C. F. Black: Church, Religion and Society in Early Modern Italy

Titel
Church, Religion and Society in Early Modern Italy.


Autor(en)
Black, Christopher F.
Reihe
European Studies Series
Erschienen
New York 2004: Palgrave Macmillan
Anzahl Seiten
315 S.
Preis
€ 70,21
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Elena Taddei, Institut für Geschichte, Universität Innsbruck

Vor 30 Jahren plante Christopher Black – wie er im Vorwort unterstreicht – eine ausführliche Geschichte der vor- und nachtridentinischen Kirche und der religiösen Kultur in Italien. Das vorliegende Werk ist allerdings nur ein Teil des allzu ambitionierten, ursprünglichen Vorhabens. Ausgehend von der allgemeinen religiösen Krise des 16. Jahrhunderts und vom Hintergrund des Konzils von Trient unternimmt Black in 11 Kapiteln einen Streifzug durch die Themenfelder ‚Papsttum’, ‚religiöse Orden’, ‚Klöster und Laienbruderschaften’, ‚Inquisition’, ‚diözesane und pastorale Organisation’, ‚Erziehung, Kranken- und Armenpflege’ bis hin zu ‚Unterdrückung, Kontrolle und Zensur durch die Kirche’. Es ist natürlich nach Hubert Jedins Handbuch der Kirchengeschichte kein einfaches Vorhaben, ein Überblickswerk zur Geschichte der Kirche mit all ihren Facetten in einer Zeit des Umbruchs und der Erneuerung, wie es das 16. und 17. Jahrhundert war, zu schaffen. Dieser großen Herausforderung konnte die vorliegende Arbeit denn auch nicht gerecht werden.1

Für eine Überblicksdarstellung ist Blacks Werk zu unübersichtlich und zu wenig strukturiert, für eine Forschungsarbeit ist es aber zu allgemein, vielfältig und ohne eigentlichen Schwerpunkt. Die verschiedenen Themen, ob es nun einzelne Persönlichkeiten der Kirchengeschichte oder Institutionen sind, hängen meist ohne logischen Zusammenhang aneinander und sind in ihren Ausführungen zu knapp und unvollständig. Sprunghafte Themenwechsel innerhalb einzelner Abschnitte erinnern an die Eintragungen in einem Nachschlagewerk. Zur schwachen Struktur des Werkes kommt eine Inkongruenz wahrscheinlich redaktioneller Natur hinzu: Im Text fehlen die Überschrift und der Umbruch zu Kapitel 8 (nur die Anmerkungen können die Ungereimtheiten aufklären), so dass man von den Laienbruderschaften direkt und übergangslos zu ‚Nonnenklöster und Klosteralltag’ (S. 153ff.) gelangt. Kurz gesagt: Diesem Werk fehlt ein klar abgesteckter Rahmen und auch der rote Faden.

Blacks Arbeit scheint sich an Leser zu richten, die in der Materie fremd sind, weil es allgemein Bekanntes, wie die Organisation und Hierarchie der katholischen Kirche oder die erzieherische Funktion der bildenden Kunst in der Kirche besonders ausführlich beschreibt. Dabei weist es manchmal einen Zug ins Triviale auf: „Popes wore many hats or tiaras. They were the spiritual and pastoral head of the Catholic Church for all those recognising that apostolic succession from St Peter“ (S. 38); “Conclaves that elected the Pope could be very lenghty and fraught with tension.” (S. 40) Kryptisch und wenig befriedigend dagegen sind die Informationen über die Schaffung von Nuntiaturen. In seiner Definition dieser permanenten oder temporären Gesandten des Papstes bei den großen Mächtigen der Zeit bleibt Black zu allgemein: „Nunzios had to sort out major and minor jurisdictional conflicts with other states (and between competing church institutions locally). They could not quietly resolve all conflicts.“ (S. 48f.) Er geht hingegen nicht weiter darauf ein, seit wann und wo es diese fixen Nuntiaturen gab. Auch Personen und Persönlichkeiten, die maßgeblich im kirchlichen Umfeld dieser Zeit tätig waren, werden oft nur genannt, deren Funktion und biografischer Hintergrund aber als bekannt vorausgesetzt (z.B. Petrus Canisius, S. 58, oder Bernardo Ochino, S. 59).

Auch fragwürdige Verallgemeinerungen fehlen nicht in Blacks Arbeit. So in Kapitel 9 ‚Repression and Control’, wo das in Kapitel 3 zwar bereits behandelte, aber nicht zufriedenstellend erörterte Thema der Inquisition wieder aufgegriffen wird: “By contemporary standards Inquisition sentences were in reality mild. Death sentences were few [...] But the execution rate was low in comparison with capital sentences from secular courts across Europe.“ (S. 175f.) Als Beispiel dafür wird aber lediglich die zu einem Hausarrest gemilderte Strafe Galileis von 1633 genannt. Kann das ein Beispiel pro toto sein? Fraglich ist auch, wie die Überschrift des letzten Kapitels “Conclusions: Successes and Failures” zum Titel des Werkes „Church, Religion and Society in Early Modern Italy“ passt. Wenn der Autor schließlich selbst zugibt, dass man nicht von Erfolgen oder Misserfolgen der katholischen Kirche sprechen kann (S. 223f.), hat man den Eindruck, dass er eigentlich ausschließlich von „Gegenreformation bzw. von katholischer Reform“ und nicht von der Geschichte der Kirche im frühneuzeitlichen Italien spricht.

