E. Bünz: Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506

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Titel
Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506.


Autor(en)
Bünz, Enno
Reihe
Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Grosse Reihe 8
Erschienen
Köln 2005: Böhlau Verlag
Anzahl Seiten
629 S.
Preis
€ 64,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Sabine Arend, Forschungsstelle Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Mit dem Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506 ediert der Historiker Enno Bünz eine bedeutende Quelle zur bischöflichen Finanz- und Verwaltungspraxis im Spätmittelalter. Die Bedeutung dieses Registers liegt darin, „dass es das einzige für ein größeres geschlossenes Gebiet erhaltene Abgabenregister des spätmittelalterlichen Erzbistums Mainz darstellt“ (S. XV). Der Text wurde 1882 erstmals ediert, allerdings lag zu diesem Zeitpunkt nur eine der heute bekannten vier Handschriften vor. Zu einem vergleichenden Abdruck aller Schriftstücke ist es bislang nicht gekommen. Diese Lücke schließt die vorliegende Edition nun. Sie soll der thüringischen Landesgeschichte „eine zuverlässige Neuausgabe des Subsidienregisters an die Hand“ geben (S. XXVIII).

In der Einleitung (S. IX-XXXIX) bietet Bünz zunächst einen Überblick über Entstehung und Bedeutung des Subsidium caritativum, eine Abgabe, die den Charakter einer außerordentlichen Steuer des Diözesanklerus durch die Bischöfe hatte. Die Subsidienerhebung scheint sich in den größeren Diözesen im Laufe des 13. Jahrhunderts durchgesetzt zu haben. Das Subsidium caritativum wurde meist aus besonderem Anlass erhoben, etwa bei der Amtsübernahme eines neuen Bischofs, die besondere finanzielle Belastungen gegenüber der päpstlichen Kurie mit sich brachte. Ein solcher Anlass war auch die Wahl Jakobs von Liebenstein zum Erzbischof von Mainz am 30. Dezember 1504, in deren Folge der Diözesanklerus zur Zahlung eines Subsidium caritativum veranschlagt wurde, um ihm die Erlangung des Palliums und die feierliche Inthronisation zu ermöglichen.

Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen ist in vier Handschriften überliefert, deren Eigenarten Bünz differenziert herausarbeitet. Die Kombination der beiden Handschriften R (Staatsarchiv Rudolstadt) und W (Staatsarchiv Würzburg) bietet den vollständigen Text, da sie sich in ihren Lücken wechselseitig ergänzen. Die Handschriften J (Staatsarchiv Rudolstadt, Stiftskollektur Jechaburg) und M (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg) umfassen lediglich einen Teil Thüringens, nämlich den Archidiakonat Jechaburg. Sie können als Vorstufen oder möglicherweise als Vorlagen von R und W aufgefasst werden. Eine Konkordanz der vier Handschriften in tabellarischer Form gibt einen guten Überblick über die Reihenfolge der Einträge in der Edition und dient gleichermaßen als Inhaltsverzeichnis. Enno Bünz setzt das Subsidienregister von 1506 darüber hinaus in Beziehung zu zwei Vikarienregistern von 1515 und 1520/21, die ebenfalls lediglich den thüringischen Teil des Erzbistums Mainz betreffen und die letzten Subsidienerhebungen der Mainzer Erzbischöfe in Thüringen vor der Reformation dokumentieren. Eine tabellarische Gegenüberstellung des Inhalts dieser beiden Register mit dem von 1506 führt die inhaltlichen Zusammenhänge vor Augen. In einem ausführlichen Abschnitt erläutert Bünz die angewendeten Editionsgrundsätze und zeigt die Prinzipien der speziellen Editionstechnik sehr anschaulich anhand eines Beispiels. Der Rudolstädter Handschrift R ist eine Übersicht der Münz- und Währungsverhältnisse vorangestellt, die wertvolle Informationen zur Umrechnung enthält und die Bünz ausführlich auswertet.

Die Edition (S. 1-382) führt den Aufbau des Registers, das der thüringischen Kirchenorganisation folgt, vor Augen: Thüringen war in vier Archidiakonate untergliedert, die in Personalunion mit den Propsteien der Kollegiatstifte St. Marien und St. Severi in Erfurt, Jechaburg und Oberdorla verbunden waren. Die Archidiakonate waren ihrerseits in Sedessprengel (Erzpriestersitze) unterteilt, die jeweils mehrere Pfarreibezirke umfassten. In dieser Anordnung verzeichnet das Subsidienregister die Pfarreien, Kapellen, Vikarien, Kommenden jeweils mit der Höhe der geleisteten Abgabe, wobei der generelle Steuersatz bei 5 Prozent des Jahreseinkommens der Benefizien lag. Mit Ausnahme der Pfarreien sind für alle Benefizien auch die Besitzungen und Einkünfte sowie der frühere und amtierende Inhaber angegeben.

