J. Lindenlaub: Die Finanzierung des Aufstiegs von Krupp

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Titel
Die Finanzierung des Aufstiegs von Krupp. Die Personengesellschaft Krupp im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften Bochumer Verein, Hoerder Verein und Phoenix 1850 bis 1880


Autor(en)
Lindenlaub, Jürgen
Erschienen
Anzahl Seiten
690 S.
Preis
€ 89,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Thorsten Lübbers, Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn

Jürgen Lindenlaub untersucht in der vorliegenden Arbeit die Finanzierung des Aufstiegs von Krupp in den Jahren 1850 bis 1880 anhand von Bilanzen und verwandten Quellen.1 Darüber hinaus vergleicht er die Entwicklung der Personengesellschaft Krupp mit der dreier Kapitalgesellschaften: dem Bochumer Verein, dem Hoerder Verein sowie dem Phoenix. Hierbei bedient er sich vor allem moderner betriebswirtschaftlicher Methoden (wie der Kapitalflussrechnung zur Darstellung von Mittelherkunft und Mittelverwendung). In erster Linie geht Lindenlaub der Frage nach, wie es Krupp möglich war, von einem mittelständischen Unternehmen zu einem Konzern von Weltrang aufzusteigen und dabei seine Konkurrenten in Bezug auf Wachstum und Profitabilität deutlich hinter sich zu lassen. Und dies obwohl dem Unternehmen aufgrund seiner Organisationsform sowie dem strikten Beharren Alfred Krupps auf seine unternehmerische Unabhängigkeit der Zugang zum Kapitalmarkt und damit zu einer vermeintlich überragend wichtigen Finanzierungsquelle weitestgehend versperrt blieb. Hierin sieht er zu Recht auch einen Beitrag zur allgemeinen Diskussion über die Erfolgsfaktoren unternehmerischen Handelns.

Herauszustellen sei hier noch vorab, dass Lindenlaubs Arbeit vom persönlichen Hintergrund des Autors profitiert und dadurch eine über den Blick des Historikers hinausreichende Sicht auf das Thema liefert. Der promovierte Volkswirt war bis zu seiner Pensionierung mehrere Jahre als Controller in der Holding eines großen Energieversorgungsunternehmens tätig und besitzt daher praktische Erfahrung mit den in seiner Untersuchung verwendeten Methoden.

Die Arbeit ist in fünf deutlich und logisch voneinander abgegrenzte Teile untergliedert. Im ersten Abschnitt benennt Lindenlaub seine wesentlichen Forschungsfragen, diskutiert die Wahl seines Untersuchungszeitraums sowie dessen Periodisierung und präsentiert die Quellenlage in den von ihm aufgesuchten Archiven. Außerdem stellt er kurz die betrachteten Unternehmen sowie deren Entwicklung dar und liefert einen Überblick über die Forschungsliteratur. Schließlich führt Lindenlaub verständlich und wohlinformiert in das von ihm verwendete betriebswirtschaftliche Instrumentarium ein.

Im zweiten und dritten Teil der Arbeit erfolgt die eigentliche empirische Untersuchung von Kapitalbedarf und Finanzierung anhand von Bilanzen und verwandten Quellen, zunächst für Krupp und daran anschließend für die als Vergleichgruppe herangezogenen Kapitalgesellschaften. Lindenlaub bestätigt viele bereits aus anderen Forschungsarbeiten bekannte Ergebnisse, wie zum Beispiel, dass Investitionen in langfristiges Anlagevermögen bei Krupp temporär immer wieder auch durch kurzfristige Verschuldung finanziert wurden. Er liefert aber zusätzlich auch neue Details zu einzelnen Themenkreisen, beispielsweise zu den Umständen und der Ausgestaltung der Krupp-Anleihe aus dem Jahr 1874 (S. 133-151). Insgesamt beeindrucken die schiere Fülle der verwendeten Quellen, die ihren Ausdruck vor allem in einem detaillierten Fußnotenapparat findet, sowie deren souveräne Handhabung.

Im vierten Teil der Arbeit rekapituliert Lindenlaub Ergebnisse der vorhergegangenen Untersuchung im Lichte spezifischer Fragestellungen. So geht er unter anderem der Frage nach Unterschieden in der Bewertung von Vermögen nach, diskutiert die Rangfolge und Harmonisierung von Unternehmenszielen wie Wachstum und Profitabilität und analysiert verschiedene Formen der Finanzierung (Eigenkapital und Fremdkapital) sowie deren Vorrausetzungen und Konsequenzen. Auch in diesem Teil seiner Untersuchung liefert Lindenlaub interessante neue Erkenntnisse, wie die Tatsache, dass in der Verwaltung Krupps schon viele Aufgabebereiche moderner Controllingabteilungen abgedeckt wurden (S. 316-318).

Der fünfte Teil der Untersuchung fasst die vorhergehenden Ergebnisse zusammen und liefert eine abschließende Diskussion des Themenkreises Personengesellschaft versus Kapitalgesellschaft. Hierbei betont Lindenlaub erneut die „Fähigkeiten, Einstellungen und Handlungsspielräume“ (S. 437) der Person Alfred Krupp.

Besonders positiv hervorzuheben ist der statistische Anhang der vorliegenden Arbeit. Auf mehr als 200 Seiten finden sich 64 in der Mehrzahl mit detaillierten Anmerkungen versehene Tabellen mit Kennzahlen zu den im Text herausgearbeiteten Themenkreisen, die eine Verwendung der Ergebnisse von Lindenlaubs Untersuchung auch durch weitere Forscher ermöglichen.

Insgesamt ist festzustellen, dass Lindenlaub mit „Die Finanzierung des Aufstiegs von Krupp“ eine Arbeit vorgelegt hat, die in vielerlei Hinsicht als beispielhaft für historische Untersuchungen auf der Grundlage von Unternehmensbilanzen anzusehen ist. Neben ihrem Faktenreichtum und der sicheren Beherrschung des anspruchsvollen betriebswirtschaftlichen Instrumentariums besticht sie vor allem auch durch die durchgehend kenntnisreiche Einbettung ihrer Ergebnisse in die wirtschafts- und unternehmenshistorische Literatur sowie deren Interpretation im Lichte ökonomischer Theorien und Erklärungsansätze.

Anmerkung:
1 Die Untersuchung schließt an eine 1988 von ihm und seiner Frau verfassten Arbeit zur Finanzierung Krupps in den Jahren 1811 bis 1848 an, vgl. Lindenlaub, Jürgen; Köhne-Lindenlaub, Renate, Unternehmensfinanzierung bei Krupp 1811-1848. Ein Beitrag zur Kapital- und Vermögensentwicklung, in: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen 102 (1988), S. 83-164.

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