S. Clucas u.a. (Hgg.): The Crisis of 1614 and the Addled Paliament

Titel
The Crisis of 1614 and the Addled Parliament. Literary and Historical Perspectives


Herausgeber
Clucas, Stephen; Davies, Rosalind
Erschienen
Aldershot 2003: Ashgate
Anzahl Seiten
213 S.
Preis
£47.50
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Roland Ludwig, Maintal

1641 war ein wichtiges Jahr im Konflikt zwischen dem englischen König Karl I. aus dem Hause Stuart und seinen Widersachern in der Gesellschaft und im Parlament.

1614 tagte für gerade zwei Monate ein Parlament, das von dem großen Historiker der „puritanischen“ Revolution in England Samuel R. Gardiner als wehrhaftes und proto-republikanisches Parlament interpretiert wurde. Es wird das „Addled Parliament“ genannt, was als konfus und/oder auch als untätig übersetzt werden kann. Zusammengetreten war es unter Jakob I., dem ersten König aus dem Hause Stuart und Vater Karls I., der ansonsten von 1611 bis 1620 ohne Parlament regierte. Jakob I. hatte finanzielle Zusagen vom Parlament erwartet; ihm wurden jedoch Steuerzahlungen verweigert und stattdessen Vorwürfe wegen der Korruption und Günstlingswirtschaft am Hof gemacht.

Ein junger Mann wurde 1614 erstmals für Yorkshire ins House of Commons, ins „Addled Parliament“, gewählt und gehörte in der Folgezeit zu den Opponenten der Krone: Thomas Wentworth, 1st Earl of Strafford (1593-1641). 1641 wurde er das erste bedeutende Opfer des Konfliktes zwischen Parlament und König, allerdings hatte er mittlerweile die Seite gewechselt und wurde als wichtigster Berater Karls I. wegen Hochverrats angeklagt und hingerichtet - nachdem ihn der König fallen gelassen hatte.

Die in den letzten dreißig Jahren aufgekommene revisionistische Interpretation des revolutionären 17. Jahrhunderts in England macht auch vor dem „Addled Parliament“ nicht halt. Keineswegs war, so Conrad Russell, das „Addled Parliament“ ein Glied in der Kette von Ereignissen zwischen 1603 und 1649 (vom Regierungsantritt des ersten Königs aus dem Hause Stuart bis zur Hinrichtung seines Sohnes), die in ihrer Gesamtheit als Verfassungskrise bezeichnet wird. Russell argumentiert in der Stenton Lecture von 1991 „The Addled Parliament of 1614. The Limits“ of Revision stattdessen, dass es sich nur um Missverständnisse der beiden Seiten über den tatsächlichen Finanzbedarf der Krone handelte.1 Demnach konnte Jakob I. das House of Commons nicht davon überzeugen, dass er mehr Geld benötigte. Von einem Aufeinanderprallen verschiedener Vorstellungen über die Verfassung des Landes könne keine Rede sein.

Russels Beitrag für das vorliegende Buch trägt den Titel „Bishop Berkeley at Westminster“, hat aber mit diesem nur wenig zu tun, sondern beschäftigt sich mit der Behandlung von Gesetzesentwürfen im House of Commons 1614. Sein Beitrag entstammt wie die restlichen Aufsätze der im Juli 1998 am Birkbeck College der University of London abgehaltenen Konferenz „1614: Year of Crisis“, die Literaturhistoriker und Verfassungs- und Politikhistoriker zusammenbrachte.

Die revisionistische These in der Historiografie der Stuartzeit, die Konfliktbereitschaft und politisch-ideelle Kontroverse grundsätzlich als Ergebnis und nicht als Ursache von Meinungsverschiedenheiten über die Besteuerung u.ä. annimmt, wird von den Autoren kaum bezweifelt.

Stattdessen geht es in den vorliegenden Aufsätzen um detaillierte Studien sehr spezifischer Momente und Entwicklungen rund um das Zusammentreten des Parlamentes im Jahr 1614. Die Essays beschreiben und interpretieren den Vorgang und das Umfeld der Verhandlungen zwischen König und Parlament.

John Cramsie konzentriert sich auf die Finanzpolitik als Konfliktstoff und weist auf das „Addled Parliament“ als Kristallisationspunkt einer notwendigen Reform der Finanzpolitik der Regierung als Bestandteil effektiver Parlamentspolitik hin. Rosalind Davies folgt ebenfalls den Spuren der Finanzpolitik der frühen Stuartzeit: dem so genannten „Cockayne Project“. Die Interessen des Textilhandels, der neue Absatzmärkte suchte, und die restriktive Politik des Königs stießen in dieser Frage aufeinander.

Andrew Thrush untersucht einen neben der Finanzfrage existierenden Grund für das Zusammentreten des „Addled Parliament“: die Verhandlungen in den Jahren 1613 und 1614 über eine eheliche Verbindung von Prinz Karl mit Christine, der Tochter Heinrichs IV. von Frankreich. Ein Teil des Privy Council versuchte, über das Zusammenkommen eines Parlaments eine katholische Verbindung zu verhindern.

Ein Aufsatz von Anna Beer beschäftigt sich mit Sir Walter Raleghs „Dialogue betweene a Counsellor of State and a Justice of the Peace, 1615“ offensichtlich als Antwort auf das Scheitern des Parlaments im Vorjahr geschrieben. Raleghs Dialogue ist ein Plädoyer für ein funktionierendes Parlament wie für das Recht auf freie Rede im Rahmen der politischen Aufgaben des Parlaments. Stephen Clucas beleuchtet Sir Robert Cottons „A Short View of the Life of Henry the Third“ als Kritik am Niedergang des Einflusses des Privy Council und am Aufstieg einzelner Berater des Königs.

Weitere Beiträge behandeln eben diese Entwicklung – das Hervortreten persönlicher Favoriten des Königs, die Günstlingswirtschaft und die Gefährdung regulierter Politikverfahren. Hierzu gehört die Befürchtung des Verlusts des Rechts auf freie Debatte, die in David Colcloughs Essay angesprochen wird.

Ein weiterer Komplex des Buches widmet sich der Bedeutung der gedruckten Medien, die Neuigkeiten verbreiteten und politische Meinungen formten, die speziell auch mithalfen, die Identität des Parlaments zu formen. So tauchten viele der vom Parlament behandelten Fragen – auch wenn es zu keiner Lösung kam – wieder in den Printmedien auf.

Es war nicht nur die Erinnerung der noch lebenden Beteiligten von 1614, die 1641 andere Resultate im Konflikt mit der Monarchie ermöglichte, sondern auch das gedruckte Wort bot ein Arsenal für den Konflikt.

Anmerkung:
1 Russell, Conrad, The Addled Parliament of 1614. The Limits of Revision, The Stenton Lecture 1991, Reading 1992. Eine Vorwegnahme späterer Auseinandersetzungen sieht Jansson, Maija, Proceedings in Parliament, 1614 (House of Commons), Philadelphia 1988, und stieht hinter der Debatte um Verfahrensfragen zentrale Verfassungsfragen verborgen.

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