Will man die Geschichte der Kirche in Italien vor und nach dem Konzil von Trient beleuchten, und wenn man von Häresie, Reform, Reformation, Gegenreformation, etc. spricht, kommt man nicht umhin, die vorreformatorischen Strömungen zu betrachten. Dies fehlt in dem Werk ebenso wie einige notwendige Begriffsdefinitionen (was ist mit ‚Protestanten’ in Italien gemeint?), mit der Folge, dass Savonarola, Carnesecchi, Ochino etc. wiederholt genannt werden, ohne die Wurzeln der reformatorischen Strömungen in Italien zu behandeln. Erst am Ende des Werkes gibt der Autor zu, dass man in Italien (aber das würde für andere Länder ebenso gelten) nicht von der Kirche, sondern von „Kirchen“ sprechen muss, und erwähnt endlich den „dritten Weg“ Italiens (S. 225). Die Darstellung dieser „Kirchen“ fehlt aber im vorliegenden Band.2 Schade ist auch, dass Black sich nicht von den festgefahrenen Meinungen der älteren Forschung trennen kann und beispielsweise die französische Königstochter und spätere Herzogin von Ferrara, Renata d’Este, unkritisch und nicht die neuere und neueste Forschung berücksichtigend als „notable Calvinist“ (S. 4) abtut.

Black kommt in den einzelnen Kapiteln immer wieder auf die Bistümer, ihre Organisation und ihre Inhaber zu sprechen. Dabei findet sich folgende Ungereimtheit: „Bressanone, suffragan to Salzburg in the County of Tyrol is sometimes counted as ‚Italian’, though most bishops were German: Christopher Madruzzo, bishop of Trent also held Bressanone 1542-65.” (S. 63) Wenn man hier Black richtig versteht, so definiert er Brixen im südlichen Teil des Hl. Röm. Reiches ein “italienisches” Bistum, obwohl es meist von deutschen Bischöfen besetzt war und nennt als Beispiel dafür ausgerechnet den aus einer Trentiner/Tiroler Familie stammenden Christoph Madruzzo. In der Anmerkung 8 zum Appendix über die Bistümer Italiens findet man jedoch folgende Aussage: “Bressanone, in the Alto Adige/Tyrol area though suffragan under Salzburg, and part of the Holy Roman Empire, sometimes is counted as ‚italian’, because sometimes Italians held posts there; Christopher Madruzzo, Bishop of Trent 1539-67, also held Bressanone 1542-65” (S. 273). Abgesehen von der historisch unrichtigen Nennung von “Alto Adige/Tyrol” und der unterschiedlichen nationalen Verortung Madruzzos ist es unverständlich, warum Brixen als “italienisches” Bistum gelten sollte. Würde man die Bistümer nach der Nationalität ihrer Inhaber definieren, so würde sich wohl ein äußerst buntes Bild ergeben.3

Cui bono also? Dieses Werk eignet sich – nicht zuletzt aufgrund der mangelhaften Strukturierung – nicht als Überblickswerk oder Handbuch für Studierende, obwohl sie das Zielpublikum sein sollen (S. 275). Andererseits bringt die vorliegende Arbeit aber auch dem Fachpublikum keine neuen Forschungserkenntnisse. Im Gegenteil basieren die zahlreichen, oft nicht ganz eindeutig zitierten Beispiele meist auf bereits bekannter Sekundärliteratur, nur in seltenen Fällen auf eigenen Archivrecherchen. Die reiche Auswahlbibliografie mit italienischen und außeritalienischen Titeln hätte auf eine klarere und besser strukturierte Arbeit hoffen lassen.

Anmerkungen:
1 Vgl. hier v.a. den zeitlich entsprechenden Abschnitt von Jedin, Hubert, Katholische Reform und Gegenreformation, in: Iserloh, Erwin; Glazik, Josef; Jedin, Hubert, Reformation, Katholische Reform und Gegenreformation (Handbuch für Kirchengeschichte IV), Freiburg 1967, S. 449-684.
2 Doch bleibt Heer, Friedrich, Die dritte Kraft. Der europäische Humanismus zwischen den Fronten des konfessionellen Zeitalters, Frankfurt am Main 1960 unerwähnt.
3 Zur Debatte über die „Sprachgrenze“ diese Zeit im genannten Gebiet siehe zuletzt: Luzzi, Serena, Stranieri in città. Presenza tedesca e società urbana a Trento (XV-XVIII), Bologna 2003, S. 47-50.

Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Redaktionell betreut durch