mehr nur posthum in der Gestalt von Grabtituli, sondern auch schon zu Lebzeiten der geehrten Senatoren errichtet.

Zu beobachten ist auch der Rückzug ins Private: Aufgrund der Unerwünschtheit privater öffentlicher Ehren war die senatorische Repräsentation vornehmlich in senatorischen Anwesen in Rom (vgl. hier auch Ecks Studie über die senatorischen domus im kaiserzeitlichen Rom, S. 207–239) und auf dem Land anzutreffen. Dies galt auch für solche Inschriftenmonumente, die von Provinzen oder Klienten gestiftet worden waren. Mehr Spielraum für die Selbstdarstellung im öffentlichen Raum bot sich in den Provinzen, wo die direkte Konkurrenz mit dem Kaiserhaus nicht so prekär war. Dies bezeugt zum Beispiel die beeindruckende kolossale Panzerstatue des Marcus Lollius, die in Sagalassos auf der Agora, also dem locus publicus der Stadt, aufgestellt wurde (S. 371–382). Daneben spricht die Errichtung vieler senatorischer Grabmonumente in den Provinzen für die starke emotionale Bindung an die Heimatstadt (S. 175–206). Allerdings war auch in Rom die senatorische Repräsentation nicht nur auf den privaten Bereich beschränkt: So manche Dedikation an Götter, rehabilitierte Einzelpersonen und Kaiser widmet sich hauptsächlich der Verewigung der Stifters (wie etwa in Falle des Titinius Capito, S.127–141).

Auch vor diesem Hintergrund scheint der Erfolg der cursus-honorum-Inschrift zunächst verwunderlich, erzwingt sie doch die wenig informativ anmutende Reduktion auf die Nennung der öffentlichen Ämter. Doch wie unter anderem Ecks Studie über die große Plinius-Inschrift aus Comum (S. 299–310) zeigt, trügt dieses Bild: In der Inschrift erfahren wir zwar nichts von dem kultivierten Literaten, wir begegnen Plinius aber als einem sehr wohlhabenden senatorischen Amtsträger, der in seiner patria als großzügiger Wohltäter auftrat. Seine Stiftungen sind jeweils mit den gespendeten Summen, seinen impensae, in einer eindrucksvollen Inschrift aufgelistet, welche wohl an einem der von ihm errichteten Gebäude, einer Bibliothek und einem Thermenkomplex, angebracht war. In ihr ist nichts von einer senatorischen modestia zu spüren: Plinius tat Gutes und stellt sicher, dass es nicht so schnell vergessen wurde.

So scheint die cursus-honorum-Inschrift nur auf den ersten Blick steif, bot in Wirklichkeit jedoch viel Raum für Flexibilität. Eine individualisierte Darstellung der geehrten Person war auch durch das Herausheben bestimmter Karrierestufen oder das Weglassen für unwichtig befundener Ämter erzielt werden. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass der Geehrte selbst für die verwendeten Formulierungen verantwortlich war – schon allein deshalb, weil er im Gegensatz etwa zu einer Stadtgemeinde in einer Provinz seine Karriere am besten kannte und wusste, wie er sich verewigt wissen wollte (S. 143–174). Denn dies, die memoria, war letztlich der Grund der Ehrungen in Stein. Die Intention war somit eine andere als jene, die aus Inschriften auf Holz und Bronze oder auch aus Graffiti spricht. Diese machen zwar die große Mehrzahl der epigraphischen Realität der Römer aus, waren jedoch zumeist der Gegenwart gewidmet – man denke an aktuelle Verlautbarungen oder Wahlsprüche, wie sie in Pompeii erhalten sind (S. 275–298).

Im Sammelband enthalten sind auch Ecks Studien über die Beziehung zwischen den Imperatorenakklamationen und den ornamenta triumphalia (S. 241–249), den amici, comites und consiliarii am römischen Kaiserhof (S. 355–369) und dem Mangel an Inschriftendenkmälern in den nordwestlichen Provinzen des Reiches, welcher auf unterschiedliche Memoriakulturen oder auch auf das Fehlen geeigneter urbaner Sphären in diesen oft stark militärisch geprägten Provinzen zurückzuführen sein könnte (S. 77–94).

Zwei Dinge machen diesen Sammelband besonders attraktiv: Zum einen sind die achtzehn Beiträge bis auf den neuesten ins Deutsche übersetzt worden und darüber hinaus für diese Publikation ergänzt und aktualisiert worden. So wurde unter anderem seiner Besprechung der senatorischen domus in Rom ein Hinweis auf eine Internetdatenbank zum severischen Marmorstadtplan Roms beigefügt (S. 208, Anm. 3); auch wird nun im Aufsatz über die senatorische Repräsentation in den nordwestlichen Provinzen auf die ersten beiden Bände von Yves Burnauds Studie der Primores Galliae verwiesen (S. 79, Amn. 13).1 Zum anderen ist der vorliegende Sammelband mit drei hilfreichen Indices der erwähnten Personen und Ortsnamen und der Primärquellen versehen, die das Material hervorragend erschließen.

Werner Ecks epigraphische Studien zur senatorischen Selbstdarstellung in der Kaiserzeit waren, so machen es die gesammelten Aufsätze nochmal deutlich, in vielerlei Hinsicht wegweisend – und sind es bis heute. Man ist geneigt, sich den vorliegenden Band wie eine große Ehreninschrift vorstellen, in der Ecks zahlreiche merita für die griechische und lateinische Epigraphik anführt werden – mit viel Platz für zahlreiche weitere Arbeiten, die, so ist zu hoffen, in den nächsten Jahren seinem unvergleichlich detailreichen Schaffen entspringen werden.

Anmerkung:
1 Yves Burnand, Primores Galliae. Sénateurs et chevaliers romains originaires de Gaule de la fin de la République au IIIe siècle, Bd. 1: Methodologie, Bruxelles 2005; Bd. 2: Prosopographie, Bruxelles 2006; zudem erschienen nun Bd. 3, 1: Étude sociale. Les racines, Bruxelles 2007; Bd. 3, 2: Étude sociale. Les horizons de vie, Bruxelles 2008; Bd. 4: Indices, Bruxelles 2010.

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