Cover
Titel
The Conquests of Alexander the Great.


Autor(en)
Heckel, Waldemar
Reihe
Key Conflicts of Classical Antiquity
Erschienen
Anzahl Seiten
XXII, 218 S.
Preis
£14.99
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Peter Nadig, DFG-Projekt Antike Kriegskosten. Universität Erfurt

Waldemar Heckel, einem ausgewiesenen Kenner zur Geschichte Alexanders des Großen, ist eine sehr prägnante wie auch kompakte Einführung in neun Kapiteln zu den Eroberungen des Makedonenkönigs gelungen. Der Verfasser beabsichtigt hier keine vollständige Biografie oder Erörterung der komplexen Persönlichkeit Alexanders oder bestimmter Ereignisse (wie z.B. seines Todes). Vielmehr stehen Alexanders Taten, militärische Leistungen und Eroberungen im Mittelpunkt. Auch in Hinblick auf die Propaganda Alexanders und die späterer Biografen nimmt Heckel eine entschieden distanzierte Haltung ein. Vielmehr versucht er die Funktion der Propaganda zu verstehen, ohne ihr jedoch zu erliegen. Der Autor verzichtet bewusst auf umständliche Forschungsüberblicke in den Anmerkungen (S. xi), besonders da, wo seine eigenen Interpretationen offensichtlich sind.

Dem Vorwort, einer chronologischen Tabelle sowie den Listen der Achaimeniden, Argeaden und wichtigsten antiken Autoren, ist eine kurze Einleitung angeschlossen. Ihr folgt das zweite Kapitel (S. 5-12) mit einer Zusammenfassung der Quellen zu Alexander. Knapp werden die wichtigsten der verlorenen Alexanderhistoriker sowie die vorhandene literarische Überlieferung vorgestellt. Ein eigener Abschnitt gilt der „Quellenkritik“. Kapitel 3 skizziert den makedonischen Hintergrund Alexanders. Hier wendet sich Heckel dem Aufstieg Makedoniens unter Philipp II. zu sowie den Verwicklungen, die zu seinem Tod führten. Alexanders militärische Anfänge kommen dabei nicht zu kurz, bevor auf die makedonische Armee ausführlich eingegangen wird. „The Persian Enemy“ ist der Titel des Folgekapitels (S. 31-40). Ausgangspunkt bildet hier die Expedition des Kyros Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr., der der Augenzeuge Xenophon mit seiner „Anabasis“ ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Dieses Werk hatte dem antiken Leser unter anderem die Vorstellung eines viel zu großen und daher nicht leicht zu regierenden Perserreiches vermittelt. Heckel weist darauf hin, dass dieses Bild nicht ganz richtig ist und dass von einem sich im Niedergang befindlichen Achaimenidenreich zur Zeit Alexanders heute nicht mehr die Rede sein kann. Ferner wird auf den Umgang der Griechen mit ihrem gemeinsamen Feind und die Idee des Panhellenismus eingegangen. Viele griechische Staaten kooperierten in der Zeit nach den Perserkriegen mit dem Feind von einst, wobei die Anrüchigkeit des Medismos an Sparta („Teflon empire“) nicht so haften blieb wie an anderen Gemeinwesen. Ein Überblick über die Jahre 338-334 v. Chr. beschließt das Kapitel.

Das fünfte Kapitel (S. 41-86) – zugleich das längste im Buch – erörtert die Eroberung des Achaimenidenreiches durch Alexander bis Persepolis. Die Verläufe der großen Schlachten (Granikos, Issos, Gaugamela [sowie Hydaspes in Kapitel 7]) werden jeweils mit zwei bzw. drei Karten illustriert. Heckel betont, dass Alexanders Vorgehen gegen die phönizischen Häfen nach der Schlacht von Issos kein strategischer Fehler war. Vielmehr sollten dadurch der persischen Flotte die Basen entzogen werden. Hier wird besonders Tyros als Beispiel genannt, das in dieser Zeit z.B. die Hilfe Karthagos anrufen konnte. Das Tyros auch in späterer Zeit strategisch wichtig war, zeigt der Autor mit dem Hinweis auf Konrad von Montferrat, der 1187 nach den Erfolgen Saladins Tyros als einzige Festung in der Region halten konnte. Der Aufenthalt in Ägypten wird kurz umrissen, während die Ereignisse ab Gaugamela detaillierter beschrieben werden. Die Eroberungsphase endete mit der Niederlage und dem Tod von Darius’ III.

