M. Johnson: The Roman Imperial Mausoleum in Late Antiquity

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Titel
The Roman Imperial Mausoleum in Late Antiquity.


Autor(en)
Johnson, Mark J.
Erschienen
Cambridge u.a. 2009: Cambridge University Press
Anzahl Seiten
Preis
$ 95.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Kathrin Schade, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, Zossen

Dieses Werk hat eine lange Entstehungsgeschichte, denn es handelt sich, wie der Autor gleich zu Beginn des Vorwortes eingesteht, um die Publikation seiner 1986 verfassten Dissertation.1 Aufgrund neuerer Untersuchungen, unter anderem an den archäologischen Stätten Serbiens, hatte die Arbeit eine grundlegende Revision erfahren müssen, und dies erweist sich – so viel sei vorweggenommen – als ausgesprochen gewinnbringend. Der Fokus dieses Buches liegt auf den kaiserlichen Mausoleen der Spätantike, genauer gesagt auf jenen Gordians III. bis Honorius, also auf der Zeit von 244 bis 423 n.Chr. Hauptanliegen des Autors ist eine diachrone Betrachtung des Denkmaltypus durch den gesamten Zeitraum des römischen Imperiums hindurch, weswegen auch Bauaktivitäten der frühen und mittleren Kaiserzeit gebührend berücksichtigt werden. Innerhalb dieser formal wie funktional recht homogenen Gruppe römischer Grabarchitektur analysiert Johnson ebenso Differenzierungsphänomene und stellt die Frage nach dem sinnhaften Wandel durch die Epochen zum Christentum hin.

In der Einleitung formuliert Johnson seine These: „The monuments were meant to project an image of majesty and importance for all others to see, for these were, in fact, sepulcra divorum, tombs of the divi, or demigods, an honor reserved for emperors“ (S. 1). Um die These zu verifizieren, gliedert er seine Analyse in vier dem interpretativen Schlusskapitel (S. 180–194) vorausgehende Abhandlungen: Kapitel 1 resümiert die allgemeinen Praktiken um den Tod des Kaisers, das Totenzeremoniell und die Bestattungsrituale (S. 8–16). Die anschließenden drei Kapitel sind empirische Studien der baulichen Befunde in chronologischer Reihenfolge, beginnend mit dem Augustus-Mausoleum bis zu Grabbauten des 3. Jahrhunderts (S. 17–57). Es folgen die tetrarchischen Mausoleen (S. 58–109) und die Grabanlagen der christlichen Kaiser (S. 110–179). Man mag es kaum glauben, doch es ist die erste zusammenfassende Darstellung dieser forschungsgeschichtlich so prominenten Monumentgattung.

In den drei bauanalytischen Kapiteln fasst Johnson die archäologische Forschungsliteratur unter Einbeziehung antiker Schriftquellen und antiquarischer Zeichnungen der Frühen Neuzeit zusammen. In manchen Fällen, etwa beim Mausoleum des Gallienus bei Rom, ergänzt er den Forschungsstand durch Einsichten aus Autopsie. Es ist hier nicht der Platz, auf alle Auswertungsergebnisse einzugehen, stellvertretend sei Folgendes herausgegriffen: Der Tumulustypus der großen Grabanlagen des Augustus und des Hadrian, in denen ganze Generationen von Kaiserfamilien bestattet sind, reicht bekanntlich auf eine lange Tradition zurück, so beispielsweise auf die Etrusker oder auf hellenistische Königsgräber. Johnson verzichtet hier auf eine ausführliche Darstellung der unterschiedlichen Vorläufer. Beim Augustus-Mausoleum sieht er die engsten Parallelen im Heroon des Aeneas in Lavinium, insbesondere – seiner Argumentation folgend – aufgrund von Funktion und Bedeutung des Baus als Erinnerungsort einer heroisierten respektive vergöttlichten Person. In seiner Größenausdehnung ins Kolossale gesteigert, findet der Tumulustypus im Mausoleum des Hadrian seinen Höhe- und Endpunkt.

Spannend wird es im 3. Jahrhundert. Erstmals im Mausoleum des Gallienus archäologisch greifbar wird dann spätestens in tetrarchischer Zeit ein neuer Bautypus etabliert, der die alte Tumulusform ablöst: der überkuppelte, zweigeschossige Zentralbau mit kreisförmigem oder polygonalem Grundriss, im Inneren mit Rechtecknischen und Apsiden, dort mit viel Raum und Licht.2 Im Unterschied zu den früheren kaiserlichen Grabbauten befinden sich die tetrarchischen Mausoleen nun nicht mehr unbedingt in Rom, sondern oftmals in der Nähe der neuen Residenzen – etwa bei Diokletian in Split oder bei Galerius und seiner Mutter Romula in Gamzigrad. Außerdem wurden darin nur noch ein bis zwei Personen bestattet, nicht aber ganze Dynastien. Warum dieser Wandel? Die vermeintliche Krise des 3. Jahrhunderts dürfte kaum dafür verantwortlich gewesen sein, denn weder war die Bauweise krisenbedingt minderwertig – man beachte die innovative Kuppeltechnik –, noch dürften die jeweiligen Kaiser, wenn sie ihre Grablege geplant hatten, davon ausgegangen sein, dass sie (wie realiter der Fall) nach nur kurzer Regierungszeit alsbald abdanken mussten. Vielmehr – und darauf deutet letztlich auch Johnsons Kernthese – ist mit einem mentalen Wandel in den Bestattungspraktiken und im Selbstverständnis der Kaiser jenseits der Prinzipatszeit zu rechnen. Die formalen Ähnlichkeiten der Bauten mit dem Pantheon waren sicher kein Zufall.