Die Edition trägt der komplizierten Überlieferung der vier Handschriften Rechnung und folgt einer besonderen Vorgehensweise: Die beiden Vollhandschriften W und R, die parallel entstanden und von denselben Händen geschrieben worden sind, haben offenbar nicht direkt aus J und/oder M geschöpft. Diese repräsentieren eher Vorstufen von W und R und weisen untereinander diverse Unterschiede auf. Da sich hierdurch kein Stemma der Handschriften erkennen lässt, liegt der Edition W als Leithandschrift zugrunde, wohingegen aus den übrigen drei Handschriften nur die substanziellen Varianten, wie etwa abweichend geschriebene Orts- oder Personennamen, angegeben sind.

Durch die Vergabe von Nummern für jeden einzelnen Eintrag nach der Reihenfolge in W und R ist jeder Abschnitt eindeutig gekennzeichnet. Zu jeder laufenden Nummer ist die Handschriftensigle hinzugesetzt, so dass für die Leser/innen auf einen Blick erkennbar ist, auf welcher der Handschriften der jeweilige Registereintrag beruht. Zur Übersichtlichkeit trägt außerdem bei, dass die in den Originalen vorkommenden Auszeichnungsschriften als Fettdruck wiedergegeben sind.

Die Edition wird durch einen Anhang (S. 383-400) ergänzt, in dem Bünz sechs Dokumente versammelt, die mit der Praxis der Erhebung des Subsidium caritativum sowie mit der Entstehung des Subisidienregisters zusammenhängen. Edition und Anhang werden durch umfangreiche Register der Personen und Orte sowie der Patrozinien detailliert erschlossen (S. 401-629). Abbildungen einzelner Seiten aus allen vier Handschriften des Registers vermitteln einen Eindruck vom in Spalten angeordneten Text der Originale. Eine Karte der kirchlichen Organisation Thüringens im Mittelalter mit den Archidiakonaten und Sedesbezirken rundet den umfangreichen Band ab.

Die Registerüberlieferungen der spätmittelalterlichen Bistümer, zu der auch die von Bünz hier vorgelegte Edition des Mainzer Subsidienregisters für Thüringen von 1506 zählt, nehmen unter den seriellen Quellen eine herausragende Stellung ein, die von der neueren Forschung verstärkt in den Blick genommen wird.1 Die Bedeutung derartiger Register liegt darin, dass sie flächendeckende, statistisch auswertbare Angaben enthalten, die deshalb umso aussagekräftiger sind, weil sie sich mit anderen Quellen verknüpfen lassen. Unter diesen Voraussetzungen dient das Thüringer Subsidienregister von 1506 der historischen Forschung erstens zur Rekonstruktion der thüringischen Kirchenorganisation im Mittelalter mit ihren mehr als 1.000 Pfarreien und 1.500 Vikarien. Dies ist auch die von Bünz geäußerte Hauptabsicht der Edition (S. VIII). Zweitens ermöglicht das Register durch die namentliche Nennung von fast 1.000 Geistlichen prosopografische Aufschlüsse über den spätmittelalterlichen thüringischen Klerus. Drittens bietet das Subisidenregister durch seine Angaben über die Ausstattung der Benefizien Aussagen zu den Pfründenwerten und den Einkommensverhältnissen der Geistlichen und viertens eröffnet es der thüringinschen Siedlungs- und Ortsgeschichte durch die Nennung von Ortsnamen Einblicke in Wüstungsvorgänge des ausgehenden Mittelalters.

Die editorische Bearbeitung des Mainzer Subsidienregisters für Thüringen von 1506 bildet eine wesentliche Grundlage für die Habilitationsschrift von Enno Bünz, die 2006 erscheinen soll.2 Es ist zu hoffen, dass Bünz einigen der genannten Forschungsfragen genauso ausführlich, sorgfältig und dabei so außerordentlich gut lesbar nachgeht wie in der hier vorgelegten Edition und ihrer Einleitung.

Anmerkungen:
1 Für das Bistum Ratzeburg: Petersen, Stefan, Benefizientaxierungen an der Peripherie. Pfarrorganisation, Pfründeneinkommen, Klerikerbildung im Bistum Ratzeburg, Göttingen 2001; für das Bistum Konstanz: Person-Weber, Gerlinde, Der Liber decimationis des Bistums Konstanz. Studien, Edition und Kommentar, Freiburg im Breisgau 2001; Arend, Sabine, Zwischen Bischof und Gemeinde. Pfarrbenefizien im Bistum Konstanz vor der Reformation, Leinfelden-Echterdingen 2003.
2 Bünz, Enno, Der niedere Klerus im spätmittelaterlichen Thüringen, erscheint 2006.

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