Kapitel 6 (S. 87-111) „Resistance on Two Fronts“ untersucht den Zeitraum zwischen 330 bis 328 v. Chr. als Alexander um seine Legitimation und Autorität kämpfte. Hier geht es unter anderem um die Usurpation des Bessus, der sich zum Nachfolger Darius’ III. erhob, die Auseinandersetzungen Alexanders mit seinen eigenen Leuten (Philotas-Affäre, Ermordung Parmenions, Kleitus, Pagenverschwörung) und auch den einheimischen Widerstand in Baktrien und Sogdiane. Zwei Abschnitte „Policy as Extension of War by other Means“ (S. 104 f.) und „Orientalism and Confronation“ (S. 106-109) erläutern Alexanders Annäherung an die Bevölkerung seiner von ihm eroberten Gebiete, was zu seiner Ehe mit Roxane aber auch der aus griechisch-makedonischer Sicht umstrittenen Einführung der Proskynese führte. Gegenstand des siebten Kapitels ist die Eroberung des Punjabs. Die Begnadigung und Wiedereinsetzung des Königs Poros wertet Heckel als ein Indiz dafür, dass Alexander nicht weiter nach Osten vorzudringen beabsichtigte. Aus diesem Grund deutet er entgegen der verbreiteten Vorstellungen die Meuterei am Hyphasis als von Alexander gesteuert, „to place the blame for turning back on the shoulders of his men“ (S. 124). Das Reich des Poros sollte somit einen Pufferstaat an der Grenze des Alexanderreiches bilden.

Das Kapitel 8 (S. 126-141) gilt der Hindusfahrt, dem Feldzug gegen die Mallier, dem Zug durch Gedrosien und der Massenhochzeit in Susa. Die „bakchischen“ Vergnügungen beim Zug durch Karmanien, die viele Forscher bezweifeln, interpretiert Heckel als eine wohl verdiente sowie überfällige „Freizeitphase (S. 134). In dieser Zeit erfolgten auch einige radikale Strafmaßnahmen und Säuberungen Alexanders gegen einige seiner Satrapen und Beamten, die viele Forscher als einen Beleg seiner Brutalität, ja Terrorherrschaft auslegen. Der Autor wertet dagegen dieses Vorgehen zu Recht als gegen übelsten Amtsmissbrauch gerichtet: „The charges, which included rape, murder, sacrilege, and intimidation, amounted to war crimes, and Alexander’s actions ought to be applauded; to many countries have turned a blind eye to similar activities…“ (S. 135). Das Abschlusskapitel thematisiert das Verbanntendekret sowie den Tod des Eroberers und beendet den eigentlichen Textteil des Buches. Da Heckel sich auf eine Auswertung der eigentlichen Taten Alexanders beschränkt, ist ein Kapitel zu seiner Nachfolge und späteren Rezeption nicht vorgesehen.

Drei Appendices folgen dem Textteil. Der erste ist eine nach Rängen geordnete prosopografische Liste der Offiziere Alexanders. Mit der Truppenstärke des makedonischen Heeres und der seiner Gegner in den verschiedenen Etappen des Alexanderzuges befasst sich der zweite Anhang. Dem folgt eine Tabelle zur Verwaltung des Reiches in der die Satrapen – soweit bekannt - der einzelnen Satrapien aufgeführt werden: beginnend mit dem achaimenidischen Amtsinhaber (vier davon behielt Alexander in ihrem Amt), der ersten Besetzung unter Alexander und dem nachfolgenden Amtsträger. Ein Glossar – zu vornehmlich griechischen Begriffen -, ein Abkürzungsverzeichnis, eine Aufstellung der Endnoten (S. 173-190), eine Auswahlbibliografie und ein allgemeiner Index runden das Buch ab.

Die Bibliografie (S. 191-204) richtet sich vornehmlich an eine englischsprachige Leserschaft. Von fremdsprachigen Monografien werden zahlreiche englische Übersetzungen aufgeführt. In Originalsprachen werden ca. 18 deutschsprachige Studien sowie eine auf Spanisch aufgelistet. Das Buch kommt ohne Fotos aus, beinhaltet jedoch zahlreiche Karten, die die Topografie des Alexanderzuges hilfreich verdeutlichen. Leider sind bei einigen Karten gerade die Orte oder Flüsse nicht genauer hervorgehoben, die im angrenzenden Text besprochen werden. Das ist besonders bei der Karte zur Schlacht von Issos verwirrend (S. 59). Auch da, wo vielleicht eine genaue Identifikation des Ortes bislang nicht möglich ist, hätte dennoch auch eine Markierung mit Vorbehalt versucht werden können. Die Karte Nr. 9 (S. 166) zur Rückreise Alexanders am Indus und durch Gedrosien und Parthyene ist wohl beim Druck versehentlich ans Ende der Appendices gestellt worden. Sie gehört in Kapitel 8.

Trotz eines minimalen bibliografischen Defizits ist diese Monografie auch deutschsprachigen Studenten sowie allen, die sich näher mit Alexander dem Großen beschäftigen, sehr zu empfehlen. Der günstige Preis ist ein zusätzlicher Bonus. Heckels sehr verständliche Ausführungen sind zugleich eine spannende Lektüre und seine analytische Schärfe im Umgang mit den Quellen und der Sekundärliteratur macht diese Einführung der Reihe „Key Conflicts in Classical Antiquity“ zu einem wichtigen Beitrag zu Alexander dem Großen.

Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Redaktionell betreut durch
Klassifikation
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Sprache der Rezension