Die christlichen Kaiser setzten weitere Akzente. Sie suchten die Nähe zu den Heiligen, auch im sepulkralen Bereich. Dies konnte durch Annexion der Mausoleen an Kirchengebäude zum Ausdruck kommen, etwa bei den römischen Grabrotunden der Helena, der Constantina oder des Honorius. Bei letzterem stützt sich der baulichen Befund freilich allein auf Dokumente des frühen 16. Jahrhunderts, aus der Zeit des Neubaus von St. Peter. Noch prekärer ist die archäologische Zeugnislage beim Mausoleum des Konstantin, dem Apostoleion in Konstantinopel, das 1462 von den Türken komplett zerstört und überbaut worden ist. Folgt man Johnsons Hypothesen, fielen hier die Funktionen als Kirche der Apostel Christi und als Grablege des Kaisers absichtsvoll zusammen. Eine Reihe von Fragen muss offen bleiben. Dies betrifft auch archäologisch vorbildlich dokumentierte Bauten wie das Mausoleum von Centcelles. Obgleich Johnson gute Gründe für eine Zuweisung des Gebäudes an Constans vorbringt, birgt sein Argument, „The only parallels to this type of building with decoration of lavish mosaics at this time are found in other imperial mausolea“ (S. 137), die Gefahr des Zirkelschlusses. Dass gerade in der Spätantike auch die nichtkaiserliche Nobilität ihren enormen Reichtum in den repräsentativen Ausbau ihrer Villen investierte, ist heute bestens bekannt; und dass in Spanien entsprechende Parallelen fehlen, könnte schlicht dem Stand der Überlieferung geschuldet sein.

Im abschließenden Kapitel interpretiert Johnson das späte kaiserliche Mausoleum als monumentalen Schrein des divinisierten Kaisers. Das Gebäude diente somit nicht nur als Ort der Bestattung und des Gedenkens an den verstorbenen Kaiser, verbunden mit der zugehörigen Kultpraxis, sondern es sei gewissermaßen eine Stein gewordene Manifestation seiner postmortalen Göttlichkeit. Der Begriff des divus ist in der Tat noch für spätantike Kaiser belegt. Wie aber eine Konsekration in der Spätantike aussah, bleibt unklar. Gut nachvollziehbar sind Johnsons kosmische Assoziationen, die Idee der lux aeterna, dem ewigen Licht, und der Verstirnung des Kaisers nach seinem Tod. Ob deshalb aber die konstantinischen Umgangsbasiliken, an die sich die Grabrotunden der oben genannten Kaiserinnen anschließen, als mit kosmischer Symbolik aufgeladene Zirkusbauten zu verstehen seien (S. 183), bleibt Spekulation. Überdies ist zu bedenken, dass die „Vergöttlichung“ des christlichen Kaisers – anders als in früheren Zeiten – mittlerweile nicht mehr ganz unproblematisch war, denn das theologische System des christlichen Monotheismus ließ eine Gleichsetzung mit Gott nicht zu. Innerhalb der christlichen Hierarchie war er Kaiser von Gottes Gnaden; er war nicht Gott, sondern Stellvertreter Christi auf Erden. Für den Kaiser muss dies ein Konflikt zwischen traditionellem Anspruch und religiösem Bekenntnis gewesen sein. Das Ausweichen in die kosmische Überhöhung bot hierbei einen legitimen, auch noch später gern begangenen Weg.

Das Buch schließt mit zwei Appendices, in denen die Kaisermausoleen und ihre Bestattungen in chronologischer Reihenfolge aufgelistet sind (A), und eine alphabetische Quellensammlung zu den kaiserlichen Bestattungsorten von 217–518 n.Chr. enthalten ist (B). Auf den deutschen Leser unkonventionell wirkt das Entree des insgesamt sehr reich bebilderten Buches, denn bevor überhaupt die Einleitung beginnt, wird man durch Farbtafeln mit Darstellung der Bauwerke visuell auf das Thema eingestimmt. Die etwas umständlichen Bildunterschriften, die wieder und wieder den Namen des Autors, selbst bei Reproduktionen, zitieren, sind wohl den rigiden US-amerikanischen Copy-Right-Vorgaben geschuldet.

Anmerkungen:
1 Mark J. Johnson, Late Antique Imperial Mausoleum, Princeton 1986.
2 Rasch, auf den Johnson sich vielfach beruft, unterscheidet in „Podiumsbauten“ und „Obergadenbauten“: Jürgen J. Rasch, Das Maxentius-Mausoleum an der Via Appia in Rom, Mainz 1984, S. 78–80; ders., Das Mausoleum bei Tor’ de Schiavi in Rom, Mainz 1993, S. 84–93.

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